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Mit Arbeitsmarkt- und Klimapolitik Weichen für die Zukunft stellen
Klimaschutz ist eine der wichtigsten Herausforderungen des 21. Jahrhundert. Der Ausstieg aus fossilen Energieträgern erfordert den Einsatz aller politischer Instrumente – Ordnungsrecht (Ge- und Verbote), steuerliche Maßnahmen, Investitionen, Planungsmaßnahmen und auch Bewusstseinsbildung. Die Bundesregierung setzt mit dem vorliegenden Budgetentwurf in allen Bereichen Akzente und dabei auch stärker als bislang auf soziale Abfederung. Wir sehen die weitere Anhebung der Fördervolumina positiv, es muss aber mehr auf Wirksamkeit und Effizienz bei deren Vergabe geachtet werden. Zudem fehlen Mittel für öffentliche Investitionen besonders für Städte und Gemeinden. Um ihr Potenzial für Klimaschutz und Wohlergehen zu heben (Ausbau des öffentlichen Verkehrs, von Rad- und Fußwegen, Parks oder Sanierung von Gebäuden), sollte der kommunale Investitionsfonds bis 2030 verlängert und mit jährlich 500 Mio Euro dotiert werden.
Auch für ein weiteres zentrales Thema – die Arbeitsmarktpolitik – stellt das Budget zusätzliche Mittel zur Verfügung: Nach der Corona-Joboffensive im letzten Jahr, setzt die Bundesregierung mit der Einrichtung neuer Arbeitsstiftungen neue Akzente. Damit werden zwar brennende Probleme des österreichischen Arbeitsmarkts angegangen, jedoch kommen die Maßnahmen spät und wie bereits in der Vergangenheit sind sie nicht nachhaltig geplant. Wir benötigen jetzt dauerhafte Strukturen, die den sozialen Herausforderungen etwa in der Hilfe für armutsgefährdete Langzeitarbeitslose gerecht zu werden. Die „Aktion Sprungbrett“ aus dem Frühjahr ist zu wenig. Notwendig wäre es, die bestehenden Instrumente um eine öffentlich finanzierte Jobgarantie und ein Qualifizierungsgeld zu erweitern.
Mittel für Armut, Bildung und Pflege fehlen
Die Senkung der Staatsausgabenquote auf einen 30-Jahres-Tiefstand bis 2025 zum Abbau der Staatsschuldenquote bei gleichzeitigen selektiven Steuergeschenken hat ihren gesellschaftlichen Preis. In vielen Bereichen fehlen Mittel, etwa um den sozialen und psychologischen Folgen der Covid-19-Krise nachhaltig zu begegnen. So hat die Krise die Probleme von Ungleichheit und Armut nochmals verschärft. Dennoch sind im Budget keine deutlichen Maßnahmen zur Armutsbekämpfung zu sehen. Das besonders drängende Problem der Kinderarmut findet keine ausreichende Berücksichtigung. Es werden weder Vorkehrungen zur Verbesserung der Sozialhilfe noch der Arbeitslosenversicherung getroffen, wie etwa die notwendige Erhöhung der Nettoersatzrate auf 70 %.
Um in der Elementarpädagogik endlich das Barcelona-Ziel einer Betreuungsquote von 33 % für unter 3-Jährige zu erfüllen und die Qualität zu verbessern, wäre eine Anhebung der Mittel um jährlich rund 1 Mrd Euro erforderlich. Im Schulbereich werden die Mittel für Schulsozialarbeit sowie den Ausbau der psychosozialen Unterstützung und Schulpsycholog:innen das Betreuungsverhältnis nicht ausreichend verbessern. Das 100 Schulen Projekt ist nicht nur unterbudgetiert, sondern gehört im Zuge der Herausforderungen durch die Corona-Pandemie dringend auf 500 Schulen ausgeweitet. Auch dem Bereich Lebenslanges Lernen fehlen Mittel, insbesondere für das Nachholen von Bildungsabschlüssen.
Im Bereich der Langzeitpflege sind neuerlich keine Mittel für die dringend notwendige Pflegereform vorgesehen. Positiv sind die Schaffung von Stellen für 150 Community Nurses und die Budgetierung von 50 Mio Euro pro Jahr für die finanzielle Unterstützung der Auszubildenden im Bereich der Pflege- und Sozialbetreuungsberufe. Doch die Mittel bleiben zu knapp, um die finanziellen Anreize für Auszubildende flächendeckend attraktiv zu gestalten. Zudem handelt es sich nur um einen Teil der Maßnahmen, die im Rahmen einer umfangreichen Ausbildungsoffensive erforderlich wären.
Spielräume der Budgetpolitik nutzen
Die österreichische Budgetpolitik verfügt zusammen mit der europäischen Geld- und Fiskalpolitik über wirkungsmächtige Instrumente zur Bewältigung der sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Krise. Der Spielraum zur Finanzierung der notwendigen Maßnahmen ist vor allem angesichts negativer Zinssätze für Staatsanleihen groß: betrugen die staatlichen Zinsausgaben vor zehn Jahren noch mehr als 9 Mrd Euro, werden sie 2022 nur noch 4 Mrd Euro ausmachen und danach weiter deutlich sinken. Heute zur Bewältigung der Pandemie und ihrer sozialen Folgen eingegangene Staatsschulden ziehen keine Belastungen in den Budgets der kommenden Jahre nach sich, bringen aber hohe gesellschaftliche Erträge. Dies gilt besonders wenn es gelingt, Armut und Arbeitslosigkeit zu verhindern, die Weichen in Richtung höheren gesamtwirtschaftlichen Wohlstands sowie zur Bewältigung von Klimakrise und Ungleichheit zu stellen.
Der finanzielle Spielraum für die Bewältigung muss jedoch auch über die aktuell günstige Lage hinaus abgesichert werden. Das gilt insbesondere für öffentliche Investitionen, die für eine nachhaltige Entwicklung von Wohlstand und Wohlergehen besonders relevant sind. Auf europäischer Ebene sollte der Prozess zur Reform der Fiskalregeln dazu genutzt werden, eine goldene Investitionsregel einzuführen, die prozyklische Verzerrung zu beseitigen und bisherige Flexibilisierungselemente großzügiger anzuwenden, damit der Schuldenabbau nicht zu Lasten anderer wichtiger wirtschaftspolitischer Ziele wie Vollbeschäftigung, gerechter Verteilung, die Gleichstellung von Frauen und Männern oder Klimaschutz geht.
Dieser Beitrag basiert auf unserer deutlich ausführlicheren AK-Budgetanalyse zum Entwurf des Bundesvoranschlags 2022.
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