Zwar ist die Pandemie noch nicht überwunden, dennoch erleben wir nach dem Aufheben zahlreicher Bekämpfungsmaßnahmen einen kräftigen Wirtschaftsaufschwung. Aber lässt sich daraus allein ableiten, dass sich auch Wohlstand und Wohlergehen in Österreich positiv entwickeln? Und von welchen Faktoren hängt das ab? Dem geht der mittlerweile vierte AK-Wohlstandsbericht nach.
Differenzierte Wohlstandsmessung
Mit dem AK-Wohlstandsbericht leisten wir seit 2018 einen regelmäßigen Beitrag zur Analyse der Entwicklung von Wohlstand und Wohlergehen in Österreich. Anhand des modifizierten „magischen Vielecks“ wohlstandsorientierter Wirtschaftspolitik mit fünf übergeordneten Zielen – „fair verteilter materieller Wohlstand“, „Vollbeschäftigung und gute Arbeit“, „hohe Lebensqualität“, „intakte Umwelt“ sowie „ökonomische Stabilität“ – analysieren wir den gesellschaftlichen Fortschritt. Jedem der fünf Ziele werden sechs Indikatoren zugeordnet, sodass insgesamt die (erwartete) Entwicklung von 30 Indikatoren im Zeitraum 2017 bis 2022 betrachtet wird. Aus der interessenpolitischen Bewertung dieser Trends leiten wir Empfehlungen für die nachhaltige Entwicklung von Wohlstand und Wohlergehen ab.
Als Kompass für die nachhaltige Entwicklung von Wohlstand und Wohlergehen dienen dabei nicht zuletzt die Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen. Denn gerade im Lichte der international akkordierten SDGs muss die Förderung von Wohlstand und Wohlergehen in Österreich wie auch in der EU auf der politischen Agenda ganz nach oben rücken. Mit dem European Green Deal und dem „EU Recovery Plan“ wurden auf EU-Ebene Schritte in die richtige Richtung gesetzt, und auch in Österreich sind Fortschritte in der Verankerung der SDGs zu verzeichnen. Diese müssen jedoch über Berichte und Debatten in Expert:innenkreisen hinausgehen und Niederschlag in kohärenten politischen Maßnahmen finden.
Fortschritte gegenüber dem Vorjahr, Vorkrisenniveau wird aber noch nicht erreicht
Die Veröffentlichung des vierten AK-Wohlstandsberichts fällt in die Phase eines starken wirtschaftlichen Aufschwungs nach Aufhebung vieler Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie. Dennoch ist der krisenbedingte Rückschritt von Wohlstand und Wohlergehen in zentralen Dimensionen auch im aktuellen Bericht noch deutlich zu sehen. Zwar fällt die Bewertung bereits etwas positiver aus als im vergangenen Jahr, das Vorkrisenniveau wird aber noch nicht wieder erreicht. Das verdeutlicht, wie wichtig es ist, auch auf Indikatoren abseits klassischer Wirtschaftsdaten wie das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zu schauen. Wichtige Aspekte für ein gutes Leben, wie Gesundheit, Bildung, Gleichstellung, gerechte Verteilung, Mitbestimmung oder ökologische Nachhaltigkeit, werden darin nämlich nicht direkt abgebildet. Und ein BIP-Wachstum bedeutet nicht automatisch, dass der Aufschwung bei allen ankommt.
Zehn der 30 Teilziele des Wohlstandsberichts werden in diesem Jahr positiv bewertet (im Vorjahr acht). Der kurzfristige Ausblick auf 2021/22 ist jedochnur bei fünf Teilzielen positiv. Im Gegensatz zum Vorjahr sehen wir zumindest bei zwei der fünf Ziele des „magischen Vielecks“ einen leichten Fortschritt: