Der Arbeitsmarkt ist (noch immer) im Corona-Krisenmodus

05. März 2021

Die Corona-Krise dauert weiter an, ein Lockdown folgt dem anderen, und der Arbeitsmarkt bleibt auch im Februar 2021 im Krisenmodus: Vor allem arbeitslose Frauen, junge Erwachsene und Langzeitarbeitslose haben es besonders schwer. Doch die Corona-bedingte Arbeitslosigkeit zieht sich quer durch die Gesellschaft. Es braucht rasch ein politisches Gegensteuern: mehr Geld für Ausbildungen, eine bessere Existenzsicherung während der Arbeitslosigkeit, mehr Personal im AMS und vor allem eine Jobgarantie für Langzeitarbeitslose.

Arbeitslosigkeit steigt weiter an und liegt um fast 30 Prozent über dem Vorjahresniveau

Die folgende Abbildung zeigt den Verlauf der Arbeitslosigkeit (arbeitslos registrierte Personen und SchulungsteilnehmerInnen des AMS) in den letzten 12 Monaten. Im Februar 2020, vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie in Österreich, lag die Arbeitslosigkeit bei knapp 400.000 Personen. Die Entwicklung zum Vorjahr war da noch positiv (-2,7 Prozent weniger Arbeitsuchende). Mit dem ersten Lockdown im März schlug die Krise auf dem Arbeitsmarkt ein. Innerhalb eines Monats kletterte die Arbeitslosigkeit auf über 560.000, gegenüber dem Vorjahr ein Plus von über 50 Prozent. Im Mai 2020 sank die Arbeitslosigkeit wieder, schaffte es im Jahresverlauf jedoch nicht mehr unter die Marke von 400.000. Seit Oktober 2020 steigen die Zahlen nun wieder an. Im Februar 2021 lag die Zahl der Arbeitsuchenden bei 508.923 Personen, das ist gegenüber dem Vorjahr eine Zunahme von 27,4 Prozent.

Dekoratives Bild © A&W Blog
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Dabei hat die Inanspruchnahme von Kurzarbeit viel schlimmere Folgen auf dem Arbeitsmarkt verhindert. Im Jahr 2020 waren in Summe rund 1,2 Mio. Menschen in Kurzarbeit. (001_spezialthema_0121 (1).pdf)

Tirol ist am stärksten vom Anstieg der Arbeitslosenquote betroffen

Durch die (temporären) Betriebsschließungen der Lockdowns sind besonders ArbeitnehmerInnen aus der Gastronomie und dem Tourismus von einer höheren Arbeitslosigkeit und geringeren Beschäftigung betroffen. Das zeigt sich auch in der regionalen Verteilung der Arbeitslosenquoten in Österreich im Jahr 2020 (+3,6 Prozent in Tirol im Vergleich zum Vorjahr). Aber auch Wien spürt die Auswirkungen der Krise (+3,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr): die fast zum Erliegen gekommene Reisetätigkeit genauso wie die Auswirkungen der Lockdowns im gesamten Dienstleistungsbereich. Neben dem Tourismus wurde auch die Verkehrsbranche (Einbruch des Flugverkehrs) und der Handel von den Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt besonders getroffen.

Dekoratives Bild © A&W Blog
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Frauen, junge Erwachsene und Langzeitarbeitslose spüren die Auswirkungen der Corona-Krise besonders

Wie auch bereits Vera Glassner und Simon Theurl in ihrem Blogbeitrag aus dem Oktober 2020 richtig analysieren, sind besonders Frauen durch die COVID-Krise (mehrfach) betroffen. Nicht nur durch eine stärker steigende Arbeitslosigkeit (die Arbeitslosigkeit von Frauen stieg im Februar 2021 um 40,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und um 24,6 Prozent bei den Männern), sondern auch noch durch eine steigende Arbeits- und Mehrfachbelastung von Frauen durch die Corona-Krise, denn die Hauptlast der zusätzlichen Betreuung von Kindern zu Hause („Homeschooling“) tragen mehrheitlich die Frauen in Österreich.

Auch Jugendliche und junge Erwachsene, die am Übergang von Ausbildung zur Arbeitswelt stehen, trifft die schwierige und von Unsicherheiten geprägte Situation auf dem Arbeitsmarkt. Johann Bacher und Dennis Tamesberger zeigen in ihrem Blogartikel auf, wie junge Menschen von der Corona-Krise auf dem Arbeitsmarkt betroffen sind, und skizzieren politische Lösungsvorschläge im Kampf gegen die steigende Jugendarbeitslosigkeit.

Die beiden Autoren haben sich ebenso dem Thema der Langzeitarbeitslosigkeit gewidmet. Ihr alarmierender Befund lautet: Wird hier nicht rasch gehandelt (Jobgarantie), so entsteht nicht nur viel persönliches Leid, sondern es resultieren auch volkswirtschaftlich hohe Kosten. Auch die ÖkonomInnen des Momentum-Instituts haben die Auswirkungen der Arbeitsmarktkrise auf die Langzeitarbeitslosigkeit untersucht, sie verorten besonders bei der Altersgruppe der 25- bis 44-Jährigen einen besonders hohen Anstieg im Jahr 2020 (+31 Prozent im Vergleich zum Vorjahr).

Angesichts dieser Probleme auf dem Arbeitsmarkt braucht es echte politische Lösungen und keine Diskussion über die Arbeitsmoral von arbeitslosen Personen.

Diese „Anreizdebatten“ werden ja aus neoliberalen und konservativen Kreisen immer wieder losgebrochen. So hat der Sozialsprecher der NEOS Gerald Loacker erst Mitte Februar gemeint, dass ihm die fehlende Überprüfung, ob sich jemand ernstlich um Stellen beworben hat, Sorge bereite. Dazu würde die Notstandshilfe in Höhe des Arbeitslosengeldes sowie die Berücksichtigung einer Verlängerung der Einstellzusagen über viele Monate hinweg keine Anreize bieten, eine Beschäftigung aufzunehmen. Solche Aussagen nähren wieder einmal die Mär der „faulen Arbeitslosen“. Angesichts des eklatanten Auseinanderdriftens der Zahl der verfügbaren offenen Stellen in Höhe von 58.347 und der 468.330 arbeitslosen Personen (Werte Jänner 2021) ein blanker Hohn für die Betroffenen!

Was stattdessen jetzt politisch getan werden muss …

Markus Marterbauer hat in seinem Blogbeitrag Ende des Jahres 2020 einen Ausblick auf die wirtschaftliche Lage 2021 gegeben und skizziert darin die wichtigsten wirtschaftspolitischen Herausforderungen: Massenarbeitslosigkeit, die Klimakrise und eine zunehmende Ungleichheit und Armut in Österreich. Neben den untenstehenden arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen braucht es eine Klimaoffensive in Österreich (v. a. öffentliche Investitionen in den öffentlichen Verkehr, die Elektromobilität, neue Energiesysteme, thermische Sanierung etc.) und einen ernst gemeinten Kampf gegen die zunehmende Ungleichheit, wie beispielsweise durch die Einführung von progressiven Vermögens- und Erbschaftsteuern. Mehr dazu im Blogbeitrag: Wirtschaftspolitische Herausforderungen 2021

Und was braucht es spezifisch im Bereich der Arbeitsmarktpolitik? Wie Gernot Mitter bereits im September 2020 analysierte, braucht es eine arbeitsmarktpolitische Offensive mit diesen Eckpunkten: Qualifizierung, öffentliche Beschäftigung, bessere Einkommenssicherung und ein gut ausgestattetes Arbeitsmarktservice. Die derzeitige „Strategie“ der Bundesregierung – Warten auf den Aufschwung und bis dahin Qualifizierung forcieren – reicht hier leider bei Weitem nicht aus. Was braucht es im Detail:

  • Jobgarantie für alle, die länger arbeitslos sind: Die Finanzierung von Jobs ist besser als eine Finanzierung von Arbeitslosigkeit. Mit einer Jobgarantie könnten regional sinnvolle Jobs geschaffen werden, die sowohl einen Mehrwert für die Beschäftigten als auch die Gesellschaft bieten. Es braucht daher rasch eine Jobgarantie für langzeitarbeitslose Personen. Mehr dazu im Blogbeitrag: Jobgarantie für COVID-Arbeitslose
  • Recht auf Ausbildung: Die Situation von jungen Erwachsenen auf dem Arbeitsmarkt ist besonders schwierig. Und gerade junge Menschen brauchen eine für sie so wichtige Perspektive auf dem Arbeitsmarkt, die sie in der derzeitigen Situation oft nicht bekommen. Es muss für sie daher ein Recht auf Ausbildung geben, und die Existenzsicherung bei Ausbildung muss so erhöht werden, dass die jungen Menschen diese auch finanziell durchhalten können. Mehr dazu im Blogbeitrag: Corona-Krise erhöht die Jugendarbeitslosigkeit deutlich
  • Echte Qualifizierungsoffensive, die über die derzeitigen Corona-Maßnahmen hinausgeht: Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, um Menschen, die in Bereichen des Arbeitsmarktes tätig waren, welche von instabiler und gering entlohnter Beschäftigung gekennzeichnet sind, in Richtung Zukunftsberufe zu qualifizieren: Pflege und Betreuung, technische Berufe und Ausbildungen im Bereich von klimafreundlichen Technologien. Wichtig ist hier, dass sowohl die Ausbildungen bedarfsgerecht zur Verfügung gestellt werden als auch dass die Menschen eine ausreichend hohe Existenzsicherung bekommen (insbesondere bei längeren Ausbildungen). Wichtig ist die Entwicklung einer Gesamtstrategie im Bereich der Qualifizierungen; sprich: welche Ausbildungen mittelfristig (also nicht nur bis nächstes Jahr) in welchem Ausmaß gefördert werden sollen. Es braucht eine budgetäre Absicherung dieser Ausbildungen bis zumindest 2024.
  • Bessere Existenzsicherung der arbeitslosen Menschen: Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf zumindest 70 Prozent Nettoersatzrate. Das hilft den Menschen, und das Einkommen fließt zu einem großen Teil sofort wieder in den Konsum, also hilft es auch der Wirtschaft in dieser schwierigen Situation. Mehr dazu im Blogbeitrag: Corona-Krise erfordert Erhöhung des Arbeitslosengeldes
  • Arbeitszeitverkürzung forcieren: Die wichtigste Maßnahme zur Sicherung von Beschäftigung und zur Eindämmung des Arbeitslosigkeitsanstiegs seit dem Corona-Lockdown war die Kurzarbeit. Diese Erfahrungen können genutzt werden für ein staatlich gefördertes Arbeitszeitverkürzungsmodell, das dazu beiträgt, die Rekordarbeitslosigkeit in Österreich zu senken, die Produktivität zu steigern und für mehr Freizeit zu nutzen. Erste Berechnungen zeigen, dass die öffentlichen Kosten im Vergleich zur Alternative Arbeitslosigkeit leistbar sind. Mehr dazu im Blogbeitrag.
  • Mehr Personal im AMS: Die Arbeitslosigkeit im Jahr 2020 ist stark gestiegen, die Personalausstattung des AMS jedoch nicht. Es braucht jetzt dringend eine rasche Entscheidung für eine bessere Personalausstattung, denn es dauert einige Monate, bis neue MitarbeiterInnen auch tatsächlich als BeraterInnen für Arbeitsuchende oder Unternehmen eingesetzt werden können. Nicht zu vergessen ist, dass ohne ausreichendes Personal die von der Politik so dringenden Maßnahmen nicht entsprechend gut umgesetzt werden können. Sparen beim AMS-Personal ist wirklich ein Sparen am falschen Ort!

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