Die durch die COVID-19-Pandemie ausgelöste wirtschaftliche Krise schärft den Blick für bereits vorher existente soziale Ungleichheiten. Weniger Fokus liegt hingegen auf den Ungleichheiten aufgrund des gesellschaftlichen Geschlechterverhältnisses. Dabei war dieser Zusammenhang selten so offensichtlich, denn Frauen sind besonders von der Krise betroffen – und das in mehrfacher Hinsicht.
Die Krise trifft Frauen am Arbeitsmarkt mehrfach:
- Der stark weiblich geprägte Dienstleistungsbereich (z. B. persönliche Dienstleistungen, Tourismus) war besonders vom Lockdown betroffen. Seit April kommt es zu einer Trendwende: Erstmalig ist die Arbeitslosenquote der Frauen höher als die der Männer.
- Gleichzeitig halten Frauen durch ihre unbezahlte und bezahlte Arbeit die Gesellschaft am Laufen. Viele Berufe, die derzeit als systemrelevant gelten – wie etwa im Lebensmittelhandel, im Gesundheits- und Pflegebereich, im Reinigungsbereich und im Sozialbereich – sind konstant unterbezahlt und weisen einen hohen Frauenanteil, insbesondere von Frauen mit Migrationsgeschichte, auf. Während andere Wirtschaftsbereiche stark von Arbeitslosigkeit betroffen waren, sahen sich die Beschäftigten in diesen Berufen mit einer sehr hohen Arbeitsbelastung konfrontiert.
- Die Unvereinbarkeit von Familie und Beruf und zusätzliches Homeschooling stellten für viele erwerbstätige Eltern – insbesondere für erwerbstätige Mütter – einen enormen Drahtseilakt dar. Speziell Alleinerziehende wurden hier im Stich gelassen.
Der feine (Geschlechter-)Unterschied
Anders als bei der Finanzkrise 2008/09, in der hauptsächlich der männlich dominierte Produktionssektor von Erwerbsarbeitslosigkeit betroffen war, sind jetzt vor allem Teile des besonders stark weiblich geprägten Dienstleistungssektors (Tourismus, Handel – ausgenommen Lebensmittel, private Dienstleistungen usw.) von der Krise betroffen. Das zeigt eine Spezialauswertung der AMS-Arbeitsmarktdaten. Zu Beginn der COVID-19-Krise im März ist die Arbeitslosigkeit von gestern auf heute explosionsartig angestiegen (+65,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat). In den westlichen Bundesländern gab es im März einen besonders hohen Anstieg der Arbeitslosigkeit. Auffallend ist dabei, dass die Erwerbsarbeitslosigkeit bei Frauen dort noch stärker (Tirol: +216 Prozent, Salzburg: +149 Prozent im Vergleich zum Vorjahr) als bei Männern (Tirol: +185 Prozent, Salzburg: +131 Prozent im Vergleich zum Vorjahr) anstieg.