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Die Kosten der Krise dürfen keinesfalls auf die abgewälzt werden, deren Arbeit sich als so wertvoll erwiesen hat. Konzerne, Millionär*innen und Milliardär*innen müssen endlich einen fairen Beitrag zur Gemeinschaft leisten! Nur dann sind auch angemessene Gehälter im öffentlichen Bereich, also etwa bei Gesundheit, Bildung, Kinderbetreuung, öffentlichem Verkehr oder Müllentsorgung, möglich.
Die Beschäftigten haben sich fraglos zumindest 1.700 Euro Mindestlohn verdient, wie die Gewerkschaft fordert. Ein Mehrarbeitszuschlag von 50 Prozent ab der ersten Stunde würde vielen dieser in Teilzeit Beschäftigten zu einem höheren Einkommen verhelfen. Und mit der vollen Lohntransparenz im Betrieb könnte Lohndiskriminierung endlich beseitigt werden.
Arbeiten bis zum Umfallen?
Regale einschlichten bis in die späten Nachtstunden, mehrere 12- und noch mehr Stunden-Tage hintereinander in Krankenhäusern, Rund-um-die-Uhr-Betrieb bei Lieferdiensten – die Krise hat für die Menschen in den unverzichtbaren Berufen das Gegenteil von Entschleunigung gebracht.
Doch fordernde Arbeitszeiten sind für viele auch abseits der Krise Alltag. Für die meisten Handelsangestellten gehört der Samstag zur Arbeitswoche. Pflegebedienstete, Ärzte und Ärztinnen und Beschäftigte der öffentlichen Sicherheit müssen mehrheitlich auch sonntags oder nachts ihren Dienst verrichten. Acht von zehn Beschäftigten in der öffentlichen Sicherheit und in Lieferdiensten müssen zumindest gelegentlich Überstunden machen, sieben von zehn in Gesundheit und Pflege und fast ebenso viele Handelsangestellte.
Zahlreiche Studien wie die der MedUni Wien zeigen, dass diese überlangen Arbeitszeiten und die fehlende Erholung zu einer hohen gesundheitlichen Gefährdung führen. Mit der 60-Stunden-Woche gab es zudem arbeitsrechtlich einen riesigen Rückschritt. Kein Wunder also, dass sich nur sechs von zehn Arbeitnehmer*innen vorstellen können, im aktuellen Beruf bis zum Pensionsalter durchzuhalten.
Planbare Arbeitszeiten und eine gesunde Vollzeit
Dabei spricht alles für kürzere Arbeitszeiten. Denn während die einen bis zum Umfallen arbeiten, verzeichnen wir die höchste Arbeitslosigkeit der Zweiten Republik. Eine spürbare Arbeitszeitverkürzung wäre eine wirksame Maßnahme zur besseren Verteilung der Arbeitszeit und Bekämpfung von Arbeitslosigkeit.
Die Krise hat außerdem gezeigt, dass Arbeitszeitreserven als Kapazitätspuffer gerade in den systemrelevanten Bereichen notwendig sind, um Ausnahmesituationen abzufedern. Denn was nützt das x-te Intensivbett, wenn es kein Personal gibt, um die kranken Menschen dort zu betreuen? Apropos Gesundheit: Kürzere Arbeitszeiten machen gesünder, reduzieren so Kosten im Gesundheitssystem und ermöglichen den Menschen, bis zum Pensionsalter erwerbstätig zu sein.
Dass weniger Arbeitsstunden auch höhere Produktivität, weniger Fehleranfälligkeit und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf bedeuten, sei auch noch erwähnt.
Es ist daher dringend angezeigt, die Erfahrungen mit der Kurzarbeit für die Verkürzung der Arbeitszeit zu nützen, mit dem Ziel einer neuen, gesunden Vollzeit mit maximal 35 Stunden. Doch nicht nur die Menge der Arbeitszeit, auch die konkreten Dienstpläne müssen besser geregelt werden; vor allem: Sie müssen halten und dürfen nicht ständig geändert werden. Dafür braucht es auch ausreichend Personal. Geteilte Dienste, wie sie in der Pflege und der Reinigung üblich sind, sind belastend und müssen so weit wie möglich eliminiert werden.
Faire Arbeitsbedingungen
Ihre Arbeit ist für uns alle wichtig, aber ihre Arbeitsbedingungen sind oft keineswegs sicher: Viele Leistungsträger*innen haben atypische Beschäftigungsverhältnisse. Am stärksten betroffen von potenziell prekären Arbeitsverträgen sind Reinigungskräfte mit 14 Prozent, nämlich geringfügiger Beschäftigung und 8 Prozent Leiharbeit. Auch Beschäftigte in der Altenpflege und Behindertenbetreuung sowie im Einzelhandel sind häufiger geringfügig, befristet oder als Leiharbeiter*in beschäftigt. Bei Erntehelfer*innen werden die ohnehin schon schlechten Arbeitsbedingungen oft gar nicht eingehalten.
Die geringfügig Beschäftigten – zwei Drittel davon sind Frauen – haben in der Krise oft als Erste ihren Job verloren, allein zwischen Februar und April waren es 22 Prozent. Sie erhalten jedoch keine Unterstützung aus dem Familienhärtefonds. Das muss dringend geändert werden.
Auch Leiharbeiter*innen sind vom Jobabbau am schnellsten betroffen und streben daher meist eine Übernahme in die Stammbelegschaft an, worauf sie jedoch oft jahrelang warten müssen. Hier braucht es eine Festlegung, dass sie verbindlich ein Angebot zur Übernahme nach einer bestimmten Beschäftigungsdauer bekommen. Zudem sind in atypischen Arbeitsverhältnissen die Chancen auf berufliche Weiterbildung und Aufstiegsmöglichkeiten deutlich schlechter. Ein Recht auf eine Woche bezahlte Weiterbildung im Jahr würde hier für deutliche Verbesserung sorgen.
Migrant*innen = Leistungsträger*innen
Die 24-Stunden-Betreuer*innen wurden sogar extra eingeflogen, so dringend wurden sie gebraucht. Dabei handelt es sich fast ausschließlich um Frauen, und kaum eine Betreuerin kommt aus Österreich. Auch viele andere systemrelevante Bereiche sind auf den Einsatz von Frauen und Männern angewiesen, die nicht aus Österreich stammen: Es sind 56 Prozent aller Reinigungskräfte und 22 Prozent aller Kassakräfte und Regalbetreuer*innen, aber auch viele Beschäftigte im Bau, im Transportwesen und in der Landwirtschaft. Ohne Migrant*innen würde Österreich stillstehen.
Diese Leistungsträger*innen dürfen zwar ihre Arbeitskraft hierzulande zur Verfügung stellen, wesentliche Rechte werden ihnen aber vorenthalten, und der Weg zur Staatsbürgerschaft wird unnötig schwer gemacht. Das muss geändert werden: Es muss nach sechs Jahren den Zugang zur Staatsbürgerschaft geben und eine automatische Staatsbürgerschaft für in Österreich geborene Kinder. Auch die Kosten dürfen keine Hürde darstellen.
Die Indexierung der Familienbeihilfe ist klar europarechtswidrig, auch beim Kinderbetreuungsgeld treffen Migrant*innen auf viele Hürden. Wer hier arbeitet und Steuern zahlt, muss aber das Recht auf die gleichen Familienleistungen haben wie alle Beschäftigten.
Was sonst noch wichtig ist
Es gäbe eine Menge spezifischer Forderungen, die man zusätzlich zu den bereits genannten an dieser Stelle anführen könnte. Um den Rahmen nicht zu sprengen, seien hier nur noch drei zentrale angeführt:
- Ausreichend Personal: Nur wenn die Arbeit auf genug Menschen verteilt wird, wird verhindert, dass Arbeitsdruck oder Arbeitsstunden ausufern und Dienstpläne ständig über den Haufen geworfen werden. Noch wichtiger: Nur so können die Beschäftigten ihre Arbeit auf Dauer bedachtsam, konzentriert und weitgehend fehlerfrei machen. Das gilt übrigens auch für Mitarbeiter*innen des AMS.
- Flächendeckende Kollektivverträge für alle Branchen: Wie das Beispiel Ryanair bzw. LaudaMotion zeigt, ist der Ausbeutung Tür und Tor geöffnet, wenn Einzelbetriebe, die das Dumping von Löhnen sowie Umwelt- und Sozialstandards zum Geschäftsmodell gemacht haben, Kollektivverträge verhandeln können.
- Die besten Rechte helfen nichts, wenn sie nicht eingehalten werden: Arbeitsinspektion, auch die Landwirtschaftsinspektion und die Finanzpolizei müssen genug Personal bekommen, um die Einhaltung der Lohn- und Arbeitsbedingungen kontrollieren zu können. Und der Verein UNDOK als Stelle für den Kampf gegen Menschenhandel und undokumentierte Arbeit braucht finanzielle Absicherung. Das ist auch eine europarechtliche Verpflichtung.
Das sind viele Herausforderungen, denen sich nicht nur die Gewerkschaften und Arbeiterkammern, sondern die Gesellschaft als Ganzes stellen muss. Denn Applaus von den Balkonen ist schön, aber Klatschen reicht nicht. Die wahren Leistungsträger*innen verdienen endlich Gerechtigkeit.
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