Die Corona-Krise hat gezeigt, dass Österreichs Gesundheitssystem eine schwierige Bewährungsprobe – bislang – bemerkenswert gut bestanden hat. Die in zahlreichen gesundheitsökonomischen Studien heftig kritisierte „Spitalslastigkeit“ des österreichischen Gesundheitssystems hat sich dabei tendenziell als Vorteil in Form eines breiter gespannten Sicherheitsnetzes erwiesen.
Weniger Spitalsbetten als Königsweg für effizientes Gesundheitssystem?
Im Lichte der Erfahrung, dass auch dieses Sicherheitsnetz letztlich nur dank der Inkaufnahme hoher „Kollateralschäden“ wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und gesundheitlicher Art (aufgeschobene medizinische Behandlungen etc.) gehalten hat, mutet es seltsam an, wenn manche Gesundheitsökonominnen und -ökonomen – wie sich aus einem „Standard“-Artikel erschließt – unbeirrt an ihren alten Empfehlungen festhalten, die Spitalsbettenzahl (noch) weiter zu reduzieren.
Die Hartnäckigkeit, mit der diese Forderung erhoben wird, erstaunt umso mehr, als sie sich durch Fakten nicht belegen lässt: Das Hauptargument in der Kritik an der „Spitalslastigkeit“ des österreichischen Systems war ja stets, dass Österreich bei der Zahl der Spitalsbetten pro tausend Einwohnern innerhalb der EU nach Deutschland an zweiter Stelle rangiert – und auch innerhalb der OECD über dem Durchschnitt liegt. Es wird argumentiert, dass aus dem Eigeninteresse der verschiedenen Akteure heraus ein zu hohes Angebot an Spitalsbetten über verschiedene Anreize auch zu einer „überhöhten“ Inanspruchnahme dieser teuersten aller Gesundheitsdienstleistungen führt. Auch wenn dieses Argument theoretisch durchaus plausibel ist, kann man es sich nicht ersparen, einen Blick auf die Empirie zu werfen. Denn wie Jerzy Lec einmal treffend bemerkt hat: „Die Wirklichkeit ist der Feind der Wahrheit.“
Wäre die Kritik an der Spitalslastigkeit stichhaltig, sollten eigentlich Länder mit weniger Spitalsbetten auch niedrigere Gesamtausgaben für Gesundheit in Prozent des BIP haben. Wie man sieht, zeigt sich jedoch überhaupt kein systematischer Zusammenhang zwischen der Zahl der Spitalsbetten pro 1.000 Einwohner und den Kosten des Gesundheitssystems für den Steuerzahler bzw. die Steuerzahlerin. Auch wenn man sich – sinnvollerweise – darauf beschränkt, Österreich (AT) nur mit den kleineren europäischen Wohlfahrtsstaaten zu vergleichen, zeigt sich kein Zusammenhang. Daraus kann man eigentlich nur einen Schluss ziehen: Die Systemperformance im Gesamtzusammenhang zählt, und ein Tunnelblick auf einzelne Parameter verstellt den Blick auf das Ganze!
Die in den Medien und in der Öffentlichkeit verbreitete Meinung, „hätte Österreich dem Vorbild anderer Länder folgend weniger Spitalsbetten, hätten wir auch deutlich geringere staatliche Kosten des Gesundheitswesens“, lässt sich anhand der OECD-Daten jedenfalls nicht nachvollziehen.