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Österreichs Bundesregierung ließ bei den Verhandlungen jedoch nicht sehr viel Interesse an diesen Zukunftsprojekten erkennen: Beim wichtigen Konjunkturprogramm „Wiederaufbau- und Resilienzfazilität“ hat Österreich auf den von der Kommission vorgeschlagenen wesentlich höheren Förderbetrag von 4,79 Mrd. Euro verzichtet und begnügt sich mit rund 3 Mrd. Euro. Somit 1,8 Mrd. Euro weniger als vorgesehen. Zum Vergleich: Deutschland holte beispielsweise um 1 Mrd. Euro mehr heraus als von der Kommission vorgesehen.
Bei den Mitteln für die Kohäsionspolitik (zu Preisen von 2018) wird Österreich für den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF) 349 Mio. Euro, den Regionalpolitik-Fonds EFRE 477 Mio. Euro und die Europäische Territoriale Zusammenarbeit 192 Mio. Euro erhalten. In Summe erhält Österreich damit 1,018 Mrd. Euro aus dem Titel Kohäsionspolitik 2021–2027. Für die nun auslaufende Periode erhält Österreich jedoch 442 Mio. Euro aus dem ESF, 536 Mio. Euro aus dem EFRE und 257 Mio. Euro aus dem ETZ, das sind in Summe rund 1,235 Mrd. Euro. Dabei handelt es sich allerdings um Preise von 2014: Nachdem diese Zahlen jedes Jahr an die Steigerung des Bruttonationaleinkommens angepasst werden, erhöht sich dieser Betrag zu aktuellen Preisen ganz erheblich. Die nun vereinbarten neuen Summen für 2021 bis 2027 sind im Vergleich dazu ein ganz erheblicher Abschlag zu den bisherigen Förderungen.
Fokus auf Agrarsubventionen
Ganz anders sieht es in der EU-Agrarpolitik aus: Hier soll Österreich 4,743 Mrd. Euro an Subventionen für Agrarbetriebe (Direktzahlungen) erhalten. Aus dem Programm für die ländliche Entwicklung kommen weitere 3,755 Mrd. Euro. Damit erhält der Primärsektor für 2021–2027 sogar noch um 35 Mio. Euro mehr als in der laufenden Periode 2014–2020. Selbst bei Kürzungen im EU-Landwirtschaftsbudget hätten die Agrarkonzerne keine Kürzungen befürchten brauchen: Dagegen hat sich die türkis-grüne Bundesregierung bereits im Regierungsprogramm abgesichert und festgehalten, dass allfällige Kürzungen bei den Agrarsubventionen über Zahlungen aus dem nationalen Budget ausgeglichen werden sollen.
In der gegenwärtigen Situation ist es völlig unverständlich, dass die Subventionen im Agrarsektor in Österreich auch noch ausgebaut werden, obwohl nun dringend andere Prioritäten gesetzt werden müssten: Bekämpfung der Rezession durch Hilfen für Arbeitssuchende und insbesondere Klein- und Mittelbetriebe; rasche Maßnahmen gegen die Klimakatastrophe, Anpassung der Wirtschaftsstruktur an den digitalen Wandel. Die Realeinkommen in der Landwirtschaft sind zwischen 2010 und 2017 nach einer Untersuchung des Europäischen Rechnungshofs um 19,8 Prozent gestiegen, die Notwendigkeit derart hoher Zuwendungen ist daher nicht gegeben.
Ein fetter EU-Rabatt, der sich als ziemlich mager herausstellt
Bei der Einigung über den nächsten siebenjährigen EU-Finanzrahmen ließ sich die Bundesregierung feiern: Der Rabatt, den Österreich auf die Mitgliedsbeiträge erhält, konnte in den Verhandlungen mehr als verdreifacht werden – und zwar von 130 Mio. auf 565 Mio. Euro. Auf den ersten Blick beeindruckend, bei einem weiteren Blick folgt jedoch die Ernüchterung. Denn Österreich muss – bereits unter Berücksichtigung des Rabatts – einen um mehr als 26 Prozent höheren Beitrag abführen. Statt 3,0 Mrd. Euro ab 2021 3,8 Mrd. Euro.
Wie schwach das Verhandlungsergebnis zum EU-Rabatt ausgefallen ist, zeigt sich aber auch bei einem Vergleich mit anderen EU-Staaten mit ähnlicher Wirtschaftskraft wie Österreich: Schweden holte mit einem Betrag von mehr als 1 Mrd. Euro einen fast doppelt so hohen Korrekturbetrag heraus, die Niederlande mit fast 2 Mrd. Euro beinahe einen viermal so hohen Betrag.
Mittel so rasch wie möglich abrufen, Rezessionsschäden für Beschäftigte und Unternehmen minimieren
Viele der Forderungen der ArbeitnehmerInnenvertretungen fanden im Kommissionsvorschlag zum EU-Budget 2021–2027 und im Konjunkturpaket Berücksichtigung. Mit einigen Abstrichen wurde davon auch eine Reihe vom Europäischen Rat übernommen.
In Österreich ticken die Uhren jedoch anders: Die Priorität liegt nach wir vor bei den Agrarsubventionen statt in der dringend notwendigen Arbeitsmarktoffensive und Investitionen in die Zukunft. Nicht nur das: Die Regierung lässt sich offensichtlich auch Zeit bei der Planung, wie die EU-Gelder in Österreich konkret eingesetzt werden sollen. Während Länder wie beispielsweise Spanien, Frankreich oder Italien ihre Pläne zur Verwendung der Mittel dem Vernehmen nach bereits bei der Europäischen Kommission abgegeben haben, laufen in Österreich die Vorbereitungen dazu erst langsam an. Zwar können die EU-Mitgliedsländer ihre Pläne bis 30. April 2021 abgeben, die Kommission selbst fordert die Mitgliedsstaaten jedoch dringend auf, ihre Unterlagen zügig auszuarbeiten, damit die Gelder rasch fließen können.
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