Die Corona-Krise hat erneut die große Bedeutung der Kinderbetreuung und Elementarbildung für Gesellschaft und Wirtschaft gezeigt, aber auch, wo Probleme und Handlungsbedarfe bestehen. Darauf haben auch die Sozialpartner und Industriellenvereinigung (IV) kürzlich in einem gemeinsamen Forderungspapier hingewiesen. Darin werden konkrete Ansätze für eine breit ausgebaute und qualitativ hochwertige Kinderbetreuung und Elementarbildung angeführt, um mittelfristig einen Rechtsanspruch auf einen Kinderbildungsplatz zu garantieren.
Mit dem aktuellen Entwurf zum Bundesbudget hätten dafür erste Weichenstellungen vorgenommen werden können. Bedauerlicherweise wurden aber nicht einmal für die Vorhaben aus dem Regierungsprogramm finanzielle Vorkehrungen getroffen. Damit bleibt auch das Ziel, die Investitionen in Österreich auf den EU-Durchschnitt von 1 Prozent der Wirtschaftsleistung anzuheben, in weiter Ferne.
Kinderbildung als Beschäftigungs- und Konjunkturmotor in der Krise
Egal, ob Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Gleichstellung von Frauen und Männern oder faire Chancen für jedes Kind – bei all diesen wichtigen Zielen spielen Kindergärten eine zentrale Rolle. Darüber hinaus haben Investitionen öffentlicher Mittel in den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen einen hohen Beschäftigungseffekt und tragen gleichzeitig zu besseren Erwerbschancen von Frauen und Bildungskarrieren von Kindern bei.
Zudem stärken sie den ländlichen Raum, denn neben der Verfügbarkeit von attraktiven Arbeitsplätzen, insbesondere für gut gebildete Frauen, ist die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein wichtiger Faktor, um Abwanderung entgegenzuwirken. Auch die lokale Nachfrage wird durch den Ausbau von Kinderbetreuung erhöht. Investitionen in Elementarbildung und Kinderbetreuung sind damit ein echter Beschäftigungs- und Konjunkturmotor, was vor dem Hintergrund der Rekordarbeitslosigkeit zusätzliche Bedeutung erhält.
Es gäbe also viele gute Gründe, in die Kinderbetreuung und Elementarbildung zu investieren. Leider wurde im vorliegenden Budget verabsäumt, diesen Zukunftsbereich zu berücksichtigen.
Aufstockung wurde versprochen – und fehlt im Budget
Seit 2008 leistet der Bund im Rahmen einer sogenannten 15a-Vereinbarung Zuschüsse zum Ausbau und zur Sprachförderung in der Kinderbildung an die Länder. Die Mittel dafür waren in der Vergangenheit über verschiedene Budgetansätze verstreut, wurden aber 2020 in der Untergliederung 30 Bildung zusammengefasst, was ein richtiger Schritt in Richtung Verankerung einer Bundeskompetenz im Bildungsressort ist.
Im Detailbudget „Steuerung Elementarpädagogik“ sind die Bundeszuschüsse zur Kinderbetreuung, die im Rahmen der laufenden 15a-Vereinbarung an die Länder geleistet werden, budgetär verankert. Die aktuelle Vereinbarung sieht Bundesmittel in Höhe von jeweils 142,5 Mio. Euro in den Kindergartenjahren 2019/20 bis 2021/22 vor. Die im Regierungsprogramm angekündigte „wesentliche“ Erhöhung des Zweckzuschusses findet sich bedauerlicherweise im Budgetentwurf 2021 nicht wieder.
Damit gibt es keinerlei finanzielle Vorkehrung, um die von der Regierung gesetzten Ziele des qualitativen und quantitativen Ausbaus der Kinderbetreuung mit 10.000 neuen Plätzen jährlich und der Umsetzung des zweiten verpflichtenden Kindergartenjahrs tatsächlich zu erreichen. Das ist nicht nur im Hinblick auf die Bildungschancen der Kinder und die Erwerbschancen der Eltern problematisch, sondern vor dem Hintergrund der hohen Arbeitslosigkeit auch eine versäumte Chance, besonders beschäftigungswirksam zu investieren.
Kein Geld für die angekündigte Ausbildungsoffensive
Das Kernelement guter Kinderbildung sind pädagogisch gut ausgebildete Fachkräfte. Hier gab es bereits in den letzten Jahren einen Mangel: zum einen, weil die Zahl der Ausbildungsplätze nicht mit dem Ausbau der Kinderbildungseinrichtungen Schritt gehalten hat; zum anderen, weil sich viele Absolvent*innen der Bundesanstalten für Elementarpädagogik (BAFEP) für ein Studium oder andere Fortbildungen entscheiden und damit nie im Beruf tätig werden.
Das aktuelle Regierungsprogramm verspricht eine Ausbildungsoffensive, um diese Lücke zu schließen. Die Mittel für die BAFEPs werden im Bildungsbudget (Detailbudget 30.06.02) dotiert. Bei diesem Posten gibt es zwar gegenüber 2019 eine leichte Erhöhung um 3,7 Mio. Euro auf insgesamt 77,5 Mio. Diese lässt sich jedoch auf Bezugserhöhungen und Sachaufwand (Masken und Desinfektionsmittel) zurückführen. Die finanzielle Vorkehrung für die versprochene Ausbildungsoffensive fehlt jedoch.
Laut Regierungsprogramm sollen neben der Ausbildung im Rahmen der BAFEPs als Berufsbildenden Höheren Schulen (BHS) die Erwachsenenbildungs-Kollegs ausgebaut werden, die in Wien seit Jahren erfolgreich durchgeführt werden. Der Vorteil dieser Kollegs liegt darin, dass eine viel höhere Zahl der Absolvent*innen auch tatsächlich in den Beruf geht. Zudem wird die Diversität gestärkt, weil deutlich mehr Männer und Personen mit nicht-deutscher Muttersprache diese absolvieren. Theoretisch könnten Mittel von der BHS-Schiene zu den Kollegs umgeschichtet werden.
Ein Zurückfahren der BHS-Ausbildungsplätze, ohne gleichzeitig bei den Kollegs Kapazitäten aufzubauen, ist aber angesichts des hohen Bedarfs an qualifiziertem Personal keine Option. Will man nicht warten, bis die BHS-Jahrgänge ausgelaufen sind, bevor die neuen Kollegs starten, wird kein Weg daran vorbeiführen, beide Stränge parallel zu führen. Das ist aber nur mit einer – zumindest vorübergehenden – Mittelaufstockung möglich, die im vorliegenden Budget jedoch fehlt.