Die Zahl der ausländischen Studienangebote in Österreich steigt stetig: Mittlerweile gibt es bereits über 300 derartige Studien, die kaum an gesetzliche Vorschriften in Österreich gebunden sind – denn ihr formaler Sitz befindet sich im Ausland. Meist richten sich die Angebote an Berufstätige, von denen hohe Gebühren eingenommen werden, zum Teil sogar über 20.000 Euro. Über Lehrinhalte, Qualität, Lehrende sowie Studierende und Akzeptanz der ausländischen Abschlüsse am Arbeitsmarkt weiß man jedoch sehr wenig. Im Unterschied zu anderen Ländern müssen solche Angebote in Österreich derzeit zumindest gemeldet werden, aber auch das könnte bald Geschichte sein. Eine Analyse dieser boomenden Grauzone.
Hochschulbildung als Exportgeschäft
Hochschulbildung ist in den letzten Jahren in Europa zum boomenden Exportgeschäft geworden. Auch in Österreich wird mittlerweile viel Geld mit den lukrativen grenzüberschreitenden Studienangeboten gemacht – denn die Voraussetzungen zur Gründung sind günstig. Ausländische Hochschulinstitutionen dürfen auf österreichischem Boden Studienprogramme durchführen, ohne sich an den Großteil der Vorgaben halten zu müssen, die für österreichische Hochschulen gelten – es gilt nämlich die Rechtslage des jeweiligen Herkunftslandes. Angeboten werden die Programme vielfach von privaten Instituten, die häufig hohe Summen an Gebühren einheben. So kosten die Programme nicht selten zwischen 10.000 und 25.000 Euro. Die Palette umfasst mittlerweile mehr als 50 anbietende Institutionen, die Mehrheit davon aus Deutschland und England. Aber auch über Einrichtungen wie die Universidad Azteca (Mexiko), Niagara University (USA) oder University of the Sunshine Coast (Australien) werden in Österreich Studien angeboten. Und das Angebot expandiert stetig: Mittlerweile gibt es bereits mehr als 300 solcher Studiengänge.
Mangelnde Transparenz und Qualitätssicherung
Da sich der Sitz dieser Hochschulen offiziell im Ausland befindet, gibt es bei grenzüberschreitenden Studienangeboten keine Qualitätsprüfungen nach hiesigen Standards. Während also inländische öffentliche und private Hochschulen ihre Studiengänge bei der Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria (AQ Austria) prüfen lassen müssen, weiß man nichts über die Qualitätsstandards der grenzüberschreitenden Hochschulangebote. Zusätzlich sind de facto keine Informationen über die Zahl der Studierenden, StudienabbrecherInnen, AbsolventInnen oder Lehrenden öffentlich verfügbar.
Zudem ist die Unterscheidung von ausländischen und inländischen Anbietern nicht immer einfach: Die grenzüberschreitenden Angebote werden oft mit österreichischen Privatuniversitäten verwechselt, denn bei vielen der Institutionen muss man im Kleingedruckten nachlesen, dass sich ihr eigentlicher Sitz im Ausland befindet. So entsteht bei einigen der entsprechenden Studienangebote der Eindruck, dass kaum ein Bezug zwischen dem österreichischen Standort und dem formalen Sitz im Ausland besteht – und dass die Rolle der eigentlich anbietenden Hochschule auf das Verleihen des akademischen Grades reduziert ist. Es ist daher nicht auszuschließen, dass solche Arrangements in einzelnen Fällen als rechtliches Schlupfloch genutzt werden, um sich das hiesige Qualitätsprüfungsverfahren (z. B. im Fall der Akkreditierung als Privatuniversität) zu sparen.
Es hat sich eine erhebliche Grauzone innerhalb des österreichischen Hochschulsystems gebildet, mit der vermutlich viel Geld gemacht wird, über die man aber so gut wie nichts weiß und in der keine Handhabe zur hochschulpolitischen Gestaltung besteht. Dies drängt zur Frage, ob es hier nicht stärkere Regulierung braucht, um Qualitätsstandards bei hochschulischer Bildung zu gewährleisten.