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Ersichtlich wird, dass Frauen genau jene Stunden, die Männer länger erwerbstätig sind, zuhause mit unbezahlter Arbeit (spricht Hausarbeit, Kinderbetreuung, Organisatorisches usw.) verbringen. Zum Zeitpunkt der Erhebung 08/09 belief sich die Teilzeitquote von Frauen auf 41,5 Prozent. Inzwischen – zehn Jahre später – liegt sie bei 47,7 Prozent. Die Antwort auf die Frage, ob sich das Verhältnis von bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen Männern und Frauen dadurch verändert hat, wäre interessant zu wissen.
Beteiligung an der Hausarbeit
Gleichzeitig zeigte sich, dass Männer im Laufe der letzten 40 Jahre ihre Präsenz im Haushalt durchaus steigern konnten. War in den 1980er-Jahren nicht einmal ein Viertel aller Männer in der Hausarbeit aktiv, so steigerte sich dieser Anteil im Jahr 2008/09 auf 74 Prozent aller befragten Männer. Bei Frauen waren es immer noch deutlich mehr, nämlich 92 Prozent.
Der Zeitaufwand für Hausarbeit pro Tag ist bei Männern von den 1980er-Jahren zu 2008/09 interessanterweise ungefähr gleich geblieben: Männer wendeten 2008/09 durchschnittlich 2,5 Stunden für Hausarbeit auf, bei Frauen waren es durchschnittlich ganze vier Stunden pro Tag.
Freizeiträume
Eine unterschiedliche Zeitverteilung zwischen Männern und Frauen zeigte sich auch bei der Kategorie „Freizeit“. Dafür konnten 2008/09 Frauen unter der Woche im Schnitt pro Tag etwas über drei Stunden verwenden und Männer rund 3,5 Stunden. Am Wochenende waren es bei den Frauen 4,5 Stunden, bei den Männern 5,25 Stunden reine Freizeit pro Tag.
Was kostet Hausarbeit und andere unbezahlte Arbeit?
Mit den Daten von Zeitverwendungsstudien lassen sich jedoch nicht nur die Zeitbudgets und -ressourcen der Wohnbevölkerung darstellen, man kann durch sie auch den ökonomischen Wert von unbezahlter Arbeit und damit die Bruttowertschöpfung der Haushaltsproduktion berechnen. Solche sogenannten „Monetarisierungsstudien“, wie sie in unterschiedlichen Ländern Europas immer wieder gemacht werden, basieren auf den Angaben der Zeitverwendungsstudien zu unbezahlter Arbeit.
Wie wird Zeit zu Geld?
Bei Monetarisierungsstudien werden alle geleisteten unbezahlten Haushaltsarbeiten, wie Kinderbetreuung, Haushaltsreinigung, Wäsche, Essenszubereitung, Pflege von Alten und Kranken oder auch Gartenarbeit, zusammengezählt und mit Geld bewertet. Entscheidend ist das sogenannte „Dritt-Personen-Kriterium“, also ob die Tätigkeit – theoretisch – auch von einer dritten Person am freien Dienstleistungsmarkt zugekauft werden könnte.
Als nächstes wird ein Jahresvolumen an unbezahlter Hausarbeit hochgerechnet (durchschnittliche Zeit für unbezahlte Arbeit multipliziert mit Bevölkerungszahl ab einem bestimmten Alter). Als aufwändigster Schritt müssen anschließend die geleisteten Arbeiten finanziell bewertet werden. Dabei werden auch unterschiedliche Stundenlöhne für die Dritt-Personen, je nachdem ob es sich um Fachkräfte oder sogenannte GeneralistInnen (wie z. B. ein Hauswirtschafter/eine Hauswirtschafterin) handelt, berücksichtigt. Endergebnis sind verschiedene Szenarien, die sich aus den unterschiedlichen Stundenlöhnen ergeben.
Zuletzt erfolgt die Einpassung in die Logik des erweiterten Bruttoinlandsprodukts. Hier werden Abschreibungen (Waschmaschine, Staubsauger ersetzt) oder Vorleistungen wie Nahrungsmitteleinkäufe inklusive Wegzeiten und Mobilitätskosten einbezogen.
In Deutschland wurde 2016 eine Monetarisierungsstudie nach diesem Design durchgeführt. Sie kommt bei vorsichtiger Berechnung auf eine Bruttowertschöpfung der Haushaltsproduktion von 987 Milliarden Euro; das sind fast 40 Prozent des BIPs in Deutschland. Haushaltsproduktion in Deutschland könnte also durchaus als eigene Branche betrachtet werden.
Für Österreich liegen keine solchen aktuellen Studien vor. Eine neue Zeitverwendungserhebung wäre eine gute Basis, eine solche Monetarisierungsstudie durchzuführen.
Zeitumbrüche durch Digitalisierung
Die Verwendung von Zeit hat sich in den letzten zehn Jahren radikal verändert – Stichwort Digitalisierung. Wir alle besitzen heute Smartphones, auf denen wir Informationen suchen, Freizeit erleben, arbeiten und kommunizieren. Wir fahren heutzutage nicht einfach zur Arbeit: In derselben Zeit sind wir bereits berufstätig, indem wir Arbeitsmails abrufen oder familiäre Dinge per Handy organisieren.
Dringend nötig wäre also eine moderne Zeiterhebung, die nicht wie bisher nur eine Nebentätigkeit neben der Haupttätigkeit erfasst. Nur so könnte die Zeiterhebung den modernen Erwerbs- und Freizeitregimen gerecht werden. Auch bei der Kinderbetreuung wäre die Erfassung von Nebentätigkeiten von größter Bedeutung, denn diese geschieht häufig „nebenher“ und nicht als Haupttätigkeit.
Die Politik könnte mit aktuellen Zahlen zur Zeitverwendung viel anfangen: Sie könnte dadurch erfahren, welche neuen Belastungen und möglicherweise auch Freiräume für Frauen und Männer durch die Digitalisierung entstanden sind; sie könnte die allerorts gepriesene Partnerschaftlichkeit in der Familie und die Gleichstellung in der Arbeitswelt einem Realitätscheck unterziehen. Und sie hätte auf Basis dieser Daten die Möglichkeit, Maßnahmen zu setzen, welche die Zeitgerechtigkeit zwischen den Bevölkerungsgruppen erhöht.
Der Nutzen von Zeitverwendungsstudien ist also eindeutig. Der Wille zum Wissen aber leider nicht vorhanden.
Hintergründe zur aktuellen Zeitverwendungsforschung auf findet man hier: http://www.reflektive.at/category/schwerpunkte/zeit/