Wenn derzeit über Arbeitslosigkeit und spezifisch über den Einfluss der Arbeitslosenversicherung diskutiert wird, dann sind die Augen oft auf das Verhalten der Arbeitskräfte und deren Arbeitsanreize gerichtet. Kaum ein Thema ist hingegen das Einstellungs- und Kündigungsverhalten der Unternehmen. Dabei unterliegt auch dieses Anreizen, hat Einfluss auf die Arbeitslosigkeit und wird durch Institutionen wie die Arbeitslosenversicherung geprägt. Ein bisher unterbelichteter, aber bedeutsamer Aspekt davon ist die Aussetzung von Beschäftigungsverhältnissen.
Das „Zwischenparken beim AMS“
Um kurzfristige Schwankungen des Arbeitskräftebedarfs auszugleichen, beendet ein Teil der Unternehmen in Zeiten geringerer Auslastung Beschäftigungsverhältnisse („Layoff“) und stellt anschließend bei verbesserter Auftragslage dieselben Arbeitskräfte wieder ein („Recall“). Die Unterbrechung dauert in der Regel nur kurz: wenige Monate, teils auch nur ein paar Tage. Unternehmen wählen diese Strategie, um in Zeiten geringerer Auslastung Personalkosten zu senken: Während der Aussetzung ersparen sie sich das Entgelt. Wenn sie später dieselben Arbeitskräfte wieder einstellen, vermeiden sie den Verlust von firmenspezifischem „Humankapital“ und Kosten für Neueinstellungen (Personalsuche, Einarbeitung etc.). Sie können also durch die Wiedereinstellung nach kurzer Arbeitslosigkeit auf bewährte und erfahrene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zurückgreifen.
Die Kehrseite aus Sicht der öffentlichen Hand: Die betroffenen Arbeitskräfte sind häufig während der Beschäftigungsunterbrechung arbeitslos vorgemerkt und erhalten Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe. Manche sprechen daher von einem „Zwischenparken von Beschäftigten beim AMS“. Unternehmen, die diese Vorgehensweise systematisch einsetzen, wälzen damit einen Teil ihres Auslastungsrisikos auf die Allgemeinheit der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler ab, darunter insbesondere diejenigen Unternehmen, die „befristete Beschäftigungsbeendigungen“ vermeiden. Hinzu kommen längerfristige negative Auswirkungen auf die Beschäftigungsintegration der betroffenen Arbeitskräfte.
Hohe Relevanz in Österreich
Ein Update einer Forschungsarbeit für den Jubiläumsfonds der OeNB des WIFO im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich bestätigt:
- Das Aussetzen von Beschäftigungsverhältnissen ist seit Jahrzehnten gängige Praxis in Österreich.
- Unternehmen in der Bauwirtschaft, im Tourismus und der Arbeitskräfteüberlassung wählen diese Personalanpassungsstrategie besonders oft. Beschäftigungsunterbrechungen haben aber keineswegs nur in Saisonbranchen, sondern in sämtlichen Wirtschaftsbereichen System, darunter etwa Verkehr und Lagerei, Kunst, Unterhaltung und Erholung, Grundstücks- und Wohnungswesen sowie Wasser-, Abwasser- und Abfallentsorgung.
- Sie dienen auch häufig nicht dem Ausgleich saisonaler Schwankungen des Arbeitskräftebedarfs, sondern der Abfederung sonstiger kurzzeitiger Schwankungen im Personalbedarf.
Breite Definition: Wiedereinstellungen innerhalb eines Jahres
Die konkreten Quantitäten sind von der Abgrenzung des Phänomens in den Sozialversicherungsdaten abhängig. Das WIFO betrachtet prinzipiell nur Fälle mit Arbeitslosigkeit während der Beschäftigungsunterbrechung. Werden in einer ersten, breiten Definition alle Wiedereinstellungen innerhalb eines Jahres berücksichtigt, so ist festzustellen:
- Im Jahr 2017 waren 13,7 % aller Beschäftigungsaufnahmen Wiedereinstellungen bei ehemaligen ArbeitgeberInnen (Recalls).
- Über ein Achtel der registrierten Gesamtarbeitslosigkeit dieses Jahres (11,6 %) entfiel auf „Layoff-Arbeitslosigkeit“, also auf registrierte Arbeitslosigkeit während der Beschäftigungsunterbrechungen.
- Damit war die Layoff-Arbeitslosigkeit für rund einen Prozentpunkt der Arbeitslosenquote (8,5 % im Jahr 2017) verantwortlich.
- Für die Arbeitslosenversicherung entstehen aus der vorübergehenden Verlagerung von Arbeitskräften in die Arbeitslosigkeit unmittelbare Mehrkosten in einer Größenordnung von rund 500 Millionen Euro pro Jahr (Aufwendungen für Arbeitslosengeld und Notstandshilfe). Darin sind die vom AMS zu zahlenden Sozialversicherungsbeiträge während der Arbeitslosigkeit noch nicht berücksichtigt.