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F 29: Ganz allgemein betrachtet: Waren die finanziellen Einbußen durch die Arbeitslosigkeit für Sie und Ihren Haushalt …? (in Prozent)Geringfügiger Zuverdienst zur AMS-Leistung soll beschränkt werden
Von der Regierung wurde angedacht, dass künftig keine geringfügige Beschäftigung zu einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung mehr möglich sein soll. In der überwiegenden Anzahl der Fälle, in denen zum Arbeitslosengeld (zur Notstandshilfe) geringfügig dazuverdient wird (max. bis € 438, 05 pro Monat), ist aber eine geringfügige Beschäftigung eine dringend erforderliche Notwendigkeit, um während der Arbeitsuche finanziell über die Runden zu kommen.
Gleichzeitig darf eine geringfügige Beschäftigung nicht der Arbeitsvermittlung im Weg stehen, andernfalls droht bereits jetzt eine Leistungssperre. Dass bedeutet, dass eine geringfügige Beschäftigung unverzüglich zu Gunsten von Terminen im Rahmen der Arbeitsvermittlung (z.B. Kursbesuch, Stellenbewerbung, Beratungsgespräch etc.) beendet werden muss.
Ausweitung der Zumutbarkeit
Was sich hinter der Debatte um die Verschärfung der Zumutbarkeit einer angebotenen Beschäftigung während der Arbeitsvermittlung verbirgt, erläutert anschaulich der Blog von Simon Theurl. Insbesondere die Verschärfung der Zumutbarkeitsbestimmungen würde nicht nur den Druck für Arbeitssuchende erhöhen, sondern birgt auch die Gefahr, dass Investitionen in Humankapital entwertet werden, schärfere Bestimmungen zu niedrigen Löhnen und Erwerbsarmut beitragen und so die Entwicklung eines Niedriglohn- und Niedrigqualitätssektors in Österreich gefördert wird. Wie gezeigt wird, lässt sich das Problem der Arbeitslosigkeit (u.a.) nicht durch verschärfte individuelle Bestimmungen lösen. Hinter der Debatte um Verschärfungen in der Arbeitslosenversicherung verbirgt sich vielmehr eine politische Agenda.
Status quo bei Sperren von AlV-Leistungen
Wird eine zumutbare Beschäftigung vom AMS zugewiesen oder findet der/die Arbeitslose selbst eine Stelle, die er/sie dann nicht antritt, wird die Leistung für sechs Wochen gesperrt. Im Wiederholungsfall für acht Wochen, beim dritten Mal wird die Leistung zur Gänze eingestellt.
Im Notstandshilfebezug gilt: Alle offenen Stellen, die nach Kollektivvertrag entlohnt sind, können als zumutbar zugewiesen werden (zu beachten sind Betreuungspflichten, gesundheitliche Probleme und eine angemessene Wegzeit). Nimmt also beispielsweise der Facharbeiter die Hilfsarbeiterstelle nicht an, oder nimmt die Akademikerin die Stelle als Reinigungskraft nicht an, kann die Leistung gesperrt werden. Auch beim Nichtantritt oder Ausstieg aus zumutbaren Maßnahmen drohen die genannten Leistungssperren.
Fazit
Das in Österreich bestehende sogenannte „Anreiz-System“, das während der Arbeitsvermittlung auf Arbeit suchende Menschen wirkt, ist darauf ausgelegt, zunehmend den Druck auf die/den Einzelne/n zu erhöhen, eine Beschäftigung aufzunehmen. Zentraler Ansatzpunkt ist dabei (u.a.) die finanzielle Existenzsicherung: Der Grundbetrag des Arbeitslosengeldes beträgt (nur) 55 % eines vergangenen Nettoeinkommens (60 % in Deutschland). Der 20- bzw. 30-wöchige Mindestanspruch wird bei länger dauernder Arbeitslosigkeit (= Notstandshilfe) auf den Ausgleichszulagenrichtsatz (ca. Mindestsicherungsniveau) bzw. das Existenzminimum gekürzt. Zusätzlich wird sonstiges eigenes Einkommen und derzeit (bis Ende Juni 2018) noch Einkommen des Partners auf die Notstandshilfe-Leistung angerechnet. Gleichzeitig besteht kein Mindesttaggeld, um den Lebensstandard während der Arbeitslosigkeit jedenfalls halten zu können.
Letztlich wird durch einen verstärkten Druck auf Arbeit suchende Menschen in Kauf genommen, dass die rasche Aufnahme (irgend-)einer Beschäftigung den Vorzug gegenüber der Aufnahme einer (gut) passenden Beschäftigung bekommt – mit all den damit verbundenen Problemen: Unzufriedenheit von Arbeitssuchenden, Arbeitgebern und ArbeitgeberI nnen, Entwertung der erworbenen Qualifikationen, Förderung von nicht ausbildungsadäquater Bezahlung, …
Die geltenden Regelungen sind umfassend und führen in vielen Fällen zu drastischen individuellen Lebenslagen und unter Umständen auch zu problematischen beruflichen Verläufen. Angesichts der bereits geltenden strengen Regelungen stellt sich daher für uns die Frage, an welchen Schrauben dieses „Anreiz-Systems“ zur Verschärfung da noch gedreht werden sollte, ohne arbeitslose Menschen damit nicht in sehr schwierige Situationen zu drängen.