Wie gut können Personen ihre eigene Vermögensposition einschätzen? Bei dieser Frage geht es nicht nur um Faktenwissen, sondern die Antwort darauf hat Auswirkungen auf politische Diskussionen über Umverteilung von Vermögen und Vermögenssteuern. Daten zeigen: Personen am unteren Ende der Vermögensverteilung kennen die eigene Vermögensposition wesentlich besser als jene am oberen. Auch fünf Jahre nach der Veröffentlichung der ersten umfassenden Daten zu privaten Vermögen ist eine breite Diskussion und mehr Aufklärung über die Vermögensverteilung notwendig.
Wissen über Vermögensverteilung für faktenbasierte Debatte notwendig
Seit der Veröffentlichung der HFCS-Daten durch die OeNB ist bekannt, dass Vermögen extrem ungleich verteilt sind – viel ungleicher als Einkommen. Kurz gesagt: Die unteren 50 % haben kein nennenswertes Vermögen, die „obere Mitte“ (die nächsten 30 %) besitzt ein abbezahltes Eigenheim, und erst bei den nächsten 15 % „Vermögenden“ werden Wertpapiere, sowie vor allem bei den reichsten 5 % Zinshäuser und Unternehmensbesitz relevant. Im Gegensatz zu Einkommen, die mit einer starken Mitte „bauchig“ verteilt sind, sind Vermögen daher „schief“ und bei sehr wenigen am oberen Rand der Vermögensverteilung konzentriert.
Aber wissen das auch „die Menschen“ und können sie ihre eigene Position einschätzen? Oder glauben sie, dass sie selbst ohnehin in der Mitte der Vermögensverteilung liegen? Schätzen sie sich sowohl von unten als auch von oben in die „Mittelschicht“, zu der man sich in Österreich so gerne zugehörig fühlt?
Mehr Vermögen – weniger Wissen über Verteilung
Diese Frage kann mit dem HFCS untersucht werden. Am Ende der Befragung, nachdem die Auskunftsperson über das Haushalts-Gesamtvermögen Auskunft gegeben hat und sich somit sämtliche Vermögensbestandteile in Erinnerung gerufen hat, wird nämlich noch gefragt, an welcher Position (von 1 bis 10) der Vermögensverteilung sie ihren Haushalt einschätzt.
Dabei zeigt sich: Wenige können ihre eigene Position exakt richtig einschätzen. Das ist auch wenig verwunderlich, denn die gewählte Einheit von Dezilen ist klein. So ist es schwierig, richtig zu beantworten, ob man in der Vermögensreihung nun zwischen den unteren 30 bis 40 % liegt, oder doch eher zwischen 40 und 50 %. Dennoch ist eindeutig: Wer am oberen Ende steht, verschätzt sich deutlich häufiger und der Abstand zur tatsächlichen Position ist wesentlich höher als bei Haushalten am unteren Ende der Vermögensverteilung. Im obersten Dezil, den reichsten 10 % der Haushalte, hat sich bei der Erhebung kein einziger (!) Haushalt selbst richtig eingeschätzt. Damit geben auch Personen in Haushalten mit mehreren Millionen an, nicht zu den reichsten 10 % zu gehören. Vielmehr sehen die reichsten 10 % ihr Vermögen in der Mitte (im 5. Dezil) – sie verschätzen sich nämlich im Schnitt um 4,7 Dezile nach unten.