Seit einigen Jahren hat es „das Kopftuch“ zur Hochkonjunktur geschafft. Mehr und mehr wird der Diskurs über die Werte unserer Gesellschaft darüber ausgetragen. Die Reichweite der damit verbundenen Zuschreibungen geht von Integrationsverweigerung bis hin zur Unterdrückung der Frauen. Um beides zu vermeiden, soll „das Kopftuch“ zurückgedrängt werden. Dass damit aber nicht nur das Kopftuch, sondern auch die Frau aus dem öffentlichen Raum zurückgedrängt wird und Frauen dadurch vermehrt feindlichen Angriffen ausgesetzt sind, wird dabei übersehen. Diese Debatten sind auch vor dem Hintergrund einer wachsenden Islamophobie zu sehen.
Tatsächlich handelt es sich aber um eine sehr heterogene Gruppe. Diese Frauen kommen aus unterschiedlichen Ländern, sprechen verschiedene Sprachen und haben einen unterschiedlichen sozialen Status. Sie können im Ausland oder auch in Österreich geboren sein. Auch hinsichtlich des Bildungsniveaus unterscheiden sich die Frauen stark voneinander. Das zeigen auch die Ergebnisse der AMS-Kompetenzchecks.
Auch die Gründe, warum Frauen ein Kopftuch tragen, sind sehr vielschichtig. Die religiöse Überzeugung ist einer der Gründe, aber das Tragen eines Kopftuches muss nicht unbedingt in engem Zusammenhang mit der Religion stehen. Es kann auch einen gewohnten und traditionellen Charakter haben. Nicht von allen wird das Kopftuch freiwillig getragen. So spielen religiöse Überzeugungen von Familienmitgliedern oder schlicht und einfach der soziale Milieudruck der islamischen Community eine wesentliche Rolle. Bei den neu nach Österreich geflohenen Frauen kann auch Schutz vor Übergriffen eine Rolle spielen. Gerade in Kriegen erleben Frauen sexuelle Übergriffe. Krieg bedeutet leider immer auch Krieg gegenüber Frauen. Aus diesem Grund ist für viele Frauen das Kopftuch mit Sicherheit und das Ablegen mit Verlust von Schutz verbunden.
Unsichtbar am Arbeitsmarkt
Bewiesen ist, dass Frauen, die ein Kopftuch tragen, in der Arbeitswelt, aber auch im gesellschaftlichen Leben benachteiligt und diskriminiert werden. Dafür gibt es zahlreiche Belege. Eine aktuell noch laufende Studie wird von der Johannes Kepler Universität Linz durchgeführt. Darin wurden Correspondence Testing Experimente bei der Stellenbesetzung in Deutschland durchgeführt. Fiktive Jobsuchende bewerben sich mit identen Merkmalen wie Ausbildung und Berufserfahrung auf Stellenausschreibungen. Die Ergebnisse zeigen eine signifikante Benachteiligung von Migrantinnen, vor allem, wenn sie Kopftuch tragen.
Für eine Einladung zu einem Bewerbungsgespräch, muss Frau Bauer 5 Bewerbungen ausschicken, Frau Öztürk 7 Bewerbungen und Frau Öztürk, wenn sie ein Kopftuch trägt, 24 Bewerbungen. Auffallend war dabei auch, dass der Unterschied deutlicher ausfiel, je höher die ausgeschriebene Position war.