1.700 Euro im Monat oder 10 Euro in der Stunde sind das Mindeste für eine würdige Entlohnung. Hunderttausende würden von einer Mindestlohnanhebung profitieren. Im internationalen Vergleich ist Österreichs Niedriglohnausmaß bei den Männern unterdurchschnittlich, bei den Frauen aber überdurchschnittlich.
Mindestlohndebatte wirkt
Die flächendeckende Anhebung der absoluten Lohn-Untergrenze auf mindestens 1.500 Euro (Regierungsappell) bzw. 1.700 Euro (Gewerkschaftsziel) war in den letzten Monaten Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen in Österreich. Noch im März pochte die Wirtschaftskammer auf eine Übergangsfrist bis 2025, was einer inflationsbedingten Entwertung gleichkommt: Wenn zwischen 2017 und 2025 die Preise jährlich auch nur um ein Prozent ansteigen, dann ist ein Nominallohn von 1.500 Euro brutto im Jahr 2025 real um rund 130 Euro weniger wert als 2017. In den folgenden Wochen wurden dann doch für diverse Branchen sozialpartnerschaftliche 1.500-Euro-Vereinbarungen getroffen, deren Umsetzung bis ins Jahr 2018 bzw. 2020 reicht, darunter das Hotel- und Gastgewerbe (bis Mitte 2018), die Textilindustrie (bis Ende 2018) und FriseurInnen (Ausgebildete bis April 2019 bzw. Angelernte bis Anfang 2020). Auch bei den sogenannten freien Berufen, also etwa den ÄrztInnen oder RechtsanwältInnen, die ihre Angestellten häufig notorisch schlecht bezahlen, bewegt sich etwas.
Hunderttausende von Mindestlohn positiv betroffen
Mehrere Hunderttausend lohnabhängig Beschäftigte würden von einer flächendeckenden Mindestlohnanhebung profitieren. Die exakte Anzahl der aktuell Betroffenen ist nicht bekannt. In der Gruppe derjenigen, die 2015 das ganze Jahr hindurch vollzeitbeschäftigt waren und ein lohnsteuerpflichtiges Einkommen bezogen, verdienten rund 316.000 Beschäftigte, das sind mehr als 14 %, pro Monat maximal 1.700 Euro (14-mal, inklusive etwaiger Überstundenentgelte).
Branchen, in denen absolut, von der Anzahl der Betroffenen her, und relativ, im Verhältnis zur Branchengröße, häufig niedrig entlohnt wird, sind der Handel (knapp 70.000), das Hotel- und Gastgewerbe (rund 43.800) und die sogenannten sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen (rund 23.000), zu denen zum Beispiel die Gebäudereinigung oder die Arbeitskräfteüberlassung gehören. Von den in der jeweiligen Branche ganzjährig Vollzeitbeschäftigten verdiente 2015 mehr als jede/r Zweite (56 %) in der Gastronomie, mehr als jede/r Vierte (26 %) im Bereich der wirtschaftlichen Dienstleistungen und mehr als jede/r Fünfte (22 %) im Handel maximal 1.700 Euro.
Laut Gewerkschaftserhebungen dürften in Österreich derzeit insgesamt etwa 420.000 Menschen bei Vollzeit weniger als 1.700 Euro brutto im Monat erhalten. 1.700 Euro Monatslohn entsprechen etwa 10 Euro in der Stunde. Gelingt die Anhebung, könnten sich auch all jene über mehr Geld auf dem Lohnkonto freuen, die derzeit bei Teilzeit pro Stunde weniger verdienen. Die AK OÖ schätzt, dass österreichweit insgesamt 600.000 Voll- und Teilzeit-Beschäftigte, das sind etwa 14 % aller Beschäftigten, profitieren würden.
Jede/r Fünfte verdient weniger als 10 Euro in der Stunde
Laut Verdienststrukturerhebung der Statistik Austria verdiente sogar ein Fünftel (20 %) der in Unternehmen der Privatwirtschaft mit zehn und mehr Personen beschäftigten ArbeitnehmerInnen stündlich – ohne Überstundenzuschlag – maximal 10 Euro (im Herbst 2014, aktuellster verfügbarer Datenstand). Frauen und Teilzeitbeschäftigte sind häufiger von so niedriger Entlohnung betroffen als Männer und Vollzeitbeschäftigte. Während mehr als ein Viertel (29 %) der weiblichen Beschäftigten mit maximal 10 Euro pro Stunde entlohnt wurde, traf das auf etwa jeden achten Mann zu (12,9 %) zu. Bei Teilzeit liegt bei Männern und Frauen die Entlohnung in mehr als einem Drittel der Fälle unterhalb dieser Grenze. Bei Vollzeit sind jeder zehnte Mann und jede vierte Frau betroffen: