Klar ist, die Digitalisierung muss so gestaltet werden, dass nicht nur eine kleine Elite, sondern alle profitieren. Dabei geht es um Verteilungsfragen, Arbeitsbedingungen und Bildungschancen. Wenn Monopolisten ganz altmodisch ihr Vermögen vermehren und dafür keine Steuern zahlen, das Arbeitsrecht ausgehöhlt und der Sozialstaat abgebaut wird, ist das kein Fortschritt. Digitalisierung ist dann gelungen, wenn sie für ArbeitnehmerInnen mehr Autonomie bei Arbeit und Freizeit, sichere Einkommen, Zugang zu mehr Wissen und gesündere Arbeitsbedingungen bringt. Um das zu erreichen, gilt es Technik entsprechend menschenzentriert zu gestalten.
Doch was kann und soll konkret auf betrieblicher oder kommunaler Ebene, in Vereinen, Gewerkschaften, der Wissenschaft oder Zivilgesellschaft unternommen werden, um diesem Ansatz gerecht zu werden?
Beispiele aus ganz Europa können Inspirationsquell sein und Antworten auf diese Fragestellungen bieten. Es gilt auch Technik zu nutzen, um demokratische Strukturen zu stärken und sinnstiftende Arbeit zu schaffen, bzw. den Transformationsprozess für alle machbar zu gestalten.
Vom Technikglauben zum Gestaltungsanspruch
War in den 1990ern und Anfang der 2000er-Jahre die Technikgläubigkeit noch ungetrübt und damit die Überzeugung, dass technischer Fortschritt selbstverständlich zu einer besseren Welt führen wird, allgemein verbreitet, rückt in den letzten Jahren die Macht- und Gestaltungsfrage zunehmend in den Vordergrund. Das frühe Internet bot das Versprechen von Dezentralisierung und kollaborativer Innovation. Netzwerkeffekte und das Entstehen von Plattformen in zweiseitigen Märkten veränderten dies, neben anderen Aspekten, grundlegend. Auch der reine Blick auf Technik erscheint heute verkürzt, geht es doch häufig um Fragen der Ethik, der Haftung und Verantwortung oder Integrität. Binärer Code wirkt auf uns heute häufig als über dem Gesetz stehend, wann immer eine Maschine, ein Algorithmus, beteiligt ist, wird die Schuldfrage mit einem Versprechen, das Problem zu beheben, umgangen. Damit aber wird die Problemlösung rechtsstaatlichen und demokratischen Strukturen entzogen und wieder an den „Club der weißen Jungs“ delegiert und zurück an den Ort gesandt, von dem das Problem ursprünglich herkam. Den Monopolisierungstendenzen digitaler Infrastrukturen und der Machtkonzentration bei Fragen der Technikgestaltung muss mit demokratischen und vielfältigen Maßnahmen unter breiter Einbindung der Gesellschaft begegnet werden. Öffentliche Institutionen haben sich dieser Aufgabe anzunehmen und mittels neuer Technik und Kommunikationsmöglichkeiten Partizipation zu ermöglichen und die Menschen zu befähigen.
Auch historisch betrachtet waren technologische Revolutionen immer dann für die Gesellschaft gut, wenn Beschäftigte, mittels Formen der Mitbestimmung, Mitsprache an der Gestaltung der Arbeitsorganisation hatten. So entstanden soziale Innovationen, welche die erfolgreiche Einbettung technischer Errungenschaften garantierten und gemeinsam mit Lohnzuwächsen und Arbeitszeitreduktionen sicherstellten, dass alle an den Produktivitätsgewinnen partizipieren konnten. Dies muss uns auch für den Digitalen Wandel gelingen: durch wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn und Bewusstseinsschaffung auf der einen Seite, aber eben auch durch das Schaffen und Wahren breit zugänglicher Infrastrukturen. Wie ist nun all das konkret zu nutzen, um Mitbestimmung auf gesellschaftlicher und betrieblicher Ebene zu fördern und zu leben? Wie die Forderungen umsetzbar machen und konkrete Vorstellungen vermitteln? Dazu kann sich ein Blick auf bereits erfolgreiche Projekte lohnen, als Inspirationsquell für eigene Ideen. Ergänzt um institutionelle Unterstützung und Förderung können so vielleicht weitere Beispiele für partizipative Technikgestaltung entstehen.