Innerer Ring 1991, mittlerer Ring 2001, äußerer Ring 2009/10.
Datenquellen: 1991 und 2001: Statistik Austria, Volkszählungen 1991 und 2001; 2009/10: Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebungen 2009 und 2010 (jeweils Durchschnitt der beiden Jahreswerte); eigene Berechnungen aufgrund dieser Daten.
Grundgesamtheit: 1991 und 2001 Erwerbspersonen gemäß LUK; 2009/10 Erwerbspersonen ohne geringfügig Beschäftigte (WAZ <12 Std.).
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Innerer Ring 1991, mittlerer Ring 2001, äußerer Ring 2009/10.
Datenquellen: 1991 und 2001: Statistik Austria, Volkszählungen 1991 und 2001; 2009/10: Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebungen 2009 und 2010 (jeweils Durchschnitt der beiden Jahreswerte); eigene Berechnungen aufgrund dieser Daten.
Grundgesamtheit: 1991 und 2001 Erwerbspersonen gemäß LUK; 2009/10 Erwerbspersonen ohne geringfügig Beschäftigte (WAZ <12 Std.).Der angeführte Zuwachs in den beiden letzten Dekaden geht vorwiegend auf die Beschäftigungsdynamik im Bereich der hoch qualifizierten Angestelltenberufe (Akademische Berufe, Fachkräfte) zurück, während die Berufstätigenquoten der mittel qualifizierten Büroangestellten <4> und Personenbezogenen Dienstleistungsberufe und Verkaufskräfte <5> nur moderat stiegen. Insgesamt blieb der Anteil der Erwerbspersonen in mittel qualifizierten Angestelltenberufen in den 1990er-Jahren nahezu konstant (1991 26,4%, 2001 26,5%). In der Folgedekade erhöhte er sich leicht, nämlich auf 27,1% 2009/10.
Im Bereich dieser mittel qualifizierten Angestelltenberufe, die einen Lehr- oder BMS-Abschluss voraussetzen, sind zwei einander spiegelverkehrt gegenüberstehende Entwicklungstendenzen zu konstatieren: Der Berufstätigenanteil der Büroangestellten nahm in den 90er-Jahren noch moderat zu, im folgenden Jahrzehnt aber bereits leicht ab. Hingegen verringerte sich der Anteil der in Personenbezogenen Dienstleistungsberufen oder im Verkauf tätigen Erwerbspersonen in den 90er-Jahren etwas, stieg in den 2000er-Jahren allerdings wieder so stark, dass insgesamt ein leichter Anteilsgewinn resultierte. Die meisten der Berufe der Hauptgruppe <5> weisen einen hohen Anteil an interaktiven Nichtroutinetätigkeiten auf.
Alles in allem sind im Bereich der Angestelltenberufe somit für das zurückliegende Jahrzehnt vier Haupttendenzen auszumachen: erstens der sehr ausgeprägte Strukturwandel zugunsten der Akademischen Berufe und der Technischen und nichttechnischen Fachkräfte, also der am höchsten qualifizierten WissensbearbeiterInnen, zweitens eine moderate Verschiebung zugunsten der mittel qualifizierten, überwiegend interaktiven Angestelltenberufe, drittens eine Stagnation des Anteils der mittel qualifizierten Büroangestellten und viertens eine Verschiebung zulasten der Führungskräfte.
Keine qualifikationsbezogene Polarisierung der Beschäftigung
Für die Polarisierungsthese, die besagt, dass sich die Beschäftigung in dienstleistungsorientierten Berufsgruppen tendenziell polarisiere, hohen Zuwächsen in Berufsfeldern mit hohen Qualifikationsanforderungen auch hohe Zuwächse in wenig anspruchsvollen Dienstleistungsberufen gegenüberstünden, findet sich in den Daten für Österreich keine Evidenz. Zwischen 1991 und 2010 verringerten sich sowohl der Berufstätigenanteil der Verkaufs- und Dienstleistungshilfskräfte als auch jener der Hilfskräfte in Fertigung, Bauwesen, Transport und Landwirtschaft signifikant. Und diese rückläufige Tendenz betraf in der letzten Dekade die Verkaufs- und Dienstleistungshilfskräfte in noch stärkerem Maße als die Hilfskräfte im sekundären Sektor.
Anteilsrückgang bei mittel qualifizierten Fertigungsberufen
Der Berufstätigenanteil der Handwerksberufe <7> und der Maschinen- und Anlagenbediener <8> sank sehr stark, und zwar von 27,3% 1991 auf 21,8% 2001 und 19,1% 2009/10. Der Anteilsrückgang der mittel qualifizierten Fertigungsberufe verlangsamte sich somit in den 2000er-Jahren. Drei Prozentpunkte des Gesamtrückgangs während der zwei Jahrzehnte entfielen auf die Maschinenbedienungskräfte und fünf Prozentpunkte auf die Handwerksberufe, wobei der Großteil des Anteilsverlusts letzterer in den 1990er-Jahren erfolgte.
Fassen wir zusammen: Der Wandel der Berufsstruktur der Beschäftigung in Österreich in den 2000er-Jahren erfolgte sehr ausgeprägt zugunsten der am höchsten qualifizierten WissensbearbeiterInnen (Akademische Berufe sowie Technische und nichttechnische Fachkräfte), in geringerem Maße auch zugunsten der mittel qualifizierten, überwiegend interaktiven Dienstleistungsberufe (Betreuungsberufe, personenbezogene Dienstleistungsberufe, Sicherheitsbedienstete), und zulasten vor allem der mittel qualifizierten Fertigungsberufe, der Hilfskräfte und der Führungskräfte. Der Anteil der mittel qualifizierten Büroangestellten schließlich, deren Routinetätigkeiten verstärkt der Automatisierung unterlagen, stagnierte während der letzten Dekade.
Ursachen des Berufstrukturwandels
Änderungen der mittelfristigen berufsbezogenen Qualifikationsstruktur der Beschäftigung ergeben sich zum einen aus dem Strukturwandel zwischen Branchen (Branchenstruktureffekt), zum anderen aus dem Berufsstrukturwandel innerhalb der einzelnen Branchen (Berufsstruktureffekt).
1.) Die Faktoren, welche die Richtung und das Ausmaß der Verschiebungen in der sektoralen und branchenmäßigen Beschäftigungsstruktur wesentlich bestimmen, sind die unterschiedlichen Änderungsraten der Arbeitsproduktivität, die Lohnstruktur, die Nachfrageänderungen der privaten Haushalte nach Sachgütern und Dienstleistungen in Reaktion auf einkommens- und Preisänderungen („Einkommens-“ und „Preiselastizitäten“), die Zunahme der Frauenerwerbstätigkeit, demografische Veränderungen, der Wandel in der Nachfragestruktur der Unternehmungen, die Veränderungen in der Struktur des internationalen Handels, das Steuer-, Abgaben- und Transfersystem sowie die branchenspezifischen Regulierungen.
In der Branchenstruktur der Beschäftigung des Dienstleistungssektors ist ein signifikanter Wandel in Richtung auf wissens- und humankapitalintensive Marktdienstleistungen festzustellen und auf ebensolche öffentliche Dienstleistungen (Bildungswesen, Gesundheitswesen etc.), welche für die Bewältigung der wirtschaftlichen, sozialen und demografischen Herausforderungen von entscheidender Bedeutung sind. In der Sachgüterproduktion erfolgte der Branchenstrukturwandel zugunsten von Hoch- und Mittelhochtechnikbranchen.
2.) Der Strukturwandel innerhalb der einzelnen Branchen kann verschiedene Ursachen haben:
- Verschiebungen zwischen Sparten innerhalb der einzelnen Branchen (Spartenstruktureffekt);
- Veränderungen der Unternehmensstruktur innerhalb der einzelnen Sparten, durch Ein- bzw. Austritt von Unternehmen und/oder Verschiebungen zu schneller wachsenden Unternehmen (Unternehmensstruktureffekt);
- Berufsstrukturverschiebungen in den einzelnen Unternehmen (Berufsstruktureffekt). Solche ergeben sich aus fortschreitender Arbeitsteilung und Spezialisierung, aus der Anwendung neuer Techniken, insbesondere der universellen Anwendung der modernen Informations- und Kommunikationstechniken (IKT) (qualifikationsverzerrter technischer Fortschritt), damit verbundenen und zusätzlichen organisatorischen Anpassungen sowie überhaupt aus Prozess- und Produktinnovationen.
- Veränderungen der Tätigkeitsstruktur in einzelnen Berufen (Tätigkeitsstruktureffekt), ebenfalls aus den zuvor genannten Gründen. Die Tätigkeiten werden anspruchsvoller und komplexer hinsichtlich der Aufgabeninhalte und Qualifikationsanforderungen.
Die Routinisierungsthese
Gemäß der Routinisierungsthese (Autor et al. [2003]) verschiebt sich infolge des technischen und organisatorischen Wandels die Berufsstruktur zugunsten von hoch qualifizierten Angestelltenberufen, deren Tätigkeitsprofile vor allem analytische Nichtroutinetätigkeiten umfassen. Im Bereich der mittel und gering qualifizierten Berufe führt technischer und organisatorischer Fortschritt zu unterschiedlichen Beschäftigungsentwicklungen, je nachdem, ob Routine- oder Nichtroutinetätigkeiten überwiegen.
Zahlreiche empirische Studien zeigen, dass sich in den hoch entwickelten Ländern seit den 1980er-Jahren der Anteil der Arbeitsinputs für analytische Nichtroutinetätigkeiten, für interaktive Nichtroutinetätigkeiten (z.B.: Verhandeln, Koordinieren, Organisieren, Lehren, u.a.) und für manuelle Nichtroutinetätigkeiten (z.B.: Renovieren, Restaurieren, Pflegen u.a.) jeweils signifikant erhöhte, während kognitive Routinetätigkeiten (z.B.: einfaches Rechnen, Buchhaltung) und manuelle Routinetätigkeiten (z.B.: Einrichtung, Bedienung und Kontrolle von Maschinen) jeweils deutlich an Bedeutung verloren.
Die empirischen Resultate internationaler Studien bestätigen die Rolle der neuen Universaltechnik, der modernen IKT, als Treiber dieser Veränderungen der Tätigkeitsstruktur. Während die IKT-Produktionsmittel tendenziell Arbeitskräfte, welche v. a. kognitive und manuelle Routinetätigkeiten ausführen, ersetzen („substituieren“), erfordern moderne Produktions- und Dienstleistungsprozesse den kombinierten Einsatz von IKT-Produktionsmitteln und mittel und hoch qualifizierten Arbeitskräften, die in erster Linie analytische und/oder interaktive Nichtroutinetätigkeiten ausführen („Komplementarität“).
Fazit
Die Strukturverschiebungen im letzten Jahrzehnt (2001-2009/10) entsprachen im Großen und Ganzen den gemäß der Routinisierungshypothese zu erwartenden: starke Anteilszuwächse im Bereich der Akademischen Berufe sowie der Technischen und nichttechnischen Fachkräfte, in deren Tätigkeitsprofilen analytische Nichtroutinetätigkeiten überwiegen; moderate Anteilszunahme für jene mittel qualifizierten Angestelltenberufe, die überwiegend interaktive und manuelle Nichtroutinetätigkeiten ausüben, d. h. für Personenbezogene Dienstleistungsberufe und Verkaufsberufe; leichter Anteilsverlust für Büroangestellte, also mittel qualifizierte Angestelltenberufe, die in hohem Maße kognitive Routinetätigkeiten ausführen; hohe Anteilseinbußen für mittel qualifizierte Fertigungsberufe und für Hilfsarbeitskräfte, wo jeweils manuelle Routinetätigkeiten dominieren.
Die am höchsten qualifizierten Angestelltenberufe und die Personenbezogenen Dienstleistungsberufe mittlerer Qualifikation wurden in Österreich in der Beobachtungsperiode nicht nur durch positive Brancheneffekte begünstigt, sondern auch durch Anteilszuwächse in den einzelnen Branchen.
Dieser Beitrag beruht auf einer ausführlicheren Studie des Materialienbandes für Wirtschaft und Gesellschaft, Ausgabe 140.