Quelle: Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung bzw. wie in der Studie beschrieben. © A&W Blog
Quelle: Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung bzw. wie in der Studie beschrieben.In Summe lässt sich allerdings folgender Befund stellen: Sortiert man die Branchen nach ihrem Digitalisierungsgrad, so zeigt sich, dass es in den stärker digitalisierten Branchen insgesamt zwischen 1995 und 2015 mehr Beschäftigungszuwachs als -wegfall gegeben hat. Umgekehrt ist der Zusammenhang in den weniger digitalisierten Branchen.
| Zunahme | Abnahme |
Sehr stark digitalisiert | 209.000 | -54.000 |
Stark digitalisiert | 181.000 | -21.000 |
Durchschnittlich digitalisiert | 275.000 | -27.000 |
Mäßig digitalisiert | 53.000 | -70.000 |
Wenig digitalisiert | 136.000 | -210.000 |
Zusammenfassend gesagt: Die Veränderungen der österreichischen Wirtschaftsstruktur haben unterschiedliche Ursachen und können nicht monokausal erklärt werden. Die Digitalisierung ist daher nur eine der Ursachen und kann in zwei Richtungen wirken: Sie kann Beschäftigung erhöhen, weil neue Geschäftsmodelle hinzukommen oder sie kann Beschäftigung senken, weil Menschen durch digitale Maschinen oder Prozesse ersetzt werden. Ersteres sieht man vor allem in der Branche „Information und Kommunikation“, letzteres vor allem in der Finanzwirtschaft. Generell muss aber festgestellt werden, dass in den überdurchschnittlich digitalisierten Branchen die Beschäftigungszunahmen deutlich höher sind als die Zahl der verloren gegangenen Arbeitsplätze.
Kein Grund zur Sorge?
Heißt dies nun, dass ohnehin alles in Ordnung ist und die Digitalisierung ein einziger beschäftigungspolitischer Segen ist? Nein, in keiner Weise. Denn zum einen wissen wir nicht, wie die Qualität der neu entstehenden Arbeitsplätze ist. Und zum anderen wissen wir, dass in den kommenden Jahren gerade in den mittleren Qualifikationen große Umbrüche entstehen. Selbst wenn also neue Arbeitsplätze auch für diese Beschäftigtengruppen entstehen sollten, braucht es hohe Um- und Weiterqualifizierungen. Die Verantwortung dafür darf keinesfalls nur von den Beschäftigten allein getragen werden. Im Gegenteil: Die Gewinne, die aus der Digitalisierung gezogen werden, müssen einen wesentlichen Beitrag zu diesen Qualifizierungskosten leisten. Sei es, indem die Unternehmen bereits intern proaktiv und vorausschauend ihre Belegschaft für die Digitalisierung fit machen oder sei es, indem über höhere bzw. effektivere Besteuerung von (Digitalisierungs-)Gewinnen zusätzliche Steuereinnahmen für das Bildungssystem generiert werden.
Die Digitalisierung wird nicht zu Massenarbeitslosigkeit führen, da auch in Zukunft neue Arbeitsplätze entstehen werden. Wenn wir aber schrankenlose Entgrenzung und unter dem Deckmantel vorgeblicher Notwendigkeiten der Digitalisierung neoliberale Deregulierungen und Monopolisierungen zulassen, wird Arbeit prekärer und entfremdeter. Wir müssen daher alle Mittel des Arbeitsrechts, der Kollektivverträge und der betrieblichen Mitbestimmung dazu nützen, Digitalisierung mitzugestalten in dem Sinn,
– dass Digitalisierung human und sozial erfolgt,
– dass der Mensch die Technik bestimmt und nicht umgekehrt,
– dass es für alle Menschen, die mit Arbeit ihren Lebensunterhalt verdienen, ein gutes Mindestmaß an Arbeits-, Sozial- und Koalitionsrechten gibt
– und dass jene, die nicht mithalten können, noch immer sinnstiftende und adäquat abgesicherte Beschäftigung haben.
Dafür werden wir eingehend darüber diskutieren müssen, was wir eigentlich mit „guter Arbeit“ meinen und welche Rahmenbedingungen es für diese „gute Arbeit 4.0“ braucht. Digitalisierung mitzugestalten, heißt, sich nicht vor dem technologischen und gesellschaftlichen Wandel zu fürchten, sondern ihn dazu zu nützen, ganzheitliche, selbstbestimmte, sinnstiftende und gesunde Arbeit zu fördern. Neue Geschäftsmodelle werden wir nur erfolgreich umsetzen können, wenn auch die Unternehmensorganisationen und damit die Beschäftigten in die Entwicklung eingebunden sind und diese mitgestalten können. Die GPA-djp hat dafür vorgeschlagen, dass die Sozialpartner gemeinsam sogenannte Experimentierräume definieren, in denen neue Formen der Arbeitsorganisation, der Mit- und Selbstbestimmung befristet und wissenschaftlich evaluiert ausprobiert werden können. Auf diese Art können die Rahmenbedingungen „guter Arbeit 4.0“ im Sinne aller gestaltet und weiterentwickelt werden.