Österreich ist Meister im Verbrauch von Landflächen. Boden wird immer knapper, was Wohnen immer teurer macht. Mehr strategische Planung auf Landesebene und mehr Zusammenarbeit der Gemeinden wäre notwendig, um Lösungen für mehr Bodenschutz verbunden mit leistbarem Wohnen zu erarbeiten.
Der Bodenverbrauch in Österreich liegt seit Jahren auf hohem Niveau. Bereits im Jahr 2002 wurde bei der Erstellung der österreichischen Nachhaltigkeitsstrategie die ungebremste Entwicklung des Bodenverbrauchs erkannt und der Zuwachs dauerhaft versiegelter Flächen auf 2,5 Hektar/Tag als Ziel festgelegt. Von diesem Ziel ist Österreich weit entfernt. Daten des Umweltbundesamtes zeigen, dass im Durchschnitt einer Drei-Jahres-Periode (2014–2016) pro Tag 14,7 Hektar Boden verbaut werden. Damit ist dieser Wert im Vergleich zu 2013–2015 etwas zurückgegangen, in dem Zeitraum lag der Bodenverbrauch bei durchschnittlich 16,1 Hektar pro Tag: Davon werden 7,0 ha für Bau- und Verkehrsflächen und 9,1 ha für Betriebs-, Erholungs- und Abbauflächen genutzt.
Laut dem Bericht „Wie geht’s Österreich?“ von Statistik Austria nahm die gesamte Flächeninanspruchnahme (Bau- und Verkehrsflächen, Sportanlagen, Infrastrukturflächen) in den Jahren 2001 bis 2015 um 23,1 % zu, was einer Zunahme von 1.043 km² für diese Jahre entspricht. Damit wuchs die Flächeninanspruchnahme im Beobachtungszeitraum deutlich schneller als die österreichische Bevölkerung (+7,3 %).
Wer verbraucht den Boden?
Die Steigerung des Lebensstandards und der Traum vom Eigenheim im Grünen sind die ursächlichsten Gründe für den hohen Bodenverbrauch. Ein klares Bekenntnis zu verdichtetem Bauen, um Wohnraum zu schaffen und gleichzeitig der Zersiedelung entgegenzuwirken, fehlt in Österreich. Aber selbst wenn es ein solches gäbe, würde es bei den Menschen im ländlichen Raum wohl auf wenig Akzeptanz stoßen – zu groß ist der Wunsch nach dem eigenen Einfamilienhaus mit Garten. Großflächige Einkaufszentren am Stadtrand und Betriebsansiedelungen auf der grünen Wiese tragen ebenfalls zum Bodenverlust bei. Was auf den ersten Blick für die Gemeinden gewinnbringend erscheint, verursacht auf lange Sicht oft hohe Kosten für die Allgemeinheit. So ist mit der Flächenwidmung für neuen Wohnraum und Gewerbebetriebe am Dorf-/Stadtrand oft eine Verödung des Ortskernes verbunden.
Das Umweltbundesamt schätzt die verbaute, ungenutzte Fläche inklusive Gewerbeflächen und leerstehender Häuser auf insgesamt 40.000 Hektar, das entspricht in etwa der Fläche der Stadt Wien. Leerstehende Gebäude wirken unattraktiv und weitere Wege zu den Geschäften bedingen mehr Individualverkehr. Daher sollte der sorgsame Umgang mit Grund und Boden zu den wesentlichen Anliegen einer zukunftsorientierten Siedlungsentwicklung zählen. Dafür wären hoheitliche Rahmenbedingungen, die eine optimale Flächennutzung verlangen, sinnvoll.
Beeinträchtigungen für die Umwelt
Durch die Versiegelung der Böden gehen wichtige Schutzfunktionen des Bodens für Mensch und Umwelt verloren. So trägt der Boden wesentlich zur CO2-Speicherung und somit zum Klimaschutz bei. Bei nicht nachhaltiger Nutzung kehrt sich dieser Vorteil genau ins Gegenteil um: Das im Boden gespeicherte CO2 wird wieder an die Luft abgegeben. Boden ist ein wichtiger Wasserspeicher und dient dazu, Nähr- und Schadstoffe zu filtern, zu neutralisieren und/oder zu binden. Biodiversität geht verloren, wenn Lebensräume zerschnitten werden. Laut dem Bericht „Wie geht’s Österreich?“ von Statistik Austria stellt die mit der Flächeninanspruchnahme einhergehende Bodenversiegelung eines der größten Umweltprobleme dar und ist ein nahezu irreversibler Prozess.
Um die wichtigen Funktionen des Bodens für die Umwelt EU-weit zu erhalten, setzt sich die Europäische BürgerInneninitiative „People4soil“ – ein Zusammenschluss von über 500 Umweltorganisationen – dafür ein, auf EU-Ebene spezifische Gesetze für den Bodenschutz einzuführen. Laut ihren Recherchen sind seit 1990 in der EU eine Million Hektar fruchtbarer Boden verloren gegangen. Ein bereits ausgearbeiteter Gesetzesvorschlag der Europäischen Kommission für eine Bodenrahmenrichtlinie zum Schutz des Bodens wurde im Jahr 2014 wieder zurückgezogen, aufgrund der Sperrminorität verschiedener EU-Mitgliedstaaten – darunter auch Österreich und Deutschland. Der von der AK unterstützte Entwurf der Kommission sah vor, Prioritätsgebiete des Bodenschutzes auszuweisen und eine Basis für konkrete Maßnahmen, ein Meldesystem an die EU sowie einen Rahmen für Sanktionen zu schaffen. „People4soil“ kritisiert unter anderem den intensiven Gebrauch von Pestiziden und Chemikalien sowie Monokulturen. Sie führt aus, dass diese Art der Landwirtschaft die Bodenstruktur sowie dessen Ökologie zerstört, was zur Bodenerosion beiträgt. So dauert es beispielsweise 500 Jahre, um einen 2,5 cm hohen fruchtbaren Boden aufzubauen. Nur mit nachhaltiger Bewirtschaftung kann ein gesunder und aktiver Boden vor Überschwemmung und Vermurung schützen. Ob das Problem der Bodenversiegelung aufgrund der subsidiären Zuständigkeiten in der Raumordnung aufgegriffen werden kann, ist eher fraglich. Hierzu sind wohl eher nationale Lösungen notwendig.
Lösungen sind möglich
Eine besondere Rolle, um den zukünftigen Flächenverbrauch zu reduzieren, spielen die Bundesländer (sie sind für Raumordnung und Bodenschutz zuständig) und die Gemeinden (ihnen obliegt die Flächenwidmung). Im Bundesland Salzburg sollen mit der Novelle des Raumordnungsgesetzes Maßnahmen zur Schonung der Ressource Boden beschlossen werden. So soll mit der Einführung eines Infrastruktur-Bereitstellungsbeitrags erreicht werden, dass zukünftig Bauland rascher aktiv genutzt wird. Weiters ist für neu ausgewiesenes Bauland eine Befristung von zehn Jahren vorgesehen. Wird in dieser Zeit nicht gebaut, dann fällt dieses Land wieder in seine ursprüngliche Widmung, zum Beispiel Grünland, zurück. Insgesamt wäre eine bundesweit nachhaltige Siedlungsentwicklung, die Bodenversiegelung eindämmt und strategische Planung ermöglicht, auch in Österreich dringend erforderlich. Bauland, das bereits ausgewiesen ist, sollte der entsprechenden Nutzung zugeführt werden. Damit könnte mittel- und langfristig der Bodenverbrauch reduziert sowie leistbares Wohnen ermöglicht und aktiver Bodenschutz garantiert werden.
Dieser Beitrag ist in Langfassung in der Zeitschrift Wirtschaft und Umwelt 2/2017 erschienen.