Innerhalb von drei Jahrzehnten hat sich Österreich vom Umweltmusterland zum Klimaschutzversager gewandelt. Statt wie vereinbart den CO2-Ausstoß zu senken, ist dieser sogar noch weiter angestiegen. Einen großen Anteil an dieser Entwicklung hat der Verkehrssektor. Das mag überraschend klingen, sehen wir uns doch selbst als fleißige Bahn- und Öffi-FahrerInnen. Eine eingehende Analyse ist also notwendig.
Das Kyoto-Protokoll
Durch das Kyoto-Protokoll hatte sich Österreich völkerrechtlich verpflichtet, seine Treibhausgasemissionen des Jahres 1990 bis zum Zeitraum 2008/2012 um 13 Prozent zu reduzieren. Das Ziel wurde tonnenweit verfehlt: Österreich steigerte sogar seinen Ausstoß an Klimagasen in dieser Zeitspanne um drei Prozent und musste für fast eine halbe Milliarde Euro Verschmutzungsrechte nachkaufen. Auch ob die mit der EU akkordierten Reduktionsziele für 2020 und 2030 von Österreich erreicht werden, ist bei der derzeitigen Klimapolitik sehr fraglich.
Wie folgende Grafiken zeigen, ist der Verkehrssektor ein starker Treiber für diese Fehlentwicklung. Er ist aktuell für 28 Prozent von Österreichs Treibhausgasemissionen verantwortlich. Der Verkehrssektor ist DER Ausreißer seit 1990, dem Bezugsjahr des Kyoto-Abkommens.
Folgende Grafik zeigt den Anstieg der Emissionen detaillierter. Was an ihr ebenfalls auffällt, ist der große Anteil, den der so genannte Tanktourismus (= Kraftstoffexport) an den CO2-Emissionen hat.
Das liegt daran, dass diese aus den im Inland verkauften Treibstoffmengen errechnet werden. Österreich hat ganz offensichtlich die Politik gewählt, durch relativ niedrige Dieselpreise Mineralölsteuer zu kassieren, die eigentlich dem Fiskus der Nachbarländer zustehen würde. Gute Nachbarschaft sieht anderes aus!
Doch die Probleme mit dem billigen Diesel sind vielfältiger:
Dieser stellt eine Förderung der Frächter dar und schadet damit dem Güterverkehr auf der Schiene.
Generell sind niedrige Treibstoffpreise ein Anreiz für mehr Verkehr.
Die steuerliche Bevorzugung hat dazu geführt, dass Österreich ein Land der DieselfahrerInnen geworden ist. 57 Prozent aller PKW-Neuzulassungen sind dieselbetrieben. Als Folge davon haben wir in Österreichs Städten ein massives Gesundheitsproblem mit Luftschadstoffen (Feinstaub, Stickoxide). Die aktuell bekannt gewordenen Tricksereien des VW-Konzerns wirft ein Schlaglicht darauf: Statt mit erprobten Technologien den Schadstoffausstoß in legalen Bahnen zu halten, wurde aus Gründen der Kostenersparnis und Profitmaximierung betrogen. Die Konsequenzen atmen wir alle ein.
Daher fordert das Bündnis „Wege aus der Krise“ – die vida ist Teil davon – eine schrittweise Angleichung der Mineralölsteuer für Diesel an jene von Benzin. Gerade in Zeiten niedriger Rohölpreise sollte dies problemlos durchführbar sein.
Infrastrukturausbau
Die Bahn war noch in der ersten Hälfte des 20 Jahrhunderts das dominierende Verkehrsmittel, doch in der Nachkriegszeit holte das Auto stark auf. Es wurde massiv in den Ausbau der Straßeninfrastruktur investiert, während die Bahn als Auslaufmodell angesehen wurde. Neue Autobahnen bündeln nicht nur den bestehenden Verkehr, sondern erzeugen durch bessere Erreichbarkeit und höhere Geschwindigkeiten zusätzlichen Verkehr.
Tabelle: Entwicklung des ÖBB-Bahnnetzes und Länge der Autobahnen und Schnellstraßen in Österreich:
Entwicklung Streckennetz [km]
1970
1980
1990
2000
2010
ÖBB-Schienennetz
5.901
5.857
5.783
5.690
4.975
Autobahnen & Schnellstraßen
494
1.043
1.778
1.933
2.185
Quelle für Tabelle und folgende Grafik: „Verkehr in Zahlen 2011“ (www.bmvit.gv.at)