Hypo Group Alpe Adria (HGAA) und Kommunalkredit: beide wurden durch Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen vor einer möglichen Abwicklung bewahrt. Der Vertrag über die Arbeitsweise der EU sieht für die Entscheidung, ob derartige Beihilfen zulässig und mit dem Gemeinsamen Binnenmarkt vereinbar sind, die alleinige Entscheidungskompetenz der EU-Kommission vor. Diese stimmte im Jahr 2009 (HGAA) bzw 2011 (Kommunalkredit) zu, dass beiden Banken mit Staatsgeld kräftig unter die Arme gegriffen werden durfte. Die Bankenpakete machten in Österreich insgesamt rund 3 % des BIP aus, Österreich hat bis dato bereits rund 3,9 Milliarden Euro mit den Bankenpaketen verloren. Nachdem also die Verluste im Rahmen der Beihilfepakete rasch sozialisiert worden waren, scheint es, dass nun die EU-Kommission eine vorzeitige Privatisierung potentieller Gewinne verlangt.
So wird es jedenfalls von der österreichischen Politik kommuniziert. Ist dies tatsächlich die unvermeidliche Konsequenz aus den Beihilfeentscheidungen – muss also Österreich seine Banken trotz anhaltender Finanzkrise schnell verscherbeln? Beispiele in Europa zeigen, dass dem nicht so sein muss.
Verkaufsdruck verteuert Bankenrettung
Seit Frühjahr 2013 jagen einander Sitzungen zwischen österreichischer Finanzministerin und EU-Wettbewerbskommissar Almunia, weil Österreich angeblich seinen Verkaufspflichten bezüglich der beiden Bankenhäuser, wie in den beiden Beihilfenentscheidungen festgelegt, nicht nachkommt. Doch bei der derzeitigen Situation des Finanzmarktes erweist sich ein solcher Verkauf als äußerst schwierig und damit wohl auch als besonders teures Verlustgeschäft für die Republik. Die Frohbotschaft vom 4.Juni 2013, dass endlich die HGAA verkauft wurde, ist nur teilweise froh. Erstens musste deutlich unter Buchwert verkauft werden, zweitens wurde tatsächlich nur die Österreichtochter verkauft. Der belastete CEE (Central and Eastern Europe)-Teil verbleibt der Republik – unverkäuflich im Moment – so wie die Kommunalkredit.
Muss die Republik nun im Finanzsektor Klinken putzen gehen, um ihre beiden Bankenhäuser anzubringen, weil das EU-Recht das fordert? Oder sollte sie nicht – im Sinne eines sorgsamen Umgangs mit dem Staatshaushalt – eine kurze Nachdenkpause einlegen und sich in Europa umschauen? An der Spitze steht Großbritannien mit der Verstaatlichung von 8 Banken. Aber auch in Irland sind Staatsbanken seit Krisenausbruch zu finden, ebenso wie in Belgien und Holland. Sie alle wurden mit öffentlichen Geldern – wenn man so will künstlich – auf dem Markt gehalten und sind Beihilfenfälle.
Einmal schlecht verhandelt – immer schlecht verhandelt?
Allein, im Rahmen der Genehmigung durch die EU-Kommission haben einige dieser Mitgliedstaaten eine „Notfallklausel“ ausgehandelt: Sollte zum vereinbarten Verkaufszeitpunkt nach wie vor eine schwere Störung der Finanzmärkte vorliegen, sodass keine KäuferInnen ein ernst zu nehmendes Angebot legen, das die üblichen Kommissionsbedingungen (Gewährleistung finanzieller Stabilität, Marktanteil unter 15%) erfüllt, so kann die EU-Kommission einer Terminverschiebung zustimmen.
Leider enthalten die EU-Kommissionsentscheidungen zu den beiden österreichischen Bankhäusern keine derartigen Klauseln. Darauf wurde wohl in der Hitze des Rettungsgefechtes für die beiden Banken vergessen.
Die bisherige Taktik der österreichischen Politik, nämlich Zuwarten und Hinauszögern der Verhandlungen mit der EU-Kommission ist keine Option. Hier gilt der Grundsatz: je mehr Zeit verstreicht, desto teurer wird es für die Republik Österreich. Sie müsste dringend von der EU-Kommission einen Verkaufsaufschub unter Berufung auf die Notfallklausel fordern, die den anderen Mitgliedstaaten zugestanden wurde. Gleichzeitig muss ein neuer Restrukturierungsplan ausgearbeitet werden, der beide Banken zu ihrem ursprünglichen Geschäftsmodell – Konzentration auf Kerngeschäfte – zurückführt, und eine budgetschonende Bereinigung der Altlasten vorsieht. Ansonsten droht die Abwicklung der Banken, möglicher Weise die teuerste Variante von allen.
Denn: staatliche Bank sind nicht per se des Teufels, wie der Mythos es oft haben will. Einerseits waren für die privatwirtschaftlich geführten Banken auf dem liberalisierten EU-Markt staatliche Hilfen von rund 1,6 Billionen Euro (13% des EU-BIP, S.31 im Link ) notwendig, um sie vor einem Kollaps zu bewahren und die Implosion des globalen Finanzsystems zu vermeiden.
Andererseits hat die EU-Kommission selbst im Verfahren zur Anglo Irish Bank im Jahr 2009 festgehalten, dass a) Art 345 Vertrag über die Arbeitsweise der EU die Eigentumsordnung der Mitgliedstaaten unberührt lässt und daher b) die Verstaatlichung an sich, also der Kauf von Aktien und die Übernahme von Vermögenswerten zum Marktpreis, keine Beihilfe ist.
Werden also die verbleibenden zurückstrukturierten Teile von HGAA und Kommunalkredit vom Staat weitergeführt und dienen noch dazu im Wesentlichen der Erfüllung von daseinsvorsorgeähnlichen Aufträgen (wie Gemeindefinanzierung, Finanzierung sozialen Wohnbaus uä) so kann ihre Existenz auch unter EU-rechtlichen Aspekten gerechtfertigt werden. Wohlgemerkt: solange sich der Eigentümer Staat wie ein Privatinvestor verhält.