Die Verfügbarkeit von leistbarem Wohnraum wird zunehmend als gesellschaftliches Problem wahrgenommen. Kosten für Wohnen steigen deutlich stärker als die Einkommen. Ein Bundesländervergleich zeigt, dass sozialer Wohnbau in allen Bundesländern mietkostensenkend wirkt. Entsprechend sollte dieser forciert werden. Ein blinder Fleck im türkis-grünen Regierungsprogramm.
Dersoziale Wohnbau in Österreich trug wesentlich dazu bei, dass die Standards derWohnversorgung – sowohl in quantitativer wie auch in qualitativer Hinsicht –ein im europäischen Vergleich relativ hohes Niveau erreichten. Die wichtigsteZielgruppe des sozialen Wohnbaus waren erwerbstätige Haushalte mit mittlerenEinkommen, die vorrangig in Städten Wohnraum nachfragten. Für armutsgefährdeteBevölkerungsgruppen wurde die Subjektförderung (Wohnbeihilfe) entwickelt. Diewohnungspolitischen Reformen seit den 1990er-Jahren waren in Österreich zwarnicht radikal, haben jedoch einen Einfluss auf die Mietpreisentwicklung.
Föderalismusreformund Lockerung der Mietregulierung
Auslöser war eine Föderalismusreform, die im Wohnbau und der Wohnversorgung zu einer Kompetenzverlagerung vom Bund zu den Ländern führte. Es erfolgte eine schrittweise Lockerung der strengen Regelungen von Mietpreisen und Mietverträgen, vor allem im privaten Mietwohnungssektor. Unter dem Druck einer restriktiven Haushaltspolitik erfolgte eine tendenzielle Reduktion der öffentlichen Ausgaben für die Wohnbauförderung. Die Ausgaben sanken deutlich von rund 1,3 Prozent des BIP zur Mitte der 1990er-Jahre auf unter 0,5 Prozent des BIP im Jahr 2018. Im Gegensatz zu einem EU-weiten Trend erfolgte in Österreich seit den 1980er-Jahren keine markante Schrumpfung des sozialen Wohnungssektors, obwohl zwei Maßnahmen gesetzt wurden, die auf eine Reduzierung der sozialen Wohnungsbestände abzielten. Erstens die Förderung der Kaufoption für Sozialwohnungen, die von gemeinnützigen Bauträgern angeboten wird. Zweitens veräußerte die ÖVP-FPÖ-Regierung zu Beginn der 2000er-Jahre jene gemeinnützigen Wohnbauträger, die im Eigentum des Bundes standen, an private Investoren. Diese Privatisierung betraf in Summe rund 58.000 Sozialwohnungen. Gegenwärtig verfügt Österreich immer noch über den zweitgrößten sozialen Wohnungsbestand nach den Niederlanden innerhalb der EU.
Sonderstellung von Wien
Innerhalb von Österreich hat der soziale Wohnbau – also die Summe aus Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen – eine sehr unterschiedliche Bedeutung. Wien hat nicht nur die höchste Mietquote – mehr als drei Viertel der Haushalte sind Mietwohnungen, sondern auch den höchsten Anteil an Gemeindewohnungen (23 Prozent aller Haushalte). Gleichzeitig weist Wien mit 20 Prozent auch einen hohen Anteil an Genossenschaftswohnungen auf. In Summe bedeutet dies, dass fast jede zweite Wohnform (43 Prozent) in Wien zu den Kategorien des sozialen Wohnbaus zählt. In anderen Bundesländern spielen Gemeindewohnungen eine vergleichsweise untergeordnete Rolle. Einen hohen Anteil an Genossenschaftswohnungen haben die Bundesländer Oberösterreich (21 Prozent) und Kärnten (19 Prozent). Sehr schwach ausgebaut ist der soziale Wohnbau in den Bundesländern Vorarlberg (in Summe 12 Prozent) und Burgenland (in Summe 14 Prozent).