Der Weg zu mehr leistbarem Wohnraum führt über eine kluge Raumordnungspolitik

13. September 2018

Steigende Mietpreise, Bevölkerungswachstum, junge Familien, denen die Suche nach einer größeren Wohnung nachts den Schlaf raubt: Viele der aktuellen Probleme unserer Zeit drehen sich um das Thema leistbares Wohnen. Um erschwinglichen Wohnraum zu schaffen, stehen Mechanismen aus dem Wohn- und Mietrecht, der Wohnbauförderung oder der Steuerpolitik zu Verfügung. Doch das Problem ließe sich bereits früher abfedern: mit einer klugen Raumordnungspolitik.

1. Leistbares Wohnen sollte im Raumordnungsrecht verankert werden

Raumordnungsziele und -grundsätze (wie Standorteignung oder Standortausstattung) können Fehlentwicklungen in der kommunalen Siedlungstätigkeit entgegenwirken. Die räumliche Anbindung an bestehende Siedlungsgebiete sowie die Berücksichtigung der infrastrukturellen Standorteignung führt letzten Endes auch zu niedrigeren Kosten für die dort lebenden Menschen. Einzelne Bundesländer versuchen, diesbezüglich Initiativen zu setzen, beispielsweise Wien mit der Beachtung der Ansprüche der Bevölkerung an zeitgemäßes Wohnen bzw. Tirol mit dem Anstreben angemessener Grundstückspreise bzw. Wohnungspreise. Im Bundesländervergleich überrascht jedoch die geringe Bedeutung von leistbarem Wohnen als gesetzliches Anliegen in der Raumordnung.

2. Leistbares Wohnen ist ein überörtliches Planungsthema – und sollte als solches platziert werden

In Gegenden mit hoher Entwicklungsdynamik und großen funktionalen Verflechtungsräumen, wie etwa dem Wiener Umland, ist das Thema leistbarer Wohnraum von besonders großer Bedeutung.

Um Flächen zu sichern und das Baulandangebot zu erhöhen, sollten Entscheidungsträger das Kirchturmdenken („Nur meine Gemeinde zählt!“) hinter sich lassen. Die Devise lautet: Gemeinsame Lösungen finden – über Gemeinde- und Landesgrenzen hinweg.

3. Spezifische Widmung unterstützt leistbaren Wohnraum

Das Reservieren geeigneter Flächen für den förderbaren Wohnbau bzw. geförderten Wohnbau durch Ausweisung im Flächenwidmungsplan sollte im Raumordnungsrecht verankert werden. Während durch den Zusatz „förderbarer Wohnraum“ nur auf die Tatsache abgezielt wird, dass der Bau grundsätzlich förderbar wäre, zielt die Widmungskategorie „geförderter Wohnbau“ dezidiert darauf ab, dass Fördermittel für den Bau verwendet werden. In manchen Bundesländern (beispielsweise in Salzburg) geschieht das bereits in Form von Vorbehaltsflächen für den „förderbaren Wohnbau“ – jedoch nicht als eigene Widmungskategorie. Wien geht aktuell mit der Einführung der Widmungskategorie „geförderter Wohnbau“ einen neuen Weg und versucht so, mehr leistbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Durch einen verstärkten Erfahrungsaustausch könnten auch andere Bundesländer davon profitieren.

4. Dichtebestimmungen sorgen für mehr Qualität

Ein zusätzliches Angebot an Wohnraum kann nicht nur durch zusätzliche Baulandwidmungen erfolgen. Eine Erhöhung der Bebauungsdichte an geeigneten Standorten ist eine gute Alternative. Durch die Festlegung von Bebauungsdichten kann unmittelbar auf Wohnbauten Einfluss genommen werden. Um eine qualitätsvolle Siedlungs- und Gemeindeentwicklung anzutreiben, sollten Mindest- und Maximaldichten für die Bebauung in die Überlegungen einfließen. Dies könnte und wird teilweise auch im örtlichen Entwicklungskonzept oder im Flächenwidmungsplan vorgegeben. Insbesondere im Bereich des geförderten Wohnbaus ist darauf zu achten, dass entsprechende Bebauungsdichten ermöglicht werden, um qualitativ hochwertige und lebenswerte Siedlungs- und Wohnstrukturen entstehen zu lassen.

5. Ein Mix an Maßnahmen soll Baulandmobilisierung vorantreiben

Das Ziel muss sein, dass geeignete Flächen in den Gemeinden, die Wohnungsbedarf aufweisen, zur Verfügung stehen. In den vergangenen Jahren wurde bereits in den Raumordnungsgesetzen der Länder versucht, die Verfügbarkeit von Bauland zu erhöhen. Dazu zählen: zeitliche Baulandwidmungen, Infrastrukturbeiträge, Baulandumlegungen sowie Bodengesellschaften oder Bodenfonds. Letztere sollen einen Beitrag zur aktiven Bodenpolitik leisten.

In den Bundesländern Österreichs werden die Maßnahmen zur Baulandmobilisierung unterschiedlich genutzt. Beispielsweise sieht das niederösterreichische Raumordnungsgesetz vor, dass Gemeinden bei Neuwidmungen von Bauland eine Befristung von fünf Jahren festlegen können – verstreicht die Frist und wurde nicht gebaut, kann innerhalb eines Jahres die Widmung entschädigungsfrei geändert werden. Aktive Bodenpolitik wird in einzelnen Bundesländern teilweise durch die Gemeinden selbst durchgeführt und teilweise auch von Landesseite unterstützt (bspw. in Salzburg durch die Baulandsicherungsgesellschaft mbH, §77 Salzburger Raumordnungsgesetz).

Fazit

Leistbares Wohnen beginnt mit der Zurverfügungstellung bzw. Sicherung entsprechender Flächen. Mit Instrumenten der Raumordnung kann darauf abgezielt werden. Dieser Hebel wird in der aktuellen Debatte rund ums Wohnen oft vernachlässigt. Ein Blick über den Tellerrand – hin zu einer modernen Raumordnungspolitik – kann auch helfen, die aktuelle Preis- und Kostenentwicklung im Bereich des Wohnens zu dämpfen.