„Österreicher sind ärmer als die Griechen“ hieß es in der Tageszeitung „Die Presse“. Aha, da schau her? Viel wurde in den letzten Tagen zu Vermögensunterschieden – sowohl beim Median als auch beim Durchschnitt des Nettovermögens – zwischen den Euroraumländern geschrieben.
Länderunterschiede waren für die HFC-Erhebung zu erwarten gewesen, sonst hätte man ja eine kleinere Stichprobe nur für den Euroraum ziehen können. Unterschiede bei Haushaltsgrößen (im Süden Europas größer als etwa in Deutschland oder Österreich), Immobilieneigentümerquoten, Pensions-, Gesundheits-, Bildungs- und Steuersystemen (Vermögens- und Erbschaftssteuer) markieren eine Vielzahl von noch zu erforschenden Einflussfaktoren von Vermögensungleichheit.
Doch jene, die sonst stets bezweifeln, dass Reichtum überhaupt definiert werden kann und die bei Armut beharrlich einwenden, dass sie ja doch nur relativ sei, meinen nun zu wissen, dass die Spanier reicher sind als die Deutschen. Die arm-reich Attribute, die im personellen Vergleich von Vermögenden so gefürchtet werden, weil sie zu jenen Gerechtigkeitsdebatten führen, die allemal Umverteilungsnotwendigkeiten zu den Schwächsten in der Gesellschaft belegen, scheinen beim Ländervergleich problemlos zu funktionieren. Die Südländer seien ohnedies reicher als die Zahlmeister im Norden. Und auf einmal scheint der pauschalierende Plural DIE Deutschen eine arme Gemeinschaft von Hartz IV Empfängerinnen und Milliardären zu schaffen.
Zu sprechen wäre aber über die Ungleichheit innerhalb der Länder, über die augenfällige Distanz zwischen Oben und Unten in den Gesellschaften. Gemeinsam ist den Ergebnissen des HFCS doch folgendes: ein kleiner Teil hat enorm viel und ein großer Teil der Bevölkerung hat wenig. Und Deng Xiaopings affirmative Erwartung, let some people get rich first, mutet angesichts der Vermögensdaten wenig realistisch an. Die Löwenanteile der obersten Perzentile am gesamten Vermögen bleiben stabil und leiden nicht mal in der Krise. Dies belegen die SCF Daten für die USA. Eine Analyse von Edward Wolff für die USA zeigt, dass der Anteil des obersten 1 % von 33,4% 2001 auf 35,4% 2010 angestiegen ist . Die Daten der Banca d´ Italia belegen, dass die obersten 10% in Italien ihren Anteil von 44% 2008 auf 46,1% 2010 ausgebaut haben. Dieser Befund trifft übrigens auch auf Spanien für den Zeitraum 2002-2009 zu (von 42,6% im Jahr 2002 auf 44,2% 2009) und – mit gebotener Datenvorsicht, weil SOEP-Daten mit PHF Ergebnissen verglichen werden – für Deutschland zu.
Macht hilft Vermögenden unbeschadet durch gute wie durch schlechte Zeiten zu kommen. Ihre Spuren reichen von den griechischen Inseln bis in den Norden und sind nicht in einzelnen Euroraumländern zu lokalisieren. In keinem Euroraumland ist eine auch nur annähernd egalitäre Gesellschaft zu finden. Wieso nicht? Warum gibt es im Vermögensbereich, anders als bei der Einkommensverteilung, keine skandinavischen Inseln der Gleichheit? Hat es etwas damit zu tun, dass Macht die entscheidende Vermögensfunktion bei Vermögenden ist? Viel spricht dafür, sonst würde endlich über ruinöse Folgen der Vermögenskonzentration auf die Demokratie gesprochen werden, über fehlende Legitimationen des Reichtums, und über die Verharmlosung des Reichtumsthemas auf Basis freiwilliger Haushaltserhebungen.