Der Wiedereinstieg ins Berufsleben ist für Eltern eine besondere Herausforderung, vor allem im ländlichen Raum. Sind nicht ausreichend institutionelle Betreuungs- und Bildungseinrichtungen vorhanden, müssen Mütter und Väter auf Hilfe innerhalb der Familie oder durch Bekannte und Freunde zurückgreifen. Eine aktuelle Studie stellt die Situation im ländlichen Raum am Beispiel des Mürztals dar.
Wiedereinstieg und Kinderbetreuung
Der Wiedereinstieg in die Erwerbsarbeit nach einer Elternkarenz ist für viele Familien – egal welcher Familienform und welchen Familientyps – eine Herausforderung. Die familiale Arbeitsteilung muss einmal mehr neu gestaltet werden; dies betrifft nicht nur Hausarbeit und Planungs- und Koordinationstätigkeiten, sondern auch die Kinderbetreuung innerhalb einer Familie.
Aus arbeitsmarktpolitischer Perspektive ist eine baldige Rückkehr auf den Arbeitsmarkt nach einer Elternkarenz zu unterstützen. Wie dies die einzelnen Familien jedoch handhaben, hängt von den eigenen Vorstellungen der AkteurInnen über ein gelingendes Familienleben ab. Auch die Familienministerin Sophie Karmasin hat im September 2014 verlauten lassen, dass Mütter nach der Kinderpause früher wieder in den Beruf einsteigen sollen. Schließlich führt eine lange Elternkarenz zu deutlich schlechteren Berufs-, Karrieren- und Einkommensverläufen und damit auch zu einer schlechteren sozialen Absicherung (Stichwort: Pensionsversicherungszeiten). Nun sind dies nicht unbedingt neue Erkenntnisse und Forderungen; in der Realität stehen Familien jedoch oft vor unüberbrückbaren Problemen bei der Kinderbetreuung, falls beide Elternteile einer Erwerbstätigkeit nachgehen wollen.
Ohne Kinderbetreuung kein Job
Gerade im ländlichen Raum sind die institutionellen Kinderbildungseinrichtungen, sofern überhaupt vorhanden, nur bedingt auf die Bedürfnisse von Familien abgestimmt. Das zeigt auch die qualitative Studie, bei der elf Personen mit Kinderbetreuungsaufgaben in sechs unterschiedlichen Gemeinden im Mürztal mittels problemzentrierten Interviews befragt wurden. Untersucht wurden die Aufgabenaufteilungen in unterschiedlichen Familien – von traditionellen bis zu egalitären Familientypen. Unter anderem konnten Erkenntnisse zu den Herausforderungen für Eltern bei der Suche nach einem Kinderbetreuungsplatz im Prozess des Wiedereinstiegs in das Erwerbsleben gewonnen werden.
Während in urbanen Regionen Eltern vor allem Probleme haben, einen Kinderkrippen- oder Kindergartenplatz für ihre Jüngsten zu bekommen, gibt es im ländlichen Raum noch weitere Aspekte zu berücksichtigen. Ein Ergebnis der Studie zeigt, dass alterserweiterte Kindergärten, also jene, in denen auch ein- bis dreijährige Kinder betreut werden, in der Untersuchungsregion zu selten sind. Dies hängt vor allem mit der geringen Kinderanzahl in manchen Gemeinden des Mürztals zusammen. Zum Beispiel gibt es in einer Gemeinde nur eine Kindergartengruppe mit wenigen Kindern, die älter als drei sind und keine eigene Kinderkrippengruppe.
Personen, die in dieser Gemeinde leben, können bei der Kinderbetreuung nur auf die Hilfe von Verwandten oder Freunden hoffen bzw. müssen in die nächste Gemeinde mit einer Kinderkrippe pendeln. Diese längeren Wegstrecken zu den Betreuungseinrichtungen, die oft nur mit dem Auto zurückgelegt werden können, werden als problematisch empfunden und sind hinderlich für einen Wiedereinstieg. Viele Elternteile sind nach einer Elternkarenz teilzeitbeschäftigt oder wollen Teilzeit arbeiten, und so müssen die Kosten für die institutionelle Kinderbetreuung und die Kosten für ein (Zweit-) Auto gegengerechnet werden, da das Einkommen von Elternteilen in Teilzeitbeschäftigung meist eher gering ist. Die Brisanz des Themas wird insofern sichtbar, als alle interviewten Personen das mangelnde Angebot von institutioneller elementarer Kinderbildungsrichtungen in der Region ansprachen.
Die befragten Personen mit Betreuungsaufgaben stehen teilweise auch vor dem Problem, dass die Arbeitszeiten immer flexibler werden, die institutionellen Kinderbetreuungs- und bildungseinrichtungen jedoch nicht oder zu wenig darauf reagieren. Diese geforderten flexiblen Arbeitszeiten stellen diese Familien vor große Herausforderungen. Für Befragte, welche auch am Wochenende arbeiten müssen, sind der andere Elternteil oder Verwandte und Bekannte die einzige Möglichkeit, einen Beruf auch ausüben zu können. Für Familien ohne private Hilfe ist dies ein gravierendes, fast unlösbares Problem. „Für mich war die Familie sehr wichtig. Die Mutter und Schwiegermutter für den Wiedereinstieg, weil ich nicht gewusst hätte, wie es mit den Kinderbetreuungseinrichtungen gewesen wäre, wie flexibel die sind. Und überhaupt am Wochenende, das wäre sonst nicht gegangen. Falls man Alleinerziehend ist, wüsste ich nicht, wie man das bewerkstelligen sollte. Meine Familie war sehr wichtig“ meint eine Interviewpartnerin dazu. Die restlichen befragten Personen argumentieren zu diesem Thema sehr ähnlich.
Arbeitgeber setzen voraus, dass Personen, die in die Erwerbstätigkeit wieder einsteigen wollen, die Betreuung der Kinder geregelt haben. Was umso schwieriger wird, wenn in der Region diese Kinderbetreuungsplätze nicht vorhanden oder für die Familie nur schwer leistbar sind und keine verwandtschaftliche Hilfe möglich ist. Ein Zitat einer Mutter veranschaulicht die Problematik: „Die fragen dich dann: „Ist die Betreuung geregelt?“ und du sagst: „Selbstverständlich“ und wenn die sagen: „Wie ist das am Wochenende arbeiten? Ist das ein Problem?“ sagst du: „Selbstverständlich nicht“. Die wollen keine Details, die wollen weder wissen, wer schaut, noch, ob das Kind betreut ist, noch, wie lange das Kind betreut ist, die wollen damit nix zu tun haben. Das hast du zum Regeln und du hast da zum Sitzen und zu sagen „Alles kein Problem“ dann kriegst du den Job“.
Fazit
Die Studie gibt einen sehr interessanten Einblick in die Lebenswelt von Personen mit Betreuungsaufgaben und deren Problemen. Wichtige Erkenntnisse aus dieser Arbeit zur familialen Arbeitsteilung – diese beinhaltet auch die Kinderbetreuung – und deren Auswirkung auf einen Wiedereinstieg ins Erwerbsleben helfen Familien, diesen in Zukunft besser gestalten zu können. So zeigt sich, dass ein Wiedereinstieg nur gelingen kann, wenn für die Betreuung der Kinder während der Arbeitszeit gesorgt ist. Dies mag trivial klingen, ist aber in Anbetracht der begrenzten institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen in dieser Region eine Herausforderung für Familien mit Kind(ern). Falls nicht der Partner Väterkarenz oder Kinderbetreuungsgeld bis zum 3. Geburtstag in Anspruch nimmt, gibt es gerade bei eineinhalb bis dreijährigen Kindern Schwierigkeiten, geeignete Betreuungseinrichtungen zu finden. Die Studie zeigt eindrucksvoll, dass ein Wiedereinstieg im Mürztal ohne die Hilfe von Verwandten oder Bekannten für viele nicht möglich wäre. Daher sind Kinderkrippen, Kindergärten und Tageseltern in der Region, die gut erreichbar, finanziell leistbar sind und flexible Öffnungszeiten haben, extrem wichtig. Dies bedeutet in weiterer Folge aber auch, dass für Schulkinder eine geeignete Nachmittagsbetreuung durchgesetzt werden sollte, wie dies auch die AK Befragung „Ohne Oma keine Chance“ zeigt.