Wer in einer geförderten Wohnung lebt, zahlt in der Regel deutlich weniger Miete als im privaten Markt. Diese Ersparnis kann als zusätzliches Einkommen aufgefasst werden, welches den Lebensstandard erhöht. Eine neue Studie beleuchtet erstmals die Effekte dieser Einkommensart auf die gesamte Verteilung der Haushaltseinkommen in Österreich.
Beim Vergleich zwischen geförderten und privaten Mietwohnungen ergibt sich das Zusatzeinkommen bei vergleichbaren Wohnungen schlicht und ergreifend aus der Preisdifferenz. Aufgrund der detaillierten Angaben zum Zustand von Haus, Umgebung und Wohnung im HFCS-Datensatz wird in einem Modell für jede Gemeindewohnung und jede Wohnung einer Gemeinnützigen Bauvereinigung – vulgo Genossenschaft – ein hypothetischer Markthauptmietzins geschätzt. Von diesem wird dann der tatsächlich bezahlte Hauptmietzins abgezogen und die positive Differenz, also gewissermaßen die Ersparnis, die übrig bleibt, wird als zusätzliches non-cash Einkommen des entsprechenden Haushalts verbucht. Bei Wohnungen Gemeinnütziger Bauvereinigungen wird zusätzlich die jährliche Abschreibung von einem Prozent auf den Finanzierungsbeitrag in Abzug gebracht.
Die Verteilungswirkungen der non-cash Einkommen
In der folgenden Tabelle sind Ergebnisse zu den non-cash Einkommen zusammengefasst.
Bruttohaushaltseinkommen, geschätzes non-cash Einkommen und Gesamteinkommen | |||
Mittelwert, in 1.000€ | Haushaltseinkommen | Non-cash Einkommen | Gesamteinkommen |
Miete bei Gemeinnützigen Bauvereinigungen | 36,0 | 0,8 | 36,8 |
Miete einer Gemeindewohnung | 32,6 | 0,9 | 33,5 |
Miete Privat | 34,6 | 0 | 34,6 |
Quelle: HFCS Austria 2010 |
Bei den MieterInnen von Wohnungen gemeinnütziger Bauvereinigungen ergibt sich im Mittel ein non-cash Einkommen von 800€ im Jahr. Bei den GemeindewohnungsmieterInnen sind es 900€ jährlich.
Über die gesamte Einkommensverteilung betrachtet ergeben sich folgende Effekte: Die non-cash Einkommen aus geförderten Mietwohnungen wirken über breite Teile der Einkommensverteilung, d.h. dass selbst einkommensreichere Haushalte absolut gesehen in ähnlichem Ausmaß profitieren wie einkommensärmere. Relativ zum Einkommen gesehen sinkt aber die Bedeutung der Förderung stark.
Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen
Vom geförderten Mietwohnangebot profitieren offensichtlich breite Bevölkerungsschichten und nicht nur die einkommensärmeren. Eine soziale Durchmischung unterschiedlicher Einkommensgruppen, die ja ein wesentliches Ziel der österreichischen Wohnungspolitik ist, ist also gegeben.
Räumliche Segregationstendenzen zu verhindern oder ihnen zumindest bestmöglich entgegen zu wirken, ist gesellschaftspolitisch ein zentrales Ziel. Österreich ist hier im internationalen Vergleich ein Vorzeigeland und das wurde ermöglicht, weil hierzulande entgegen dem internationalen Trend an zwei bewährten wohnpolitischen Instrumenten festgehalten wurde.
Erstens blieb der Fokus in der Wohnbaupolitik immer auf der Objektförderung. Damit hat die Politik den steuernden Einfluss auf das Wohnungsangebot nie ganz aus der Hand gegeben, auch wenn der Handlungsspielraum in der Wohnbauförderung durch die abgeschaffte Zweckbindung verringert wurde. Zweitens kam es – mit Ausnahme der BUWOG-Affäre, die deutlich genug gezeigt hat, worum es bei solchen Verkäufen wirklich geht – bisher zu keinen Privatisierungen von sozial gebundenem Wohnraum.
Kontinuitiät in der Wohnpolitik wirkt
Die Gemeinde Wien ist nach wie vor die größte Wohnungseigentümerin im Land und die Zahl der ausfinanzierten Wohnungen Gemeinnütziger Bauvereinigungen (wo die Darlehen für die Errichtungskosten gänzlich getilgt werden und der Hauptmietzins gemäß Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz daher abgesenkt werden muss) nimmt jährlich um mehrere Tausend zu. Die Zahl der qualitativ hochwertigen Wohnungen die auch für die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft im Falle einer Wiedervermietung erschwinglich sind, steigt also laufend an.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass vor allem auch im untersten Quartil der Einkommensverteilung non-cash Einkommen im geförderten Mietwohnungssegment lukriert werden. Naturgemäß fallen sie dort relativ zum Einkommen am höchsten aus. Das kann als Beleg dafür gewertet werden, dass eine Wohnpolitik, welche gleichsam auf Objektförderung im Neubau und auf Bestandssicherung beziehungsweise Bestandsausweitung im preisgeregelten Mietwohnungssegment setzt, langfristig zu wünschenswerten Ergebnissen führt.
In der großen Verteilungsstudie des WIFO von Guger et al. war man auf Basis der Konsumerhebung zum Schluss gekommen, dass durch die Wohnbauförderung „von einer Umverteilung eher zugunsten der oberen Einkommensschichten auszugehen“ ist (Guger et al. 2009: 299). Hier wurden allerdings nur Haushalte, welche direkt ein Wohnbauförderungsdarlehen bezogen hatten, analysiert. Das können per Definition nur HäuslbauerInnen und WohnungseigentümerInnen sein. Dass in diesem Segment die Einkommen überdurchschnittlich sind, haben auch die oben präsentierten Resultate gezeigt.
Allerdings kann die Wohnbauförderung auch indirekt bei den Menschen ankommen, nämlich dann, wenn eine geförderte Mietwohnung bezogen wird. Beziehungsweise profitieren auch solche Haushalte indirekt von der Wohnbauförderung, die in bereits ausfinanzierte Wohnungen ziehen, welche ehedem unter Inanspruchnahme von Förderungsmittel erreichtet wurden und die heute preisgeregelt zur Verfügung stehen.
Die Resultate unserer Studie zeigen jedenfalls, dass es im untersten Einkommensviertel eine erhebliche Zahl von Haushalten gibt, die für Wohnungen vergleichbarer Qualität im privaten Segment deutlich höhere Mieten zahlen müssten und denen die österreichische Wohnpolitik demnach zu einem spürbar höheren Lebensstandard verhilft.