Die Zahl der registrierten Arbeitslosen liegt um etwa 90.000 über dem Niveau vor der Finanz- und Wirtschaftskrise. Im derzeitigen Konjunkturabschwung droht sie neuerlich zu steigen. Wir brauchen deshalb dringend ein Konjunkturpaket, das noch vor dem Sommer beschlossen werden soll und mit den Schwerpunkten Qualifizierung, Investitionen in Klimaschutz und Ausbau der sozialen Dienste darauf ausgerichtet ist, einen Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verhindern und den Wohlstand zu erhöhen.
Österreichs Konjunktur im Abschwung
Österreichs Konjunktur befindet sich im Abschwung. Damit ist der markante Konjunkturaufschwung vorbei, der von Mitte 2015 bis Mitte 2018 andauerte. Ausgehend von einer Abschwächung der wirtschaftlichen Entwicklung bei unseren wichtigen Handelspartnern Deutschland und Italien sowie steigender Unsicherheit durch die ungesunde Mischung aus Handelskonflikten, Schwellenländerkrisen und Brexit-Chaos, ist auch in Österreich Ende 2018 der Anstieg der konjunktursensiblen Industrieproduktion und der Ausrüstungsinvestitionen zum Erliegen gekommen. Die Konjunkturprognosen der kommenden Monate dürften das Wirtschaftswachstum 2019 – wahrscheinlich in mehreren Schritten – aus heutiger Sicht auf real 1 bis 1½ Prozent revidieren.
Ein Wachstum von nur noch 1 Prozent wäre unter Wohlstandsgesichtspunkten beileibe kein Drama. Es würde geringfügig über dem Bevölkerungswachstum liegen, im Durchschnitt würden also die Wirtschaftsleistung und die Einkommen pro Kopf etwa konstant bleiben – und das auf sehr hohem Niveau. Die Daten passen allerdings in das Bild einer säkularen Stagnation, das die wirtschaftliche Entwicklung der Industrieländer spätestens seit der Finanzkrise prägt.
Zahl der Arbeitslosen droht bereits wieder zu steigen
Mit dem Konjunkturabschwung geht allerdings eine entscheidende negative Entwicklung einher: Die Zahl der Arbeitslosen, die vorerst noch immer merklich sinkt, könnte im Lauf des 2. Halbjahres 2019 wieder zu steigen beginnen. Der neuerliche Anstieg der Arbeitslosigkeit erfolgt von einem hohen Niveau aus: Die Zahl der beim AMS registrierten Arbeitslosen (ohne arbeitslose SchulungsteilnehmerInnen) liegt bei fast 300.000 (davon etwa 100.000 Langzeitbeschäftigungslose), die nach traditioneller österreichischer Methode berechnete Arbeitslosenquote bei 7¼ Prozent der unselbstständigen Erwerbspersonen. Zu Beginn des letzten Abschwungs 2008 lag das Niveau der Arbeitslosigkeit bei 210.000 (30.000 Langzeitbeschäftigungslose) bzw. 5,9 Prozent. Die Erfahrung lehrt: Arbeitslosigkeit, die in der Rezession entsteht, muss sofort aktiv bekämpft werden, sonst droht sie dauerhaft zu werden. Bereits jetzt steigt die Arbeitslosigkeit für einige Personengruppen, die es auf dem Arbeitsmarkt besonders schwer haben: Bei den über 55-Jährigen verzeichnen wir seit Oktober 2018 im Vorjahresvergleich steigende Arbeitslosigkeit (Februar: +2.000); das ist auch eine Folge der mutwilligen, ohne Evaluierung und gegen den ExpertInnenrat erfolgten Abschaffung der innovativen Aktion 20.000 für ältere Langzeitarbeitslose.
Der Anstieg der Arbeitslosigkeit ist die gefährlichste Folge des Wirtschaftsabschwungs. Sie kann bei den Betroffenen lange anhaltende Einkommensverluste bewirken, den Ausgangspunkt für den Verlust von Qualifikationen und Langzeitarbeitslosigkeit bilden, raubt den Unternehmen Arbeitskräftepotenzial und bringt erhebliche Kosten für den Staatshaushalt vor allem durch entgangene Abgabeneinnahmen mit sich.
OECD fordert budgetpolitischen Impuls
Brauchen wir also ein Konjunkturpaket? Die OECD spricht sich im jüngsten Economic Outlook für einen budgetpolitischen Impuls aus, und auch in Deutschland, wo die wirtschaftspolitische Debatte sonst oft von eigenartigen neoliberalen Ideologien geprägt ist, wird die gezielte Ausweitung öffentlicher Investitionen im Konjunkturabschwung heute breit unterstützt. Dies, weil einerseits Spielraum und Wirkung zusätzlicher geldpolitischer Maßnahmen der EZB potenziell gering sind und andererseits die Ausweitung öffentlicher Investitionen nicht nur aus kurzfristigen konjunkturpolitischen, sondern auch aus langfristigen wohlstandsorientierten Überlegungen dringend notwendig ist.
Konjunkturpaket für Österreich: Investitionen in Qualifizierung, kommunale Infrastruktur und Klimaschutz