Am 29. Juni 2017 kam mit der Aktion 20.000 eine Gesetzesänderung zur Abstimmung, die für viele Frauen und Männer sehr relevant sein wird. Aktuell sind in Österreich rund 50.000 Menschen über 50 Jahre langzeitbeschäftigungslos. Das bedeutet, dass sie trotz Arbeitswillen und Arbeitsfähigkeit seit über einem Jahr keine Anstellung finden. Mit der Aktion 20.000 bietet sich die Chance, zumindest einem Teil dieser Menschen eine sinnvolle Beschäftigung in Gemeinden und Sozialen Unternehmen anzubieten.
Mit der Aktion 20.000 soll die Langzeitarbeitslosigkeit in dieser Gruppe bis 2019 halbiert werden. Der Bund übernimmt dafür die Lohn- und Lohnnebenkosten – bis zu 100 Prozent – für vorläufig maximal zwei Jahre. Pro Arbeitsplatz sind das durchschnittlich 27.000 Euro jährlich. Damit liegen die Kosten lediglich 10.000 Euro über jenen für Langzeitarbeitslose (aktuelle 17.000 Euro jährlich aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung). Auch von den restlichen Kosten fließt ein beträchtlicher Teil beispielsweise durch Sozialversicherungsabgaben wieder zurück an den Staat.
Vom 1. Juli 2017 bis 30. Juni 2019 werden insgesamt 778 Millionen Euro für dieses Programm zur Verfügung gestellt. Die Umsetzung der Beschäftigungsaktion 20.000 erfolgt durch das Arbeitsmarktservice. Bestehende Arbeitsplätze sollen nicht ersetzt werden. Es sollen ausschließlich Jobs geschaffen werden, die ohne Beihilfen nicht realisierbar wären.
Das Besondere an der Aktion 20.000 ist, dass alle eingeladen waren und sind, über sinnvolle und produktive mögliche Arbeitsplätze nachzudenken: AMS-Regionalgeschäftsstellen gemeinsam mit Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern und Sozialen Unternehmen. Gerade Soziale Unternehmen bündeln Erfahrungswissen über regionale Arbeitsmärkte und Know-how beim Thema Beratung, Beschäftigung und Integration von langzeitarbeitslosen Menschen.
Warum braucht es solche Jobs eigentlich?
Die momentane Situation am Arbeitsmarkt bietet längst nicht genug Arbeitsplätze für jene, die einen Job wollen und benötigen – gerade bei älteren Personen trifft das besonders zu. Es zeigt sich, dass heute schon das Geburtsdatum allein als Hürde wirkt und Menschen bei einem Jobverlust keine neue Stelle mehr finden lässt. Menschen über 50 Jahre sind nicht alt, dennoch müssen sie unglaublich oft erleben, dass sie allein aufgrund ihres Alters nicht mehr gewollt und gebraucht werden. Für Menschen über 55 Jahre sinkt die Integrationswahrscheinlichkeit in den Arbeitsmarkt überhaupt de facto gegen Null. Und dies, obwohl die Realität zeigt, dass von einer altersmäßigen Durchmischung alle Beteiligten profitieren.
Welche Jobs werden bei der Aktion 20.000 geschaffen?
Es wird ein sehr breites Spektrum an Jobs für alle Qualifikationsniveaus angeboten. Diese Jobs reichen von Arbeiten im administrativen Bereich, für die man mittlere Qualifikationen wie z. B. einen Lehrabschluss braucht (Bürofachkraft) und Jobs, die höhere Qualifikationen voraussetzen (etwa für Tätigkeiten im Bereich Stadtentwicklung/Stadtplanung oder in Bauabteilungen). Auch das Berufsspektrum ist sehr breit. Es reicht von Büroberufen über IT-Berufe, handwerkliche bzw. technische Berufe sowie Sozialberufe bis hin zu Hilfstätigkeiten in diesen Bereichen. Außerdem wird es viele Jobs in Kindergärten, Schulen und bei gemeindenahen Einrichtungen geben. In Wien etwa werden „AlltagsbegleiterInnen“ für die 30 PensionistInnenwohnheime gesucht. Diese sollen die BewohnerInnen z. B. beim Einkaufen unterstützen, sie zum Facharzt begleiten, im Alltag unterstützen bzw. ihnen vorlesen. Gesucht werden auch handwerkliche Tätigkeiten wie etwa SchlosserInnen oder auch SozialpädagogInnen und mehrsprachige FreizeitpädagogInnen für die Flüchtlingsbetreuung.
Bei den Sozialen Unternehmen geht es um Jobs in fast allen Branchen: im Bereich Tischlerei und Holzverarbeitung, für Naturparks, im Bereich Upcycling und Recycling, im Bereich Übersiedlungen und Mobilität, bei der Kinderbetreuung und in regionalen Dienstleistungszentren, wo zum Beispiel wieder Postdienstleistungen angeboten werden können, wenn es eigene Filialen der Post nicht mehr gibt.
Wie werden Menschen für diese Jobs qualifiziert?
Es wird stark kompetenzorientiert gearbeitet. Es geht also nicht nur um die formale Qualifikation der Menschen, sondern auch um ihre Erfahrung. Das ist ja die große Stärke von Älteren. Vielleicht haben sie eine Qualifikation nie erlernt, aber Komponenten davon in früheren Jobs ausgeführt. Es geht also auch darum, Menschen zu befähigen, ihre eigenen Kompetenzen wahrzunehmen und zugänglich zu machen. Auch hier können Soziale Unternehmen unterstützen und begleiten, diese Kompetenzen zu erheben und auch sichtbar zu machen.
Wie kann es nach zwei Jahren weitergehen?
Die Aktion 20.000 ist eine große und einmalige Chance, dass sich Menschen in sinnvollen Jobs in Gemeinden und Sozialen Unternehmen bewähren können. Damit genau diese Menschen nach dem Auslaufen des Zweijahresprogramms nicht wieder auf Arbeitssuche geschickt werden, braucht es dauerhaft geförderte Arbeitsplätze. Diese könnten vor allem bei den Gemeinden selbst, aber auch in Sozialen Unternehmen entstehen. Solche dauerhaften Stellen sind derzeit (noch) nicht vorgesehen. Aber für viele Menschen, die kurz vor der Pensionierung stehen, sind Jobs, wie sie im Rahmen der Aktion 20.000 geschaffen werden, ein idealer Übergang. Für andere können genau diese Jobs auch eine völlig neue Perspektive in einer Tätigkeit bieten, die sie bisher nicht ausgeübt haben. Hier kann über weitere Qualifizierungen auch eine längere Erwerbsperspektive entstehen. Damit können Menschen gesünder und erfüllter älter werden – und alle werden davon profitieren.
Es braucht ein Umdenken in Wirtschaft und Gesellschaft
Insgesamt brauchen Modelle wie die Aktion 20.000 eine starke Einbettung in eine Vielzahl von konkreten Initiativen. Am wichtigsten ist vor allem ein Umdenken in der Wirtschaft und Gesellschaft, um das Problem der Arbeitslosigkeit bei Menschen über 50 gemeinsam in den Griff zu bekommen. Gerade die sogenannten Älteren sind am Arbeitsplatz oft hochmotiviert, weil sie wissen, dass ihnen der Arbeitsmarkt nicht gerade offen steht. Viele Erfahrungen auf betrieblicher Ebene zeigen außerdem, dass von einer altersmäßigen Durchmischung in Betrieben alle Beteiligten profitieren. Unsere Gesellschaft wird älter und damit sind wir alle vor die Herausforderung gestellt, Ältere am Arbeitsplatz ernst zu nehmen, ihnen Chancen und Perspektiven zu bieten und eine alter(n)sgerechte Arbeitswelt der Zukunft schon jetzt vorzubereiten.