Die beschlossenen Pensionsreformen und die demographischen Veränderungen verschärfen in den kommenden Jahren die Situation der Älteren am Arbeitsmarkt und und stellen eine beträchtliche Herausforderung für die sozialen Systeme dar. Der Politikwechsel „Arbeitsmarkt statt Pension“ ist ab 2014 in einem beachtlichen Ausmaß angelegt, das durch die Demographie eine zusätzliche Steigerung erfährt. Doch der Wechsel erfasst nur eine Seite der Marktteilnehmer. Das heißt im Klartext, der Druck auf ältere, auf arbeitslose und auf gesundheitlich beeinträchtigte ArbeitnehmerInnen wird erhöht. Sie werden an Maßnahmen der beruflichen und medizinischen Rehabilitation, an Case-Managment-, an Beratungs- und sonstigen Integrationsprozessen mitwirken müssen. Kurz, es sind alle Anstrengungen zu unternehmen, alle Möglichkeiten auszuschöpfen und alle Chancen zu wahren, um in Beschäftigung oder am Arbeitsmarkt zu bleiben. Wobei die Grenzen des Zumutbaren weit gesteckt sind; Hüft- oder Knieoperationen, psychiatrische Behandlungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit, sind – bei sonstigem Leistungsverlust – jedenfalls zumutbar (wenn kein besonderes Risiko mit ihnen verbunden ist).
Nach aktuellen Einschätzungen wird die Zahl der Erwerbspersonen in der Altersgruppe 55+ bis zum Jahr 2020 aufgrund der Maßnahmen im Pensionsbereich und bei Berücksichtigung der Demographie um ca 220.000 Personen ansteigen. Etwa die Hälfte davon sind Frauen, für die vorzeitige Pensionsmöglichkeiten weitgehend abgeschafft wurden. Hinzu kommen bis zum Jahr 2020 rund 40.000 Menschen in der Altersgruppe bis 55, die aufgrund der Invaliditätspensionsreform (Abschaffung der befristeten Invaliditätspension, Rehab vor Pension, etc) am Arbeitsmarkt bleiben und bestmöglicher Rahmenbedingungen bedürften, um sie möglichst dauerhaft wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
Doch von bestmöglichen Rahmenbedingungen sind wir weit entfernt. Im Gegenteil, die Situation der Älteren und gesundheitlich Beeinträchtigten ist laut Arbeitsmarkt im Fokus jetzt schon äußerst schwierig.
Unternehmen beschäftigen zu wenige Ältere
Wiewohl die Arbeitgeberseite nicht müde wird, den policy change „Arbeitsmarkt statt Pension“ einzufordern, sind die Unternehmen bislang außer obligo. Vergleichbare Mitwirkungspflichten, wie sie den ArbeitnehmerInnen verordnet wurden, sind auf Arbeitgeberseite nicht zu finden, obwohl gerade die Unternehmen gefordert sind, ihr Einstellungs- und Beschäftigungsverhalten zu ändern.
Eine aktuelle Studie der Arbeiterkammer zeigt extreme Unterschiede bei der Älterenbeschäftigung. Von den 290.000 Betrieben, die in Österreich ArbeitnehmerInnen beschäftigen, sind nur 90.000 auf dem Arbeitsmarkt der 55+ Jährigen aktiv. 200.000 Betriebe beschäftigen keine Älteren. Diese Aussage ist jedoch durch den Einwand zu relativieren, dass von Kleinbetrieben mit wenigen Mitarbeitern nicht erwartet werden kann, dass sie eine Älterenquote erfüllen. Die Studie hat daher den Fokus auf Betriebe eingeschränkt, die 20 und mehr ArbeitnehmerInnen beschäftigen. Das sind österreichweit rund 22.600 Betriebe (8 % aller Betriebe), die allerdings in Summe 2,4 Millionen ArbeitnehmerInnen beschäftigen. In diesen 8 % der Firmen arbeiten damit 75 % aller unselbstständig Beschäftigten.
Auch die Betrachtung dieser 22.600 Betriebe zeigt dieselben Extreme bei der Älterenbeschäftigung. 4.200 Betriebe, oder jeder fünfte Betrieb mit mehr als 20 Arbeitnehmern, beschäftigt keinen oder nur kurzzeitig einen Älteren. Bei lediglich 1/3 der Betriebe ist der Anteil der Älteren an der Gesamtbelegschaft größer als 10 %. (siehe Grafik, credit Gerhard Jordan).