Geisterfahrt für Goliath: Regierung mit neuen Goodies für hochprofitable Großunternehmen

07. Oktober 2021

Im Zuge der Corona-Krise machte die türkis-grüne Regierung etliche Milliarden an staatlichen Subventionen für Unternehmen locker. Dagegen erlitten viele Arbeitnehmer/-innen durch Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit Einkommensverluste und wurden kaum zusätzlich unterstützt. Damit nicht genug: Die Regierung teilt nun im Zuge der Steuerreform – ohne jede Notwendigkeit und wirtschaftliche Vernunft – auf Staatskosten neue Geschenke an Unternehmen aus: Das teuerste davon stellt die Senkung des Körperschaftsteuersatzes dar, von der vor allem die größten und profitabelsten Kapitalgesellschaften bzw. deren Eigentümer/-innen profitieren. Klein- und Mittelbetriebe gehen überwiegend leer aus. Gespart wird bei Arbeitnehmer/-innen und Pensionist/-innen, denen durch die kommende Tarifsenkung nicht einmal die kalte Progression ausgeglichen wird.

Die geplante Senkung des Körperschaftsteuersatzes von 25 auf 23 Prozent kostet viel und bringt wenig. So zeigt eine aktuelle internationale Meta-Studie, dass die Reduktion von Unternehmenssteuern keine statistisch signifikanten Wachstumsimpulse auslöst. Laut einer Simulation des Ifo-Instituts sind auch keine bedeutenden Investitionseffekte zu erwarten.

Der Einnahmenentfall durch die geplante KÖSt-Senkung wird auf rund 800 Millionen Euro pro Jahr taxiert. Es passt nicht recht zusammen, dass Finanzminister Blümel sobald wie möglich zurück zum Sparkurs und gleichzeitig Steuergeld an die Reichsten verschenken will. Österreich ist EU-Spitzenreiter bei Corona-Unternehmenssubventionen und braucht deshalb die KÖSt-Einnahmen umso dringender. Das sehen auch knapp zwei Drittel der heimischen Bevölkerung so, die laut einer aktuellen IHS-Studie eine stärkere Besteuerung von großen Unternehmen zur Finanzierung der Corona-Maßnahmen befürworten.

Wer profitiert von der KÖSt-Senkung?

Nicht einmal ein Fünftel der österreichischen Unternehmen unterliegt der Körperschaftsteuer, da die meisten heimischen Betriebe als Einzelunternehmen oder Personengesellschaften organisiert sind. Körperschaftsteuerpflichtig sind nur die Rechtsformen Aktiengesellschaft und GmbH. An 80 Prozent der heimischen Betriebe geht diese Steuersenkung also spurlos vorüber. Hingegen zahlt das gewinnstärkste 1 Prozent der körperschaftsteuerpflichtigen Unternehmen fast zwei Drittel des KÖSt-Aufkommens. Dieses eine Prozent profitiert somit am stärksten und vereint zwei Drittel der KÖSt-Senkung auf sich.

Übrigens schwimmen die heimischen Kapitalgesellschaften in Geld: Sie verfügen aktuell über Liquiditätsreserven von 97 Mrd. Euro. Auch von dieser Seite gibt es also keinen Unterstützungsbedarf. Die profitablen, hochliquiden Großunternehmen werden beschenkt, während das Rückgrat und der Arbeitsplatzgenerator der österreichischen Volkswirtschaft, die hart von der Krise getroffenen Klein- und Mittelbetriebe, von der KÖSt-Senkung weitgehend ausgespart bleiben.

Österreichs Regierung als Geisterfahrer bei der Unternehmensbesteuerung

Die von der Bundesregierung geplante KÖSt-Senkung konterkariert die Bemühungen zur Reduktion des internationalen Steuerwettbewerbs. Erst diesen Juli haben sich 130 von 139 Ländern für eine Untergrenze der Unternehmensbesteuerung ausgesprochen. Damit ist eine Einigung auf einen globalen Mindeststeuersatz in greifbare Nähe gerückt.

Auch das gerne vorgeschobene Standort-Argument zieht nicht. In Deutschland, einem wichtigen „Mitbewerber“, lag der effektive Durchschnittssteuersatz auf Unternehmensgewinne im Vorjahr bei knapp 29 Prozent – in Österreich bei nur gut 23 Prozent. Vom Durchschnitt der EU mit 19,4 Prozent, der von den niedrigen Sätzen in den relativ jungen Marktwirtschaften in Ost- und Südosteuropa gedrückt wird, ist Österreich nicht weit entfernt. Zudem denken Länder wie die USA oder das Vereinigte Königreich laut über eine Erhöhung der Unternehmensbesteuerung nach.

Der Anteil der Gewinnbesteuerung an den gesamten Steuereinnahmen liegt in Österreich mit 6,4 Prozent deutlich unter dem OECD-Durchschnitt von 10 Prozent. Es besteht also kein Anlass für eine Geisterfahrt Österreichs. Auch Wifo-Chef und Fiskalratspräsident Badelt bezweifelt eine spezifische Wirkung einer KÖSt-Senkung auf die Standortattraktivität und warnt vor einer Befeuerung des internationalen Steuerwettbewerbs.

Dekoratives Bild © A&W Blog
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Keine reale Entlastung für Arbeitnehmer/-innen

Die kalte Progression, also die Nichtanpassung der Steuertarifstufen an die Inflation, führt zu einem höheren Durchschnittssteuersatz und damit zu einem realen Kaufkraftverlust für die Lohnsteuerpflichtigen. Nach Abzug der ersten Etappe der Steuerreform im vorigen Jahr ergibt sich für 2022 eine nicht ausgeglichene kalte Progression im Ausmaß von rund 3,35 Mrd. Euro. Im Gegensatz zur Lohn- und Einkommensteuer hat die KÖSt nur einen Steuersatz, der aktuell bei 25 Prozent liegt. Deshalb gibt es bei der KÖSt auch keine kalte Progression, und eine Reduktion wirkt dauerhaft.

Die Lohnsteuereinnahmen beliefen sich im Vorkrisenjahr 2019 auf rund 29,6 Mrd. Euro, die KÖSt-Einnahmen auf rund 10,0 Mrd. Euro. Die ursprünglich bereits für den 1.1.2022 geplante Senkung der Tarifstufen 2 und 3 der Lohnsteuer (von 35 auf 30 Prozent bzw. von 42 auf 40 Prozent) bringt zwar eine Reduktion der Lohnsteuer um ca. 2,4 Mrd. Euro oder knapp 8 Prozent des Lohnsteueraufkommens, ersetzt aber nicht einmal die offene kalte Progression von 3,35 Mrd. Euro per 2022. Arbeitnehmer/-innen und Pensionist/-innen bleiben also nach der Tarifreform auf einem Kaufkraftverlust von 950 Mio. Euro sitzen. Dagegen erhalten profitable Kapitalgesellschaften eine dauerhaft wirkende KÖSt-Entlastung von 8 Prozent bzw. aktuell 800 Mio. Euro. Von weiteren geplanten Steuergeschenken für Unternehmen, wie Investitionsfreibetrag und erhöhtem Gewinnfreibetrag, ganz zu schweigen.

Dekoratives Bild © A&W Blog
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Fazit

Für die geplante KÖSt-Senkung gibt es keine vernünftigen Argumente. Sie kann als Ausdruck einer Klientelpolitik gesehen werden und verändert die Steuerstruktur noch weiter zugunsten der Reichsten. Auf der Strecke bleiben wieder einmal die ohnehin durch die Krise besonders belasteten Arbeitnehmer/-innen: Sie erhalten nicht einmal den vollen Ausgleich der offenen kalten Progression.

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