Mittlerweile werden österreichweit bei Vermietung von Privatpersonen und Immobilienunternehmen drei von vier neuen Mietverträgen befristet vergeben. Beinahe jeder zweite bestehende Vertrag in diesem Segment ist befristet. Nicht zuletzt aufgrund der sogenannten Flucht ins Betongold ist das private Mietwohnungssegment in der letzten Dekade stark gewachsen. Letztes Jahr waren nahezu 150.000 Wohnungen mehr privat vermietet als 2010. Die Zahl der unbefristeten Mietverträge hat im selben Zeitraum aber um über 8.000 abgenommen.
Damoklesschwert Vertragsverlängerung
Die gängige Praxis, Verträge nur befristet abzuschließen, führt zum Entzug der Mieter:innenrechte und höhlt das Mietrecht stetig aus. Über den Mieter:innen schwebt während des gesamten Mietverhältnisses das Damoklesschwert einer möglicherweise nicht gewährten Vertragsverlängerung. Jene Rechte, die Mieter:innen unzweifelhaft zustehen, werden aus Angst nicht durchgesetzt bzw. werden Kosten, die eigentlich den Vermieter:innen anzulasten wären, lieber selbst getragen, um ja nicht anzuecken. Wenn die Heiztherme etwa ausfällt, haben Mieter:innen für die Dauer der Beeinträchtigung Anspruch auf Mietzinsminderung. Zudem sind Vermieter:innen dazu verpflichtet, die Therme zu reparieren. Viele Vermieter:innen kommen ihren Verpflichtungen nach, es gibt jedoch einige, die keinen Anlass sehen, die Arbeiten durchzuführen. Somit stehen Mieter:innen vor der Wahl, die Miete weiter in voller Höhe zu bezahlen und die Reparaturen selbst durchzuführen oder nach Ende der Befristung die Wohnung möglicherweise zu verlieren.
Gravierende finanzielle Nachteile
Aber nicht nur die Durchsetzung von Erhaltungsarbeiten wird erschwert, auch in finanzieller Hinsicht müssen Mieter:innen von befristeten Mietverträgen einige Nachteile dulden. Mietzinsminderungsansprüche werden nicht durchgesetzt, Betriebskostenabrechnungen werden nicht überprüft. Der wohl größte Nachteil spiegelt sich bei der Bildung des Hauptmietzinses wider. Zwar muss gesetzlich im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes beim Hauptmietzins ein Befristungsabschlag von 25 Prozent berücksichtigt werden, nur wird dieser Abschlag oftmals nicht gewährt. Allein im Jahr 2020 gab es etwas über 90.000 befristete Mietverträge in Altbaumiethäusern. In diesen Wohnungen wurden mindestens 123 Millionen Euro zu viel an Hauptmietzins (inklusive Umsatzsteuer) bezahlt. Die Überzahlung pro Wohnung und Jahr beträgt damit durchschnittlich fast 1.600 Euro.