Mit Höhepunkt im Jahr 2015 wuchs die Bevölkerung Wiens stärker als prognostiziert. Klar, dass der Druck auf den Wohnungsmarkt stieg und die Mieten teurer wurden. Reagiert wurde mit einer beachtlichen Neubauleistung, seit 2017 pendelt sich allmählich auch das Bevölkerungswachstum wieder ein. Doch warum gibt es keine Entspannung in der Preisentwicklung?
Die wachsende Stadt
Wien ist im letzten Jahrzehnt gewachsen. Das zum Teil sehr schnell und in einem Ausmaß, das keine Prognose vorhergesehen hat. Wien ist dadurch bunter, deutscher, ungarischer, steirischer, orientalischer, aber auch viel jünger geworden. Gerade die Verjüngung war sehr deutlich, nämlich direkt vom Pensionist:innenklub Österreichs zum Jugendzentrum des Landes. Junge Menschen aber tun sich gerne auch pärchenweise zusammen, was oft nicht ohne Folgen bleibt und somit das Bevölkerungswachstum weiter antreibt. Erstmals seit Jahrzehnten werden in Wien mehr Menschen geboren als sterben.
Wohnbedarf konnte nicht gedeckt werden
Wenn mehr Menschen in der Stadt sind, hat das auch Folgen für den Wohnungsmarkt. Nicht jede:r braucht eine eigene Wohnung, aber in der jetzigen Situation kann man davon ausgehen, dass sich durchschnittlich zwei Menschen eine Wohnung teilen. Das heißt etwa, dass zum Höhepunkt des Bevölkerungswachstums im Jahr 2015 mit etwa 42.000 neuen Wiener:innen etwa 21.000 neue Wohnungen notwendig gewesen wären. Dieser Wohnbedarf konnte jedoch weder 2015 noch in den anderen Jahren des hohen Bevölkerungswachstums geschafft werden. Man denke allein an die langen Vorlaufzeiten von Bauprojekten.
Die Folgen davon haben alle gespürt, die auf Wohnungssuche waren, denn der Wohnungsmarkt hat reagiert: Wohnraum wurde knapper und damit kostbarer. Da aber Wien einen sehr großen Bestand an geförderten und preisgeregelten Wohnungen hat, wurde diese Marktreaktion sehr unterschiedlich bezahlt: die einen, die am privaten Markt gesucht haben, mussten viel mehr Geld bezahlen – Mieten wurden (oft auch illegal) deutlich teurer. Die, die eine geförderte Wohnung gesucht haben, haben das mit längeren Wartezeiten bezahlt. Das ist nicht gut, aber wenigstens eine nachvollziehbare Marktreaktion: Mehr Nachfrage als Angebot führt zu höheren Preisen.
Entspannung am Wohnungsmarkt?
Die Situation hat sich aber in den letzten Jahren grundsätzlich geändert, seit 2017 schaut die Welt wieder anders aus. Die Stadt hat die geförderte Bauleistung erhöht und die Wohnbauoffensive führt seither zu steigender Bauleistung im geförderten Wohnbau. Parallel dazu ist ein Bauboom bei den Privaten losgebrochen. Durch die extreme Niedrigzinsphase sind viele auf der Suche nach sicheren Anlagen, und der Run aufs „Betongold“ erreicht ungeahnte Dynamik. Gleichzeitig geht das Bevölkerungswachstum deutlich zurück und liegt wieder bei Werten um die 10.000 pro Jahr, die etwa den ursprünglichen Prognosen entsprechen. Die letzten zwei Jahre sind für diese Entwicklung sehr typisch: 2019 zogen 13.700 neue Wiener:innen zu, diese bräuchten 6.850 neue Wohnungen. Fertiggestellt wurden über 15.000 Wohnungen, also mehr als doppelt so viele wie der Bedarf im selben Jahr. 2020 setzt noch eins drauf: Für 10.000 Zugezogene, die 5.000 Wohnungen brauchen, wurden über 17.000 errichtet, also mehr als der dreifache Bedarf.