Die schwarz-blaue Bundesregierung plant einen massiven Umbau der sozialen Absicherung von arbeitslosen Menschen in Österreich. Laut Regierungsprogramm soll es ein neues Arbeitslosengeld geben. Dahinter verbirgt sich eine massive Leistungsverschlechterung für arbeitslose Menschen mit einschneidenden und nachhaltigen Veränderungen im Bereich der monetären Existenzsicherung, die mit den radikalen Arbeitsmarktreformen im Rahmen von Hartz IV in Deutschland gleichzusetzen ist. Die Notstandshilfe ist somit in Gefahr, gänzlich abgeschafft zu werden, obwohl gerade jetzt eine wesentliche Verbesserung in Kraft getreten ist.
AK-Erfolg: Entfall der Anrechnung des PartnerInneneinkommens bei der Notstandshilfe
Eine langjährige Forderung der Arbeiterkammer trat mit 1. Juli 2018 in Kraft, nämlich die Abschaffung der Anrechnung des PartnerInneneinkommens im Bereich der Notstandshilfe. Bei der Berechnung der Notstandshilfe wurde das Einkommen des Partners/der Partnerin, unter der Berücksichtigung von Freibeträgen, angerechnet und verringerte somit den Notstandshilfebezug bzw. hatte häufig sogar den gänzlichen Entfall der Leistung zur Folge. Der Entfall dieser Einkommensanrechnung wurde noch vor dem Regierungswechsel beschlossen und bringt eine erhebliche Verbesserung für Menschen, die bereits länger arbeitslos sind und Anspruch auf Notstandshilfe haben.
Rund 17.500 Personen, davon circa 80 Prozent Frauen, erhielten im Jahr 2017 „mangels Notlage“ bzw. aufgrund der Anrechnung des PartnerInneneinkommens keine Notstandshilfe. Für viele verringerte sich durch diese Anrechnungssystematik auch die Bezugshöhe ihrer Leistung. Deshalb ist auch die durchschnittliche Notstandshilfe mit rund 750 Euro monatlich (netto, 12-mal pro Jahr, im Jahr 2017) um rund ein Fünftel geringer als das durchschnittliche Arbeitslosengeld in der Höhe von rund 950 Euro. Es ist daher anzunehmen, dass sich durch den Entfall dieser Anrechnung die Notstandshilfe für die Betroffenen erhöhen wird und auch die Zahl der Anspruchsberechtigten durch diese rechtliche Leistungsverbesserung ansteigen wird.
Die Notstandshilfe ist eine wichtige Absicherung bei längerer Arbeitslosigkeit
Generell handelt es sich bei der Notstandshilfe um eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung, die nach dem Arbeitslosengeldbezug beim Arbeitsmarktservice beantragt werden kann. Das Arbeitslosengeld, das davor ausbezahlt wird, wird je nach erworbenen Versicherungszeiten und Alter im Ausmaß von 20 bis maximal 52 bzw. 78 Wochen (nach beruflicher Reha) gewährt. Vorausgesetzt, man hat die Anwartschaft (z. B. 52 Wochen an Versicherungszeiten innerhalb von 24 Monaten) für die Versicherungsleistung erfüllt und steht dem AMS zur Arbeitsvermittlung zur Verfügung. Aktuell kann die Notstandshilfe, solange die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, unbegrenzt bezogen werden.
Von der Abschaffung der Notstandshilfe wären mehr als 160.000 Menschen betroffen
In den letzten Jahren ist die Zahl der NotstandshilfebezieherInnen aufgrund der krisenbedingten schwierigen Arbeitsmarktlage und der zunehmenden Verfestigung von Langzeitarbeitslosigkeit stark angestiegen. Ab 2016 ist jedoch ein spürbarer Rückgang der Zahl der BezieherInnen zu verzeichnen. Fakt ist jedoch, dass sich von 2008 bis 2017 die Zahl der NotstandshilfebezieherInnen verdoppelt hat und aktuell rund 160.000 Personen umfasst. Zählt man die Personen hinzu, die aufgrund der Anrechnung des PartnerInneneinkommens keine Notstandshilfe erhalten haben, so könnten sich die potenziellen BezieherInnen auf nahezu 180.000 Menschen erhöhen. Im Vergleich dazu stieg die Zahl der ArbeitslosengeldbezieherInnen im gleichen Zeitraum um lediglich ein Fünftel auf rund 140.000 BezieherInnen an.