„Women only“: Sind Angebote nur für Frauen diskriminierend?

02. August 2019

Männer und Frauen dürfen beim Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen nicht diskriminiert werden. Das ist im konsumentInnenschutzrechtlichen Teil des Gleichbehandlungsgesetzes eindeutig geregelt. Gleichwohl gibt es immer wieder geschlechtsspezifische Angebote, Leistungen, Räumlichkeiten oder Kurse und Programme nur für Frauen bzw. nur für Männer, z. B. Frauenhäuser, Herrenclubs, Toiletten. Ist das nicht Diskriminierung?

Es kommt darauf an

Das Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) statuiert in § 31 ein Gleichbehandlungsgebot aufgrund des Geschlechts und der sogenannten ethnischen Zugehörigkeit in der Konsumsphäre. Davon umfasst ist auch der Wohnraum. Bei der Beantwortung der Frage, ob Angebote, die sich ausschließlich an Frauen oder Männer richten, auch diskriminierend sind, kommt es dennoch darauf an.

Das GlBG sieht in § 32 nämlich sehr wohl die Möglichkeit vor, Güter und Dienstleistungen nach Geschlechtern getrennt anzubieten, wenn dies entweder eine positive Maßnahme (§ 34 GlBG) oder ein spezifisches Angebot in Verfolgung eines legitimen Ziels (§ 33 GlBG) darstellt. Das Ziel von positiven Maßnahmen ist es, bestehende Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern auszugleichen oder wenigstens zu verringern, also die Gleichstellung. Frauenförderungskurse des AMS oder Frauenförderprogramme in Unternehmen, im öffentlichen Dienst oder in Wissenschaftsbetrieben sind ein Beispiel für positive Maßnahmen in Form von Dienstleistungen. Mögliche Ziele von spezifischen Angeboten sind hingegen vielfältig, sie müssen nur legitim sein. Beispiele sind der Schutz vor häuslicher Gewalt (Frauenhäuser) oder vor sexuellen Übergriffen (Frauenparkplätze, Fitnessstudios, Sportkurse etc.), die Vereinsfreiheit (Herrenklubs, Burschenschaften etc.) oder der Schutz der Intimsphäre (Toilettenanlagen, Umkleideräume, Saunen etc.). Solange geschlechtsspezifische Angebote eines dieser Ziele verfolgen und die Maßnahmen angemessen und erforderlich zur Zielerreichung sind, stellen sie keine Diskriminierung dar.

Die Beurteilung, ob nun ein Frauenangebot unter eine dieser Ausnahmebestimmungen fällt oder nicht, ist für alle Fälle einzeln nach den jeweiligen Umständen vorzunehmen. Zur Illustrierung, unter welchen allgemeinen Umständen geschlechtsspezifische Angebote rechtlich zulässig sind und in der Spruchpraxis der Gleichbehandlungskommission konkret als legitim erachtet wurden, werden im Folgenden einige Beispiele vorgestellt und eingeordnet.

Privat- und Intimsphäre

Dort, wo sich Menschen entkleiden und (halb-)nackt aufhalten, ist die Privat- und Intimsphäre betroffen. Derzeit herrscht mehrheitlich gesellschaftlicher Konsens, dass die Trennung solcher Räume nach Geschlechtern ein angemessenes und erforderliches Mittel zu deren Schutz darstellt. Begründen lässt sich dies mit der gesteigerten Sensitivität und Verletzbarkeit, die mit der Entblößung einhergeht. Daher sind geschlechtergetrennte Toiletten oder Umkleideräume keine Diskriminierung.

Aus demselben Grund sind geschlechtergetrennte Saunen bzw. Damentage oder ‑stunden in der Sauna oder auch Fitnessstudios keine Diskriminierungen. Dabei gibt es sowohl individuelle als auch regional-kulturelle Unterschiede, die beachtenswert sind. In England etwa wäre es grundsätzlich verpönt, splitternackt gemischt zu saunieren, was hingegen hierzulande mancherorts durch die Benutzungsregeln geradezu geboten ist. Ähnliche Überlegungen gelten beim Damenschwimmen oder bei Frauenbereichen in Fitnessstudios. Meist stellen solche Angebote nur einen äußerst kleinen Teil des Gesamtangebots dar und sind daher auch als verhältnismäßig anzusehen. Im Fall des Fitnessstudios betrug der Frauenbereich in einem Fall, der vor der Gleichbehandlungskommission behandelt wurde, lediglich 10–15 Prozent der Gesamtfläche. Damensaunen und Damenschwimmen nehmen nur einen kleinen Anteil der Gesamtöffnungszeiten in Anspruch, weil sie nur einmal wöchentlich bzw. meist auf ein paar Stunden beschränkt stattfinden. Auch das spricht für die Verhältnismäßigkeit von spezifischen Angeboten für Frauen in Saunen oder Fitnessstudios: Sie schließen weder Männer per se noch den gemischtgeschlechtlichen Zugang zu und die Inanspruchnahme von Dienstleistungen aus.

„Unter-sich-Sein“ als Empowerment?

Einige frauenspezifische Angebote sind darauf ausgerichtet, ein „Unter-sich-Sein“ zu gewährleisten; darunter fallen z. B. die Frauenförderungskurse des AMS oder Mentoring-Programme für Frauen. Gegen diese könnte man einwenden, dass Frauen und Männer sich gemeinsam weiterbilden sollten. Koedukation ist immerhin eine wichtige bildungs- und gleichstellungspolitische Institution. Das würde in Fällen von Kursangeboten, die sich speziell an Frauen richten, allerdings das Ziel übersehen, in einem geschützten Raum spezifische Problemstellungen und Lebenserfahrungen, die sich aus der sozialen Position und konkreten Situierung als „Frau“ ergeben, anzusprechen und mit und an diesen zu arbeiten. Dazu gehören etwa Doppel- und Dreifachbelastungen, Alleinerziehung, häusliche Gewalt, sexueller Missbrauch, sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, restriktive Geschlechterrollen, Eintrittsschwierigkeiten in männerdominierten Branchen und Berufen etc. Ebenso bietet ein Frauenwohnprojekt insbesondere für vulnerable (ältere, alleinerziehende) bzw. traumatisierte Frauen ein gemeinschaftliches, solidarisches Wohnen in einem geschützten Frauenraum.

Die Geschlechtertrennung ist in solch einem Fall konstitutiver Bestandteil der angebotenen Leistung; angeboten wird eben gerade ein geschützter geschlechterhomogener Raum, um die Ziele der Geschlechtergleichstellung und andere legitime Ziele (Reintegration in den Arbeitsmarkt, geschützter leistbarer Wohnraum für vulnerable Frauen etc.) zu verfolgen. Solche Angebote sind daher nicht als Diskriminierung zu qualifizieren, weil sie sowohl positive Maßnahmen (§ 34) als auch spezifische Angebote (§ 33 GlBG) sind.

Gewaltschutz

Frauenhäuser dienen in erster Linie dem Gewaltschutz. Sie bieten Frauen einen Zufluchtsort, der ihnen helfen soll, sich längerfristig aus Gewaltsituationen zu befreien. Überlegungen des Gewaltschutzes spielen auch bei Frauenparkplätzen eine Rolle. Nicht zuletzt die reale, statistisch nachgewiesene größere Vulnerabilität von Frauen für sexuelle Gewalt und häusliche Gewalt ist für die Angemessenheit und Notwendigkeit solcher spezifischen Angebote (§ 33 GlBG) ausschlaggebend. Auch sie sind keine Diskriminierung, sondern legitime geschlechtsspezifische Schutzeinrichtungen.

Gleichstellung durch Geschlechtertrennung?

Als „positive Maßnahme“ können frauenspezifische Angebote einen Ausgleich für strukturelle Benachteiligung gewährleisten. Dennoch bedürfen geschlechtsspezifische Kriterien für den Zugang zu und die Inanspruchnahme von Ressourcen einer ebenso spezifischen Rechtfertigung, weil damit der Einwand, dass diese das Recht (von Angehörigen des anderen, ausgeschlossenen Geschlechts) auf gleiche Behandlung verletzen würden, noch nicht ausgeräumt ist. Dazu kommt, dass frauenspezifische Angebote – wie auch Quotenregelungen – gemeinhin weniger als Gleichstellungsmaßnahmen denn als Privilegien und überschießende Förderungen wahrgenommen werden, die Frauen (und Männer) in ihrer Geschlechterrolle fixiere.

Der Gesetzgeber erkennt mit dem skizzierten Regel-Ausnahme-Regime für geschlechtergetrennte Angebote im Gleichbehandlungsrecht jedoch die strukturelle Benachteiligung von Frauen an. Um diese abzubauen – und damit Geschlechterrollenfixierung zu lösen –, reicht es nicht aus, Frauen und Männer gleich zu behandeln. Dem liegt der Fehlschluss zugrunde, dass Frauen und Männer bereits gleich(gestellt) wären. Sie sind es jedoch (noch) nicht.

Geschlechtsspezifische Gleichstellungsmaßnahmen tragen der sozialwissenschaftlichen Erkenntnis Rechnung, dass Diskriminierungsmechanismen und geschlechtsspezifische Barrieren und Erwartungen in gesellschaftliche Strukturen, Institutionen und Lebensweisen tief eingeschrieben sind; neutrale, formal gleiche Bedingungen des Zugangs zu Ressourcen oder ausschließlich geschlechtsneutrale Angebote können einem Wandel im Geschlechterverhältnis sogar im Wege stehen. Um Diskriminierung und Ungleichheit aufgrund des Geschlechts abzubauen, kann das Geschlecht als gesellschaftliche Strukturkategorie nicht einfach ignoriert werden. Ein positiver rechtlicher Bezug auf Geschlecht – in Form von Frauenförderungen, Quotenregelungen, geschlechtergetrennten Angeboten und „Safe Spaces“ – kann im Sinne der Gleichstellung mithin legitim und geboten sein.