Neue Regeln für die Arbeit im Homeoffice

10. Februar 2021

Im Zuge der COVID-19-Krise hat die Arbeit im Homeoffice auch in Österreich massive Verbreitung erfahren und stellt nun bei Weitem kein Randphänomen mehr dar. Bisher existierten allerdings kaum spezielle rechtliche Regelungen für die Arbeit in der eigenen Wohnung. Nun einigten sich die Sozialpartnerorganisationen nach Verhandlungen mit der Bundesregierung auf neue gesetzliche Bestimmungen. Diese sollen Homeoffice auch nach dem Ende der Pandemie auf eine fairere Weise als bislang ermöglichen.

Freiwilligkeit besser gewährleistet

Schon bisher war weitgehend unumstritten, dass eine einseitige Anordnung von Homeoffice durch den Arbeitgeber grundsätzlich nicht möglich ist. Es besteht allerdings auch kein Recht der ArbeitnehmerInnen, von der eigenen Wohnung aus zu arbeiten. Dieser Grundsatz wird auch in der Neuregelung beibehalten: Homeoffice bleibt weiter freiwillig und ist nur im Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und ArbeitnehmerIn möglich. Neu ist, dass künftig eine schriftliche Vereinbarung geschlossen werden muss. Zusätzlich wird ein beidseitiges Rücktrittsrecht aus wichtigem Grund, das unter Einhaltung einer Ankündigungsfrist von einem Monat ausgeübt werden kann, gesetzlich verankert. Ein wichtiger Grund kann etwa vorliegen, wenn sich die Familienverhältnisse oder die Wohnsituation des/der ArbeitnehmerIn ändern. Damit ist sichergestellt: Niemand kann zur Arbeit im Homeoffice gezwungen werden und ein Rücktritt von der Vereinbarung ist immer möglich.

Neuer Betriebsvereinbarungstatbestand „Einführung und Regelung von Homeoffice“

Im Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) wird ein neuer Tatbestand „Einführung und Regelung von Homeoffice“ verankert. Damit bekommt die Homeoffice-Betriebsvereinbarung einen fixen Platz im Gesetz. Auf betrieblicher Ebene sollte etwa geregelt werden,

  • welche Gruppen von Beschäftigten Zugang zur Arbeit im Homeoffice haben,
  • welche technische Ausstattung notwendig ist und vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt bzw. in welcher Höhe für Aufwendungen der ArbeitnehmerInnen aufgekommen wird,
  • wie der Arbeitsplatz zu Hause gestaltet werden sollte und
  • welchen zeitlichen Umfang die Arbeit im Homeoffice einnimmt.

Zwar ist der neue Tatbestand fakultativ (freiwillig), dennoch kommt darin deutlich zum Ausdruck, dass eine Regelung von Homeoffice mittels Betriebsvereinbarung empfehlenswert und sinnvoll ist. Aus ArbeitnehmerInnensicht wäre eine vor der Schlichtungsstelle durchsetzbare Betriebsvereinbarung zu bevorzugen gewesen. Dies scheiterte am Widerstand der Arbeitgeberorganisationen. In vielen Fällen wird jedoch weiterhin verpflichtend eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen werden müssen: Soll etwa ein Videokonferenz-Tool, wie z. B. Microsoft Teams, oder ein vernetztes elektronisches Zeiterfassungssystem bei der Arbeit zu Hause eingesetzt werden, ist das nur zulässig, wenn der Betriebsrat zuvor zugestimmt hat (§ 96 Abs 1 Z 3 ArbVG).

Erweiterter Unfallversicherungsschutz im Dauerrecht verankert

Bislang wurde der Unfallversicherungsschutz im Homeoffice restriktiv gehandhabt. Bereits im Frühjahr2020 wurde vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie eine Ausweitung des Unfallversicherungsschutzes bei der Arbeit in der eigenen Wohnung der ArbeitnehmerInnen vorgenommen, da der OGH in seiner Rechtsprechung zum Arbeitsunfall darauf abstellt, ob sich der Unfall in einem „wesentlich betrieblichen Zwecken dienenden Teil des Gebäudes“ ereignet hat. Für ArbeitnehmerInnen war es daher häufig sehr schwierig zu beweisen, dass ein Arbeitsunfall stattgefunden hat. Mit der COVID-19-Regelung wurde klargestellt, dass auch Unfälle, die sich im ursächlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der versicherten Beschäftigung im Homeoffice ereignen, Arbeitsunfälle darstellen. Auch Wegunfälle waren von der befristeten Regelung erfasst. Diese Regelung war zunächst bis 31.12.2020 befristet und wurde schließlich auf Druck von Arbeiterkammer und Gewerkschaften bis 31.3.2021 verlängert und geht nun weitestgehend ins Dauerrecht über. ArbeitnehmerInnen sind nun also bei Unfällen in der eigenen Wohnung dauerhaft besser geschützt. Das betrifft auch die allermeisten Wegunfälle, etwa vom Homeoffice in die Arbeitsstätte, zu einem Arzttermin, zur Interessenvertretung oder zur Kinderbetreuungseinrichtung.

Anwendbarkeit von AZG, ARG und ASchG sichergestellt

Die Sozialpartnerorganisationen haben sich mit der Bundesregierung darauf verständigt, dass die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes (AZG) und des Arbeitsruhegesetzes (ARG) in vollem Umfang auch im Homeoffice zur Anwendung kommen. Eine Flexibilisierung der bestehenden Bestimmungen über die Ruhezeiten konnte also verhindert werden. Wird von zu Hause aus gearbeitet, sind jedenfalls Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit sowie die Ruhepausen aufzuzeichnen. Zwar sieht § 26 Abs 3 AZG vor, dass für ArbeitnehmerInnen, die ihre Tätigkeit überwiegend in ihrer Wohnung ausüben, Aufzeichnungen lediglich über die Dauer der Tagesarbeitszeit zu führen sind, nicht aber über deren konkrete Lage („Saldenaufzeichnung“). Der EuGH hat in seiner Rechtsprechung (EuGH 14.5.2019, C-55/18) jedoch betont, dass ohne Aufzeichnungen über die konkrete Lage der Arbeitszeit insbesondere die Einhaltung der Mindestruhezeiten nicht überprüft werden könne. § 26 Abs 3 AZG ist daher unionsrechtskonform auszulegen und die Arbeitszeit genauer aufzuzeichnen.

Auch die anwendbaren Teile des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) gelten jedenfalls im Homeoffice. Künftig besteht für Arbeitgeber die Pflicht, die Beschäftigten in Fragen der Arbeitsplatzgestaltung bzw. des Gesundheitsschutzes zu unterweisen. Dazu werden von den Sozialpartnerorganisationen und dem Arbeitsinspektorat Informationsmaterialien ausgearbeitet. Überdies ist von den Arbeitgebern eine Evaluierung möglicher gesundheitlicher Belastungen bei der Arbeit im Homeoffice vorzunehmen, eine Musterevaluierung zur besseren Überprüfbarkeit möglicher belastender Faktoren wird erstellt.

Haftungserleichterungen auch für Haushaltsangehörige

Das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz (DHG) sieht Erleichterungen für ArbeitnehmerInnen vor. Fügen ArbeitnehmerInnen bei der Arbeitserbringung dem Arbeitgeber versehentlich einen Schaden zu, haften sie nicht in vollem Umfang oder müssen mitunter sogar gar keinen Schadenersatz leisten. Stolpert etwa ein Arbeitnehmer bzw. eine Arbeitnehmerin über das Laptop-Kabel und fällt der Laptop zu Boden, muss in aller Regel nicht der gesamte Schaden ersetzt werden. Bislang galten die Bestimmungen des DHG nur zwischen ArbeitnehmerIn und Arbeitgeber. Nun wird das Gesetz – wie von AK und Gewerkschaften gefordert – auf Haushaltsangehörige (und sogar Haustiere!) erweitert. Stolpern also der Lebensgefährte oder die Mitbewohnerin über das Laptop-Kabel, gibt es auch hier in Zukunft besseren Schutz.

Arbeitsmittel und Aufwandersatz

Grundsätzlich muss der Arbeitgeber sämtliche notwendigen Arbeitsmittel zur Verfügung stellen. Werden im Homeoffice eigene Arbeitsmittel der Beschäftigten eingesetzt, besteht ein Anspruch auf Aufwandersatz (§ 1014 ABGB). Von der Anwendung dieser Bestimmung kann jedoch grundsätzlich durch vertragliche Vereinbarung abgegangen werden. Dann besteht allerdings die Gefahr, dass Kosten und Risiko vom Unternehmen auf die Beschäftigten verlagert werden. Die neue Regelung bringt hier eine wesentliche arbeitsrechtliche Verbesserung: Werden eigene sogenannte „digitale Arbeitsmittel“ (insbesondere: Laptop, Handy und Internetverbindung) verwendet, ist der Aufwandersatz künftig unabdingbar – es kann davon also nicht mehr vertraglich abgegangen werden, und ein angemessener Kostenersatz ist jedenfalls durch den Arbeitgeber zu leisten. Darüber hinaus sollen Arbeitgeber aber auch einen Beitrag für weitere anfallende Kosten (etwa Strom oder Heizung) übernehmen. Eine pauschale Abgeltung sollte Bestandteil einer Betriebsvereinbarung über Homeoffice sein.

Verbesserungen im Steuerrecht

Bislang waren Kosten im Zusammenhang mit der Tätigkeit im Homeoffice nur eingeschränkt absetzbar. So konnte zwar der berufliche Anteil von (digitalen) Arbeitsmitteln wie Laptop, Handy oder der Internetverbindung geltend gemacht werden. Sonstige anfallende Kosten (z. B. Strom, Heizung, Büromobiliar) waren jedoch nur dann absetzbar, wenn quasi ausschließlich im Homeoffice gearbeitet wird und der/die ArbeitnehmerIn zudem über keinen Arbeitsplatz im Betrieb verfügt (sog. „Arbeitszimmer-Regelung“). Künftig sind Zahlungen des Arbeitgebers für Aufwendungen im Homeoffice (z. B. Abgeltungen für digitale Arbeitsmittel oder freiwillige Zahlungen für laufende Betriebskosten) im Rahmen eines Homeoffice-Pauschales von 3 Euro pro Homeoffice-Tag, maximal 300 Euro im Jahr, steuer- und sozialversicherungsfrei. Schöpft der Arbeitgeber durch seine Zahlungen das zustehende Pauschale nicht aus, so kann die Differenz zusätzlich als Werbungskosten geltend gemacht werden. Zudem können Aufwendungen für ergonomisches Mobiliar (Bürostuhl, Schreibtisch) künftig über die gewöhnliche Nutzungsdauer mit bis zu 300 Euro pro Jahr abgesetzt werden. Die neuen steuerrechtlichen Regelungen gelten zunächst befristet bis 2023 und werden dann einer Evaluierung unterzogen.

Fazit: Neue Regelungen bringen mehr Klarheit

Bereits seit Beginn der COVID-19-Pandemie fordern AK und Gewerkschaften vehement die Schaffung neuer gesetzlicher Regelungen zum Thema Homeoffice. Das präsentierte Paket war also längst überfällig. Es ist zu hoffen, dass die neuen Regelungen nun größere Klarheit für ArbeitnehmerInnen im Homeoffice bringen und auf betrieblicher Ebene auch tatsächlich gelebt werden. So könnte es gelingen, dass die – zumindest zeitweise – Arbeit von der eigenen Wohnung aus, die sich bei vielen ArbeitnehmerInnen durchaus großer Beliebtheit erfreut, auch über die Pandemie hinaus als Form der Arbeitsorganisation bestehen bleiben kann, bei der nicht nur die Interessen von Arbeitgebern, sondern auch die Interessen der ArbeitnehmerInnen angemessene Berücksichtigung finden.

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