Die Arbeitserbringung in Form von Homeoffice hat im Zuge der COVID-19-Krise schlagartig an Bedeutung gewonnen. Viele Unternehmen erwägen, auch nach der Krise verstärkt auf Telearbeit zu setzen, es soll zumindest zeitweise von zu Hause aus gearbeitet werden können. Für die Beschäftigten bringt das einige Vorteile, aber auch viele Nachteile und rechtliche Herausforderungen. Entscheidend sind vor allem klare Regeln.
Homeoffice: Vom Randphänomen zum neuen Alltag für viele ArbeitnehmerInnen
Neben den zu bewältigenden wirtschaftlichen Herausforderungen könnte die COVID-19-Krise auch zum Ausgangspunkt für eine flächendeckende Nutzung neuer Formen der Arbeitsorganisation werden. So war binnen kurzer Zeit eine große Zahl von ArbeitnehmerInnen angehalten, ihre bisher im Büro zu erledigende Tätigkeit ins Homeoffice zu verlagern.
Bisher war die Arbeit im Homeoffice nicht allzu weit verbreitet. Dem Ergebnis einer vor Kurzem veröffentlichten Erhebung von Eurostat zufolge arbeiteten 2019 – also vor der COVID-19-Krise – 5,8 Prozent der ArbeitnehmerInnen in Österreich im Homeoffice. Angesichts der Empfehlung der österreichischen Bundesregierung, so viele Beschäftigte wie möglich von zu Hause aus arbeiten zu lassen, um das Risiko einer Ansteckung mit COVID-19 am betrieblichen Arbeitsplatz zu reduzieren, stieg dieser Anteil stark an. Eine im Auftrag der Arbeiterkammer Wien durchgeführte Befragung im April 2020 kommt in diesem Zeitraum auf einen Anteil von 42 Prozent. Wie viele ArbeitnehmerInnen nach der Krise weiterhin zumindest teilweise im Homeoffice arbeiten werden, bleibt abzuwarten.
Insgesamt ist aber wohl damit zu rechnen, dass sich die Entwicklungen der vergangenen Jahre in puncto Flexibilisierung und Atypisierung von Arbeit durch die Krise fortsetzen und beschleunigen werden. Das betrifft insbesondere die fortschreitende Digitalisierung von Arbeitsabläufen bzw. die Durchdringung des Arbeitslebens mit digitalen Tools. Die COVID-19-Krise und die damit verbundene Herausforderung, ortsungebundenes Arbeiten in Form von Homeoffice rasch zu ermöglichen, hat geradezu für einen Digitalisierungsschub in vielen Unternehmen gesorgt.
Die Arbeit im Homeoffice bringt Vor-, aber auch Nachteile
Die veränderte Art zu arbeiten kann den Beschäftigten durchaus einige Vorteile, aber auch zahlreiche Nachteile bringen. Einerseits fallen lästige Anfahrtswege zum betrieblichen Arbeitsplatz weg, manche ArbeitnehmerInnen werden bei Vorliegen der entsprechenden räumlichen und sozialen Voraussetzungen seltener bei der Arbeit gestört, können konzentrierter an Projekten arbeiten, und mitunter lassen sich Privat- und Berufsleben auch besser in Einklang bringen. Die zeitliche und örtliche Souveränität von ArbeitnehmerInnen kann sich durch die Arbeit im Homeoffice – gerade in Kombination mit gleitender Arbeitszeit – also erhöhen. Andererseits kann sich jedoch, insbesondere bei dauerhafter Arbeitserbringung von zu Hause aus, ein Mangel an sozialem Austausch und eine Tendenz zur Vereinsamung ergeben. Außerdem steigt die Gefahr, dass tendenziell länger und häufig auch außerhalb der vereinbarten Arbeitszeiten gearbeitet wird, die Abgrenzung zwischen Arbeit und Privatleben fällt schwerer. Das könnte sich insbesondere für Beschäftigte mit Betreuungspflichten – nach wie vor häufiger Frauen als Männer – negativ auswirken. Zu befürchten ist, dass Geschlechterstereotype durch die Arbeit im Homeoffice reproduziert und verstärkt werden, weil aufgrund der bestehenden gesellschaftlichen Ungleichheiten insbesondere von Frauen erwartet wird, dass sie neben ihrer beruflichen Tätigkeit auch noch die Arbeit im Haushalt und die Kinderbetreuung übernehmen. Gerade die dauerhafte Arbeitserbringung von zu Hause aus erscheint daher nicht empfehlenswert.
Verlagerung des wirtschaftlichen Risikos?
Auch ArbeitgeberInnen, die der Idee des mobilen Arbeitens bislang kritisch gegenüberstanden, sehen zunehmend Möglichkeiten, von der zumindest zeitweisen Verlagerung der Arbeitstätigkeit ihrer Beschäftigten in deren eigene Wohnungen zu profitieren. So könnten sich dadurch Büroflächen und somit Kosten einsparen lassen. Daher haben einzelne Unternehmen bereits in den vergangenen Jahren vermehrt auf Konzepte wie „Desk-Sharing“ in Kombination mit tageweisem Homeoffice gesetzt. Dabei steht in der Regel nicht mehr jedem Mitarbeiter bzw. jeder Mitarbeiterin ein eigener Arbeitsplatz im Unternehmen zur Verfügung. Die Beschäftigten müssen stattdessen jeden Tag aufs Neue einen freien Arbeitsplatz wählen, wobei weniger Arbeitsplätze vorhanden sind, als es Beschäftigte gibt. Die ArbeitnehmerInnen können also hinsichtlich des Ortes der Leistungserbringung erst recht nicht frei zwischen dem betrieblichen Arbeitsort und ihrer Wohnung wählen.