Für viele ArbeitnehmerInnen ist seit Corona Home-Office Realität. Da bis vor wenigen Wochen diese Arbeitsform in Österreich eine eher untergeordnete Rolle gespielt hat, wurde ein Großteil ins kalte Wasser gestoßen. Die Vor- und Nachteile dieser Arbeitsform, wie selbstbestimmteres Arbeiten, Entfall von Pendelzeiten, aber auch fehlende soziale Kontakte zu ArbeitskollegInnen, Entgrenzungsphänomene, liegen klar auf der Hand.
Home-Office von nullauf hundert
Technologische Entwicklungen in der Informations- und Kommunikationstechnologie, letztlich vieles, was unter den Schlagworten Digitalisierung und digitaler Wandel subsumiert wird, tragen zum Verschwimmen von vormals klaren Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit bei. ArbeitspsychologInnen und SoziologInnen bezeichnen dieses Verhalten als Entgrenzung. In Zeiten von Corona hat sich die Welt in den letzten zwei, drei Wochen derart stark verändert, dass die disruptive (zerstörerische) Wirkung der Digitalisierung, zumindest in Teilbereichen, wie in Zeitlupe erscheint. Eine global nicht nur ökonomische, sondern vor allem gesundheitspolitische Herausforderung trägt dazu bei, dass viele ArbeitnehmerInnen von heute auf morgen – vielfach ohne Home-Office-Vorerfahrungen zu haben – ihre Arbeit jetzt von zu Hause aus verrichten müssen und können. Bis vor wenigen Wochen hat nur ein kleiner Prozentsatz der Unternehmen seinen Beschäftigten diese Gestaltungsspielräume tatsächlich angeboten. So waren es in Österreich laut Eurofound drei Prozent aller ArbeitnehmerInnen, die diese Möglichkeit bisher nutzen konnten. Der digitale Wandel trägt dazu bei, dass viele ArbeitnehmerInnen sinnvollerweise in diesen Tagen, Wochen – wer weiß, vielleicht sogar Monaten – von dieser Möglichkeit Gebrauch machen können. Vorteile: der Entfall von Fahrzeiten zum Arbeitsplatz, möglicherweise ein konzentrierteres Arbeiten, stärkere wahrgenommene Autonomie und die Möglichkeit, den Tag-Nacht-Rhythmus seiner/ihrer eigenen inneren Uhr anzupassen – Aspekte, die sich positiv auf die Jobzufriedenheit und Leistung auswirken und einen negativen Einfluss auf Kündigungsabsichten haben. Allerdings sind auch Nachteile zu erwarten, wie: verlängerte Arbeitszeiten (Überstundenthematik), Arbeitsverdichtung, Verschlechterung der Beziehungen zwischen KollegInnen und fehlende Strukturen. Besonders herausfordernd ist unter den aktuellen Umständen die Vereinbarung von Erwerbs- und Familienarbeit, da die Aufgaben von Bildungs- und Betreuungseinrichtungen nun auch ins Private verschoben wurden. Ergebnisse einer Metaanalyse zeigten zwar, dass zeitliche und örtliche Flexibilität bei der Arbeit zu einer Senkung von Vereinbarungsproblematiken führen, aber es ist anzunehmen, dass sich diese Ergebnisse in Zeiten von „Home Schooling“ nicht bestätigen lassen, da die Anforderungen an die Eltern dadurch deutlich gestiegen sind.