In der ersten Phase der COVID-19-Pandemie hat sich das Arbeiten im Homeoffice zum Massenphänomen entwickelt. Arbeiteten einer Erhebung von Eurostat zufolge im Jahr 2019 noch lediglich 5,8 Prozent der ArbeitnehmerInnen regelmäßig von der eigenen Wohnung aus, stieg dieser Anteil mit dem ersten Lockdown in Frühjahr 2020 auf über 40 Prozent an. Derzeit sieht es danach aus, als ob Homeoffice auch nach der Krise in verstärktem Maße erhalten bleiben würde. Für die ArbeitnehmerInnen birgt das Chancen, aber auch Risiken. Klare Regeln fehlen oft. Dass es diese braucht, legen auch die Ergebnisse einer von IFES im Auftrag der AK durchgeführten Befragung im April und im Oktober nahe.
Was sich seit dem Frühjahr rechtlich geändert hat
Bisher wurden im Zusammenhang mit der Arbeit im Homeoffice nur in wenigen Bereichen spezielle Regelungen getroffen. So wurde bereits im Frühjahr eine Ausweitung des Unfallversicherungsschutzes bei der Arbeit in der eigenen Wohnung vorgenommen (§ 175 Abs 1a und 1b ASVG), da der OGH in seiner Rechtsprechung darauf abstellt, ob sich der Unfall in einem „wesentlich betrieblichen Zwecken dienenden Teil des Gebäudes“ ereignet hat. Eine umfassende unfallversicherungsrechtliche Absicherung der ArbeitnehmerInnen im Homeoffice ist jedoch insbesondere im Hinblick auf die Unfallheilbehandlung, Maßnahmen zur Rehabilitation und die Leistung von Renten bei längerfristiger Beeinträchtigung eines/einer ArbeitnehmerIn durch einen Arbeitsunfall wichtig. Es wurde klargestellt, dass auch Unfälle, die sich im ursächlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der versicherten Beschäftigung im Homeoffice ereignen, Arbeitsunfälle darstellen. Auch Unfälle auf Wegen innerhalb des privaten Haushaltes, also etwa zur Toilette oder in die Küche, ebenso wie von zu Hause aus angetretene Wege zum Arzt bzw. zur Ärztin sind nun erfasst. Zunächst war die Regelung bis 31.12.2020 befristet, auf Druck von AK und Gewerkschaften wurde sie nun vorerst bis 31.3.2021 verlängert, mit der Option auf einmalige Erweiterung bis Ende Juni 2021. Wie es danach weitergeht, ist derzeit noch nicht absehbar.
Eine weitere Sonderbestimmung wurde in Bezug auf das Pendlerpauschale geschaffen. Bis 31.3.2021 kann das Pendlerpauschale auch dann in voller Höhe gewährt werden, wenn ArbeitnehmerInnen den Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte aufgrund von COVID-19-Kurzarbeit, Telearbeit wegen der COVID-19-Krise bzw. Dienstverhinderungen wegen der COVID-19-Krise nicht (bzw. weniger oft) zurücklegen (§ 124b Z 349 EStG).
Davon abgesehen wurden von der Bundesregierung seit dem Frühjahr keine Regelungsinitiativen im Zusammenhang mit der Arbeit im Homeoffice gesetzt. Erst Ende August ersuchte die Arbeitsministerin die Sozialpartnerorganisationen, Gespräche zu führen und Vorschläge für gesetzliche Anpassungen zu erarbeiten. Die Spitzenvertreter der Arbeitgeberorganisationen sind offenbar der Auffassung, dass es für die Arbeit im Homeoffice vor allem mehr „Flexibilität“ brauche, während AK und Gewerkschaften detaillierte Forderungen zu jenen Bereichen erheben, in denen derzeit Regelungen fehlen. Die Präsentation von Maßnahmen hat Arbeitsministerin Aschbacher ohnehin erst für März 2021 angekündigt. Zwischenzeitlich präsentierte Aschbacher lediglich zwei unverbindliche und in vielen Bereichen lückenhafte „Leitfäden“ zum Thema, in denen auf wesentliche Fragen, wie etwa Arbeitszeit, Versicherungsschutz und Haftung, sowie auf die wichtige Rolle des Betriebsrats gar nicht eingegangen wird. Die Zeit seit dem ersten Lockdown im März wurde von der Bundesregierung also leider nicht dazu genutzt, klare und verbindliche Regelungen für das Arbeiten im Homeoffice zu schaffen.
Aktuelle Befragungsergebnisse bestätigen Regelungsbedarf
Dass schon jetzt und auch in Zukunft dringender Bedarf an verbindlichen Regelungen zur umfassenden Absicherung von ArbeitnehmerInnen besteht, machen jedoch auch die Ergebnisse einer soeben veröffentlichten Befragung im Auftrag der AK deutlich.
So zeigt sich etwa, dass im Hinblick auf die Ausstattung der Beschäftigten mit technischen Geräten und Arbeitsinfrastruktur seit dem Frühjahr keine Verbesserungen stattgefunden haben, obwohl im Oktober weiterhin etwa 40 Prozent der ArbeitnehmerInnen in Österreich im Homeoffice arbeiteten. Was am betrieblichen Arbeitsplatz undenkbar wäre: Häufig stellen Arbeitgeber nicht einmal die nötigsten Arbeitsgeräte zur Verfügung. Die ArbeitnehmerInnen müssen für die Ausstattung ihres Arbeitsplatzes in der Wohnung oftmals selbst aufkommen, nutzen das private Notebook oder Handy zur Arbeitserbringung und tragen die Kosten für die private Internetverbindung. Frauen sind meist noch wesentlich schlechter ausgestattet als Männer. Grundsätzlich haben Arbeitgeber für alle durch die ArbeitnehmerInnen zur Arbeitserbringung getätigten Aufwendungen Ersatz zu leisten (§ 1014 ABGB analog). Von der Anwendung dieser Bestimmung kann jedoch durch vertragliche Vereinbarung abgegangen werden, was aufgrund des Machtungleichgewichts im Arbeitsverhältnis immer wieder passiert. Mitunter wird dadurch ein erhebliches Maß an Kosten und Risiko auf die Beschäftigten verlagert.