In den vergangenen Monaten ist viel über die neuen technologischen Entwicklungen und ihren Impact auf den Arbeitsmarkt diskutiert worden. Auch hier im Blog wurde die Frage aufgeworfen, ob die neuen Produktionsmöglichkeiten der Industrie 4.0 menschliche Arbeit ersetzen oder verändern und wie neue Arbeitsmodelle wie das Crowdworking einzuschätzen sind (hier und hier). Auch die Share Economy wurde beleuchtet. Die Stadt Wien hat nun einen Bericht vorgelegt, wie sie mit Teilen der Share Economy umgehen will.
Was ist die Share Economy
Die „Ökonomie des Teilens“ (Share Economy) wird oft als Hoffnungsträger für mehr soziale Verantwortung und Ressourcenschonung gesehen. Nachbarschaftsgärten, privates Car- und Food-Sharing oder die City Bikes in Wien stehen auch für eine Wertehaltung, die der Konsum- und Wachstumsorientierung kritisch gegenübersteht. Diese Entwicklung ist positiv, werden doch brachliegende Ressourcen deutlich besser genutzt. So wirklich neu ist diese Entwicklung allerdings nicht: Man denke nur an Bibliotheken, öffentliche Schwimmbäder oder die traditionellen Maschinenringe und Genossenschaften.
Neben diesen „Nachbarschaftshilfemodellen“ gibt es zunehmend eine kommerziell geprägte Share Economy. „Teilen statt besitzen“ ist hier das Geschäftsmodell. Die massenhafte Verbreitung von Internet und Smartphone ermöglicht es, potenzielle AnbieterInnen und NutzerInnen in Sekundenschnelle miteinander zu verbinden – und das global. Neue Unternehmen – beispielsweise im Bereich der Nächtigungsbetriebe (wie Airbnb, wimdu, 9Flats usw.) und des Transportgewerbes (Uber, Flynt, Checkrobin usw.) – sind Internetplattformen, die über Apps den UserInnen die Möglichkeit bieten, als MikrounternehmerInnen direkt mit ihren KundInnen in Kontakt zu treten.
Offene Fragen und Wiener Antworten
Dabei stellen sich zahlreiche Fragen an den Sozialstaat, das Wettbewerbsrecht, die Stadtplanung und in diversen anderen (Rechts-) Materien:
- Wie werden Steuern und Sozialabgaben eingehoben?
- Wie wird eine faire Entlohnung durchgesetzt?
- Welche Versicherungen sind notwendig?
- Wie kann eine Diskriminierung von AnbieterInnen verhindert werden?
- Wie werden Kartellpreise vermieden?
- Wie kann ein fairer Wettbewerb sichergestellt werden?
- Kommt es zu mehr oder weniger Autoverkehr?
- Werden Wohnungen dem Wohnungsmarkt entzogen?
- Sind die Plattformen tatsächlich lediglich IT-Dienstleisterinnen?
In Wien sind vor allem die Bereiche des Personentransportes und der Nächtigungen aufgetreten. Diese Branchen hat die Stadt bereits 2014/15 in einer Studie untersuchen lassen. In der Folge wurde auf Initiative von Wirtschaftsstadträtin Renate Brauner eine Arbeitsgruppe im Magistrat eingesetzt, um den Fragen landesrechtlicher Regulierungen nachzugehen.
Worum es geht: Durchsetzbarkeit geltender Gesetze und Bestimmungen
In Wien gibt es Sharing-Angebote im Bereich des Personentransportes, des Pakettransportes und von Nächtigungen. Im Bereich des Personentransportes werden die sehr umstrittenen Fahrten von Privatpersonen mit privaten PKW nicht angeboten. Bei diesen Modellen können KundInnen über eine App Fahrten privater Personen buchen, die dann im privaten PKW quasi als Taxi-Ersatz dienen. Gegen diese Art des Sharings hat sich in vielen Ländern juristischer (bspw. Deutschland), aber auch handfester Widerstand (wie in Frankreich) formiert.
Diese Art des Personentransportes wäre auch in Österreich illegal und würde in Wien entsprechend bekämpft werden. Sie verstößt gegen die spezifischen Regelungen des Taxigewerbes (z.B. Taxameter, Kontrahierungszwang und geregelte Preise). Da in Wien nur die Zusammenarbeit der Plattformen mit kommerziellen MietwagenanbieterInnen bekannt ist, besteht derzeit kein Handlungsbedarf im Bereich Personentransportwesen.
Wichtig ist jedoch zu betonen, dass sich alle an die geltenden Gesetze und Bestimmungen zu halten haben. Pilotprojekte zur besseren Ressourcennutzung sind durchaus denkbar, ebenso kann über die Nutzung neuerer Technologien gesprochen werden, wenn der Zweck der derzeitigen Regelungen dadurch bestehen bleibt.
Ebenfalls kein Handlungsbedarf wird derzeit im Bereich der Paketmitnahme gesehen, sofern keine gewerbsmäßige Tätigkeit vorliegt. Als gewerbsmäßig wäre eine solche Tätigkeit grundsätzlich dann anzusehen, wenn das geleistete Entgelt das amtliche Kilometergeld übersteigt.
Anders sieht es im Bereich der Nächtigungen aus: Alleine der in Wien größte Anbieter bietet derzeit rund 5.600 Angebote auf seiner Plattform an. Das ist ein Anstieg um über 300 % in 1,5 Jahren, rund 70 % der Angebote umfassen ganze Unterkünfte, nur knapp 2 % Gemeinschaftszimmer.