Seit 1990 ist Österreich völkerrechtlich zum Klimaschutz verpflichtet. Trotzdem sind die Emissionen im Verkehrsbereich in den letzten drei Jahrzehnten stark gestiegen, nämlich um 74,4 Prozent. Es liegt also auf der Hand, dass die Mobilität eine Schlüsselrolle bei der zukünftigen Dekarbonisierung Österreichs einnimmt.
Die Klimakrise und die Rolle des Verkehrs sind in unserem Bewusstsein schon angekommen. Trotzdem haben wir das Bestreben, die alten Gewohnheiten beizubehalten. Damit sich ja nichts ändert, setzt man gerne auf Elektroantrieb und alternative Treibstoffe. Und so geht es auf den Straßen immer noch so weiter, als gäbe es keine Klimakrise. Die Verhaltensbiologin Elisabeth Oberzaucher erklärt dies u. a. mit der aggressiven Werbung: Dort würden keine Autos verkauft, sondern das perfekte Leben! Der Pkw wird dabei zum fahrbaren Territorium. Aktive Mobilität ist hingegen mit Anstrengung verbunden; wir setzen aber instinktiv auf Energiesparen. Nur wenn wir neue Mobilitätsmuster ganz bewusst zur Gewohnheit machen, kommt es auch tatsächlich zu einer Verhaltensänderung, so Oberzaucher. Diese wird auch notwendig sein, denn mit dem Umstieg auf Elektroautos allein sind die Klimaziele nicht zu erreichen. Wollte man den gesamten Landverkehr der EU mit Agrotreibstoffen bewerkstelligen, so würden alle Anbauflächen zusammen – einschließlich der Wiesen – nicht ausreichen. Die Erzeugung sogenannter E-Fuels ist derzeit noch mit großen Energieverlusten verbunden.
Verlagern ist das Schlüsselwort
Die drei Grundprinzipien der angestrebten Mobilitätswende lauten daher (1) Verkehr vermeiden, (2) verlagern und (3) verbessern. So ist der sauberste und billigste Verkehr natürlich jener, der nicht stattfindet. Einkaufszentren und Fabriken auf der grünen Wiese, unerschwinglicher Wohnraum in den Städten sowie Zersiedelung der Landschaft machen uns zu Europameister*innen in Sachen Bodenversiegelung und heizen die Mobilitätszwänge weiter an. Das gerade beschlossene Raumentwicklungskonzept 2030 (OEREK) soll mit einem 10-Punkte-Programm endlich die alten Fehler stoppen. Die Zukunft wird zeigen, ob dem guten Willen auch tatsächlich Taten folgen werden. Dabei geht es auch darum, wie zukunftsfähig und nachhaltig die aktuelle und geplante Verkehrsinfrastruktur ist. Gehen und Radfahren sind nämlich weitgehend umweltneutral; obendrein gesund und billig. E-Bikes erweitern den Aktionsradius zusätzlich. Allerdings: Zum Radeln benötigt man attraktive Radwege und diebstahlsichere Abstellmöglichkeiten. Zu Fuß ist man nur dort gerne unterwegs, wo es auch tatsächlich menschenwürdige Gehsteige gibt.
Öffentliche Verkehrsmittel sind um ein Mehrfaches klimaverträglicher und energieeffizienter als der Pkw. Die ÖBB planen, ihre Transportkapazitäten bis zum Jahr 2040 zu verdoppeln. Die AK weist mit einem aktuellen Rechtsgutachten nach, dass auch diese zukünftigen Verkehrsleistungen im Personenverkehr nicht wettbewerblich ausgeschrieben werden müssen, sondern direkt an „unsere Bahn“ vergeben werden könnten. Im Gegenzug soll der – dann hoffentlich elektrifizierte – Pkw-Verkehr kontinuierlich auf das Niveau der 1990er-Jahre zurückgehen. Werden derzeit österreichweit rund 40 Prozent aller Wege im Umweltverbund (Gehen, Radeln, ÖV) zurückgelegt und 60 Prozent mit dem Auto, so soll sich laut „Mobilitätsmasterplan“ des Klimaministeriums dieses Verhältnis bis 2040 umdrehen. Das entlastet nicht nur die Umwelt, sondern auch die Geldbörse. Mit dem neuen Klimaticket kostet Öffi-Fahren nur ein Fünftel der durchschnittlichen Pkw-Kosten von 455 Euro pro Monat. Doch nicht nur die individuelle Belastung würde sinken: Laut Universität Graz wäre eine Mobilitätswende – trotz kostspieligen Ausbaus des öffentlichen Verkehrs – auch volkswirtschaftlich billiger als der derzeitige Zustand. Wir können uns also eine zukunftsfähige Verkehrspolitik durchaus leisten!
Wie können verkehrspolitische Maßnahmen wirken?
In folgender Grafik wird der Wirkungsmechanismus von verkehrspolitischen Maßnahmen in Bezug auf die „Vermeiden-verlagern-verbessern-Strategie“ dargestellt. Rot eingezeichnet sind die negativen Wirkungsmechanismen: So kann sich durch den Ausstieg aus dem Pkw die Fahrzeit verlängern. Restriktive Maßnahmen, wie Parkraumbewirtschaftung, Tempolimits usw., stoßen häufig auf mangelnde Akzeptanz. Und schließlich trifft ein Aus für die Verbrennertechnologie Wohlhabende weniger hart. Auf der anderen Seite führt ein Umstieg auf den Umweltverbund zu positiven Verteilungseffekten und besserer Gesundheit; daher blau eingezeichnet.