Nach der Sommerpause sind nun wieder mehr Beschäftigte und Schulkinder in Österreich unterwegs. Grund genug, um sich über Perspektiven der Öffis in Zeiten der Pandemie Gedanken zu machen. Denn einerseits sind die Fahrgastzahlen dramatisch rückläufig, andrerseits ist der öffentliche Verkehr angesichts der Klimakrise das unverzichtbare Rückgrat für eine längst fällige Mobilitätswende.
Nach wie vor ist es in Österreich weit verbreitete Norm, ein Auto zu besitzen und es dann auch für faktisch alle Wege zu benutzen. Meist muss es sehr schwerwiegende Gründe geben (z.B. Parkplatzmangel, Staus, zu hohe Kosten), um auf ein anderes Verkehrsmittel umzusteigen. Hinzu kommt eine soziale Komponente: Greenpeace hat in einer aktuellen Studie errechnen lassen, dass – schon zu Vor-Corona-Zeiten – die reichsten zehn Prozent der österreichischen Haushalte sieben Mal mehr für Diesel und Benzin ausgeben als das ärmste Zehntel und somit auch um dieses Verhältnis mehr CO2 ausstoßen. Dieses Mobilitätsmuster muss sich umkehren, sodass nur dann auf ein Auto zurückgegriffen wird, wenn es dafür keine attraktive Alternative gibt. Der öffentliche Verkehr ist ein zentrales Element der Dekarbonisierung und muss daher gestärkt werden. Dazu ist es auch nötig, den Autoverkehr dort einzubremsen, wo der öffentliche Verkehr gut ausgebaut ist. Das hat Vorteile für das Klima, für die Luftqualität, für den Lärmschutz, für den öffentlichen Raum.
Die Corona-Krise hat das System der öffentlichen Verkehrsmittel hart getroffen. So rechnen allein die ÖBB für den Personenverkehr mit über 450 Mio. Euro Umsatzverlust. Das Unheil begann mit den ersten Regierungsverlautbarungen während des Lockdowns, wo der Weiterbetrieb der Öffis damit begründet wurde, „dass ja nicht alle ein Auto zur Verfügung hätten“. Die Message war damit klar und wurde mit konkreten Beschlüssen einzementiert. Während die (Auto-)PendlerInnen auch bei Homeoffice weiter Anspruch auf das Pendlerpauschale hatten, mussten sich Öffi-KundInnen mit Zeitkarten intensiv um eine Kündigungsmöglichkeit kümmern, eine automatische Verlängerung der oft für zwei Monate nicht nutzbaren Jahreskarten wurde ihnen verwehrt. Die schon bisher als unsozial und umweltschädlich angesehene Ausgestaltung des Pendlerpauschales wurde dadurch noch einen Deut ungerechter: Denn die einen konnten Kosten, die gar nicht anfielen, von der Steuer absetzen; die anderen blieben auf ebenjenen sitzen.
Nach der Lockdown-Phase ist durch hohe Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, Homeoffice das Verkehrsaufkommen insgesamt geringer. Gleichzeitig ist aber auch ein Abwandern von den Öffis zum Rad und eine wahre Renaissance des Pkw zu beobachten. So haben sich bei den ÖBB die Passagierzahlen in diesem Sommer gegenüber Vor-Corona-Zeiten halbiert, bei den Wiener Linien sind sie um ein Viertel zurückgegangen. Auf Österreichs Autobahnen sind jedoch rund um die Ballungsräume fast genauso viele Pkw unterwegs wie zuvor (siehe Abbildung). Das Staugeschehen in Wien hat schon im Juni höhere Werte erreicht als im Jahr davor und Wiens Fahrschulen, aber auch der Zweiradsektor und der Gebrauchtwagenmarkt verzeichnen einen unerwarteten Boom.