In den zahlreichen Krisen der letzten Jahre wurden staatliche Subventionen weniger als Instrument für strategische Wirtschaftspolitik als vielmehr für Ad-hoc-Notfallmaßnahmen mehr oder weniger im Gießkannenmodus eingesetzt. Aufgrund der geopolitischen Neuordnung von der rechtebasierten Weltordnung zur Systemkonkurrenz wird immer wieder gefordert, den Einsatz staatlicher Mittel sowohl europäisch als auch national neu zu überdenken und an strategische Bedingungen zu knüpfen. Wie so oft im Leben liegt der Teufel in den juristischen Details.
Das Instrument der staatlichen Beteiligung an privaten Unternehmen wird regelmäßig in Krisenzeiten eingesetzt, um die Insolvenz eines Unternehmens zu verhindern. Ein bekanntes Beispiel ist die Rekapitalisierung der Lufthansa durch den deutschen Staat. Derartige staatliche Beihilfemaßnahmen zur Rettung oder Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten gehören zum Standardrepertoire nationaler und EU-Wirtschaftspolitik. Letztere wurde durch fünf befristete Krisenrahmen als Antwort auf die Corona-Pandemie und den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine erweitert. Solche Maßnahmen sind nicht Gegenstand der nachfolgenden Ausführungen.
Subventionen unter Bedingungen – ein neuer Public-private-Deal
Der „Deal“ besteht darin, dass der Staat anstelle der Rückzahlung begünstigter Darlehensraten einen Anteil an strategisch wichtigen Unternehmen in Höhe der jeweiligen Rückzahlung erwirbt. Der Staat soll damit ein Werkzeug erhalten, einerseits Beteiligungen an noch näher zu definierenden strategisch wichtigen Unternehmen zu erwerben. Andererseits kann er damit die „Triple Transition“ (dreifache Transformation) aktiv mitgestalten. Die „Triple Transition“ beschreibt den Wandel hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft, die von modernen Technologien und digitalen Lösungen unterstützt wird.
Ein damit verbundener Nebeneffekt wäre, dass der Staat am Unternehmensgewinn teilhaben würde. Konditionalitäten sind der Industriepolitik in einem gewissen Maß inhärent: Öffentliche Unterstützung wird in der Regel gewährt, damit die begünstigten Unternehmen bestimmte Maßnahmen erbringen. Die hier diskutierte Konditionalität staatlicher Unternehmensbeteiligung unterscheidet sich insofern, als sie nicht einfach eine Gegenleistung für das gewährte Geld ist, sondern eine zusätzliche Anforderung an die privaten Unternehmen beinhaltet. Das Ziel ist, im Rahmen von öffentlichen Investitionen öffentliche Interessen zu stärken.
Bei der Formulierung solcher Konditionalitäten sind einerseits die EU-Beihilfen- und Freizügigkeitsregeln andererseits das Grundrecht auf Eigentum und die unternehmerische Freiheit zu beachten. Aus dem Gleichheitsgrundsatz wird in bestimmten Fällen auch das Recht auf Beihilfe abgeleitet. Eine von der AK in Auftrag gegebene Kurzstudie behandelt die Möglichkeiten staatlichen Handelns, die sich aus diesem Rahmen ergeben.
Wo liegen die Grenzen staatlichen Unternehmertums?
- EU-Beihilfenrecht
Die Gewährung eines begünstigten Darlehens ist in der Regel als eine staatliche Beihilfe zu qualifizieren. Sie kann aber gerechtfertigt sein, weil sie die Erreichung im europäischen Interesse liegender Ziele, wie z. B. die dreifache Transformation, befördert. Ausgehend von der Annahme, dass das der Konditionalität zugrundeliegende Darlehen gerechtfertigt ist, ist zu prüfen, wie die Verknüpfung mit der Bedingung eines staatlichen Anteilserwerbes an einem privaten Unternehmen mit dem Beihilfenrecht vereinbar ist.
So wird der staatliche Akt des Erwerbs von Anteilen an einem privaten Unternehmen selbst in der Regel als Beihilfe eingestuft und bedarf einer Rechtfertigung, außer er erfolgt unter marktwirtschaftlichen Bedingungen (sogenannter „Market Economic Operator Test“). Bei diesem Test muss der Staat nachweisen, dass ein privater Investor vergleichbarer Größe in einer vergleichbaren Situation ebenfalls eine solche Investition tätigen würde. In der Regel wird eine staatliche Beteiligung von der EU-Kommission als Beihilfe eingestuft, weil dadurch das Rating des privaten Unternehmens am Finanzmarkt verbessert wird.
Allerdings hat die EU-Kommission im Kontext von Staatsgarantien zugunsten von staatseigenen Banken festgehalten, „dass es durchaus möglich ist, die Vereinbarkeit mit den beihilferechtlichen Vorschriften zu gewährleisten, ohne den öffentlich-rechtlichen Charakter der Unternehmen in Frage zu stellen“. Somit kann die Formulierung einer Beihilfen-Konditionalität, die die Beteiligung an einem Unternehmen für eine Förderung vorsieht, mit Artikel 107 Absatz 3 AEUV vereinbar sein. Die Rechtfertigungsgründe müssen aber gut kalibriert werden: Sie können aus den geltenden Beihilfen-Leitlinien der EU-Kommission zur Erreichung von horizontalen Zielen, wie Forschung und Entwicklung, Klima- und Umweltschutz oder Förderung der Triple-Transition, abgeleitet werden. Voraussetzung für die Rechtfertigung einer solchen Rechtskonstruktion ist jedoch, dass der Staat so viele Anteile erwirbt, dass er tatsächlich in der Lage ist, sich an der Kontrolle des Unternehmens zu beteiligen, um die Steuerung zur Erreichung dieser Ziele in der Hand zu haben.
- EU-Grundfreiheiten: Vom Kapital zur Niederlassung
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes können staatliche Beteiligungen an privaten Unternehmen unter die Kapitalverkehrsfreiheit oder die Niederlassungsfreiheit fallen. Bei sogenannten Portfolio-Investitionen, also Investitionen in Form des Erwerbs von Aktien auf dem Kapitalmarkt ausschließlich mit der Absicht, Geld anzulegen, ist nur die Kapitalverkehrsfreiheit relevant und unterliegt vor allem dem Nichtdiskriminierungsgebot.
Direktinvestitionen, d. h. Investitionen in Form der Beteiligung an einem Unternehmen durch den Besitz von Aktien, die die Möglichkeit bieten, tatsächlich an der Leitung und Kontrolle des Unternehmens teilzunehmen, fallen neben der Kapitalverkehrsfreiheit auch unter die Niederlassungsfreiheit. Bislang beschäftigte die EU-Institutionen vor allem die Frage der „Golden Shares“, also der Verknüpfung des Aktienbesitzes mit besonderen Rechten für den Staat. Eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit wird insbesondere darin gesehen, dass dadurch inner- und außereuropäische Investoren von Investitionen abgehalten werden. Solche Beschränkungen können nur aus bestimmten Gründen gerechtfertigt werden, z. B. aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder zur Sicherung der Energieversorgung in Krisenzeiten. Insofern sollte eine staatliche Beteiligung an einem privaten Unternehmen, die durch eine Konditionalität in einem Subventionsvertrag ermöglicht wird, nicht mit Sonderrechten im Sinne der „Golden Share“-Rechtsprechung verbunden sein.
Grundrecht auf Eigentum und Erwerbsfreiheit
Im Rahmen des österreichischen Verfassungsrechts ist die zentrale Frage, ob die Formulierung der in Frage stehenden Konditionalität in einem Subventionsvertrag als Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum und Erwerbsfreiheit qualifiziert werden könnte. Unternehmen steht es grundsätzlich frei, die Förderung zu beantragen und den Vertrag zu schließen, der die fragliche Bedingung enthält. Unternehmen verzichten also freiwillig auf ihr Grundrecht.
In der Praxis könnte es jedoch schwer zu beurteilen sein, wie viel wirtschaftlicher Druck und Bedarf an öffentlicher Unterstützung durch das Unternehmen akzeptabel ist, um noch von einem freiwilligen Abschluss und insofern der Möglichkeit des Verzichts auf das Grundrecht auszugehen. Durch die Gewährung von Subventionen schafft der Staat ein wirtschaftliches Interesse für Unternehmen, den Vertrag abzuschließen. Es wird natürlich auch ein gewisser wirtschaftlicher Druck (aufgrund der begünstigten Bedingungen) bestehen, den Vertrag abzuschließen. Die Rechtsprechung der Höchstgerichte legt dabei einen strengen Maßstab an: Es wird selbst der Verzicht auf die Erwerbsfreiheit durch den Abschluss eines Subventionsvertrags, der die Bedingung enthält, bestimmte Produktionszweige aufzugeben, als rechtskonform erachtet.
Gibt es ein Recht auf Subvention?
Bei strategischen Überlegungen betreffend den Einsatz staatlicher Mittel für industriepolitische Zielsetzungen wird stets davon ausgegangen, dass durch ihren flexiblen und raschen Einsatz punktuell auf konkrete Herausforderungen reagiert werden kann. Gegenwärtig sind das etwa die anhaltende Rezession der österreichischen Wirtschaft, aber auch die zunehmende systemische Rivalität der großen Wirtschaftsblöcke China-Russland-USA-Europa. Förderungen sollen Anreize für wirtschaftspolitisch erwünschtes unternehmerisches Verhalten setzen.
Dabei wird gemeinhin davon ausgegangen, dass kein Rechtsanspruch auf Subventionen besteht: Solange der Fördertopf voll ist, gilt: Wer zuerst kommt und die Förderungsbedingungen erfüllt, erhält die Subvention. Die staatliche Wirtschaftsförderung erfolgt in zwei Modalitäten:
- Festlegung durch Gesetz, also staatliche Verwaltung
- Privatwirtschaftsverwaltung
Der Staat darf nicht willkürlich agieren
Bei beiden Handlungsformen ist der Gleichheitssatz gestalterisches Grundprinzip, somit das Willkürverbot. Das bedeutet, dass der Fördergeber gegenüber allen, die nach dem Förderprogramm als Empfänger in Betracht kommen, bestimmte transparente Verfahrensregeln einhalten muss. Bei willkürlicher Verweigerung hat der benachteiligte Förderwerber einen direkten Leistungsanspruch. Sachlich nicht begründbare Differenzierungen im Kreis der Förderungsberechtigten sind daher von Verfassungswidrigkeit bedroht, in einem solchen Fall darf die Subvention nicht verweigert werden.
Daraus ergibt sich die positive Verpflichtung des Staates, Regelungen vorzusehen, die dem Einzelnen die Abwehr allfälliger Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten ermöglicht. Als bedenklich werden daher sogenannte „Windhundrennen“ oder Zuschlag rein nach Prioritätsprinzip angesehen. Um den Gleichheitsgrundsatz und dem Sachlichkeitsgebot Genüge zu tun, bedarf es jedenfalls im Vorfeld eines transparenten Verteilungsmechanismus. Das Bestimmtheitsgebot verlangt darüber hinaus eine ausreichende gesetzliche Präzisierung. Bloße Überschriften wie „Erhaltung und Stärkung von Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit“ werden dem nicht gerecht.
Ausblick
Staatliches Unternehmertum zur Erreichung strategischer Ziele zur Entwicklung und Förderung europäischer Leitbetriebe muss gut kalibriert sein. Einerseits sind das EU-Beihilfenrecht, die Grundprinzipien der EU und das österreichische Verfassungsrecht mitzudenken, andererseits soll staatliche Beteiligung nicht zur Rettung maroder Betriebe in einem „Bad Bank“-Format führen.