Nach 2011 war das Stellenangebot des Arbeitsmarktservice (AMS) in Österreich sehr niedrig. In den Jahren 2013 und 2014 waren beim AMS sogar weniger offene Stellen gemeldet als im Krisenjahr 2009. Seit der Jahresmitte 2015 kam es jedoch zu einem erfreulichen Wiederanstieg, der sich mit Beginn des Jahres 2016 weiter beschleunigt hat. Das wird jetzt fälschlicherweise als Zeichen gedeutet, dass Arbeitslose weniger bereit wären die angebotenen Jobs anzunehmen. Was es braucht ist nicht eine Verschärfung der Zumutbarkeitsbestimmungen, sondern mehr Mittel für das AMS – für mehr Personal und für bessere Qualifizierungsangebote.
Die Entwicklung des Stellenangebots wurde öffentlich immer wieder so dargestellt als ob wir eine noch nie dagewesene Zahl an offenen Stellen hätten. Mit einem Verweis auf die weiter hohen Arbeitslosenzahlen wird, wie schon so oft die Schlussfolgerung gezogen, dass Zumutbarkeitsbestimmungen verschärft werden sollten.
Betrachtet man die Entwicklung der Zahl der offenen Stellen seit Januar 2005, so ist die ungünstige Entwicklung nach der Finanz- und Wirtschaftskrise deutlich zu sehen. Zwar kam es nach dem Krisenjahr 2009 zunächst zu einem leichten Wiederanstieg des Stellenangebots, welcher aber ab 2012 wieder verebbte.
Erst zur Jahresmitte 2015 gewann das Stellenangebot wieder an Dynamik. Gegenüber dem Januar 2016 hat sich die Zahl der offenen Stellen bis Juli von 33.400 auf 43.800 weiter erhöht. Das ist außerordentlich erfreulich und kann durchaus ein Anzeichen für eine Trendwende auf dem Arbeitsmarkt sein. Parallel dazu hat sich der Anstieg der Arbeitslosenzahlen deutlich verlangsamt.
Das Stellenangebot des AMS ist allerdings keineswegs ungewöhnlich hoch, sondern erreicht lediglich wieder in etwa das des Vorkrisenjahres 2008. Unbereinigt in absoluten Zahlen liegt es etwas über dem Wert von 2008, relativ zur seither deutlich gestiegenen Zahl an Beschäftigten etwas darunter.
Dynamischer Arbeitsmarkt führt zu steigendem Stellenangebot
Der österreichische Arbeitsmarkt ist sehr dynamisch, einerseits durch das Beschäftigungswachstum und andererseits durch Arbeitsplatzwechsel. Jedes Jahr kommt es zu mehr als 1,7 Millionen Beschäftigungsaufnahmen, von denen nur ein sehr geringer Teil durch das Beschäftigungswachstum entsteht. Der weitaus größte Teil entfällt auf Arbeitsplatzwechsel. Dadurch gibt es auch laufend offene Stellen. Die hier verwendete Statistik gibt lediglich an, wie viele offene Stellen es beim AMS zu einem bestimmten Zeitpunkt gerade gab. Bei den offenen Stellen handelt es sich nicht, wie manche vermuten, um einen Restbestand an schwer oder gar nicht zu besetzenden Stellen. Und ein Anstieg des Stellenangebots bedeutet in der Regel, dass die Wirtschaft schneller wächst, oder dass es zu mehr Wechseln kommt. Es ist kein Hinweis darauf, dass die Arbeitslosen wählerischer geworden wären.
Die bisherige Laufzeit gibt an, wie viele Tage die noch nicht besetzten Stellen schon in den Beständen des AMS sind. Es ist deutlich zu sehen, dass diese Laufzeit in den letzten Jahren beständig abgenommen hat. Auch im Zeitraum der starken Zunahme des Stellenangebots vom Sommer 2015 bis jetzt ist die durchschnittliche Laufzeit der offenen Stellen um mehr als zwei Tage gesunken. Somit gibt es keine Hinweise darauf, dass die ArbeitnehmerInnen wählerischer oder die ArbeitgeberInnen zögerlicher geworden wären, soweit es um die Aufnahme von Beschäftigung geht.
In dieser Situation gibt es keinen Anlass, die Zumutbarkeitsbestimmungen zu verschärfen, zumal auch in diesem Jahr noch immer neun Arbeitslose auf eine offene Stelle kamen. In Anbetracht der hohen Arbeitslosigkeit, und des hoffentlich weiter steigenden Stellenangebots, wäre jedoch eine Aufstockung der Personalkapazitäten beim AMS ebenso dringend nötig wie eine Qualifizierungsoffensive für Arbeitslose.