Die Bezeichnung Sozialhilfe würde nahelegen, dass diese auf soziale Weise Hilfe bietet. Sie sollte ein menschenwürdiges Leben sicherstellen und gewährleisten, dass man nicht ins Bodenlose fällt, wenn man von einem Schicksalsschlag getroffen wird. Aber mit dem Sozialhilfe-Grundsatzgesetz von Türkis-Blau wurde diese Zielsetzung ausgehöhlt und teilweise ins Gegenteil verkehrt. Teuerung und Klimakrise verschärfen die Lage noch. Jetzt kommen neue Impulse von der EU zum Thema, und Österreich wäre gut beraten, diese am heutigen „Welttag der sozialen Gerechtigkeit“ aufzunehmen.
Österreichische Sozialhilfe: Sicherer Boden oder freier Fall?
Die Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung stellt die letzte Ebene im System der sozialen Sicherung dar. Ihre Aufgabe wäre es, ein würdiges Leben für alle in Österreich lebenden Menschen zu bieten – egal, was das Leben bringt. Denn es kann jedem passieren: Unfall, Krankheit, einen geliebten Menschen verlieren, eine Partnerschaft zerbricht oder man verliert den Arbeitsplatz. Die Sozialhilfe sollte der letzte sichere Boden sein, auf dem wir dann trotz allem landen können. Das ist leider spätestens seit 2019 nicht der Fall.
Dabei hätte es ein sozialpolitischer Meilenstein sein können: Erstmals in der Zweiten Republik hatte der Bund seine verfassungsrechtliche Kompetenz genutzt und ein Sozialhilfe-Grundsatzgesetz verabschiedet, das mit 2019 in Kraft trat. Davor hatte es nur jeweils zeitlich befristete Bund-Länder-Vereinbarungen gegeben. Doch statt mit dem Grundsatzgesetz fortschrittliche und zukunftsorientierte Vorgaben zu machen, setzte die damalige ÖVP-FPÖ-Bundesregierung auf radikale sozialpolitische Verschlechterungen.
Ein Sozialhilfe-Grundsatzgesetz der Verschlechterungen
Eigentlich sollte das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz ein garantiertes Minimum für alle festlegen. Doch statt Mindestsätze für ein menschenwürdiges Leben wurden Höchstsätze definiert, die die Bundesländer nur mehr unterschreiten, aber nicht mehr übertreffen dürfen. Damit wurde die Zielsetzung einer bundesweiten „Mindestsicherung“ auf traurige Weise ins Gegenteil verkehrt.
Dabei war schon zuvor das Niveau der Sozialhilfe zu niedrig. Die Höhe der Sozialhilfe richtet sich nach dem sogenannten „Ausgleichszulagenrichtsatz“ in der Pensionsversicherung. Für 2023 beträgt der Richtsatz 1.053 Euro netto – dieser wird in der Sozialhilfe nur zwölfmal im Jahr ausbezahlt (in der Pension 14-mal). Die Armutsschwelle lag aber bereits 2021 – also vor der Teuerungswelle – schon bei 1.371Euro für eine:n Erwachsene:n und damit deutlich höher.