Die österreichische Wirtschaft fällt laut WIFO im Winterhalbjahr in eine kurze Rezession, im Jahresdurchschnitt 2023 beträgt das reale Wirtschaftswachstum nur +0,3%. Die Inflationsrate sinkt dank nachlassender Öl- und Gaspreise leicht auf 6,5%. 2022 haben staatliche Einmalzahlungen die Teuerung für die breite Bevölkerung abgefedert. Die kollektivvertraglichen Lohnerhöhungen und die Arbeitskräfteknappheit in manchen Branchen können nun für längerfristige höhere Reallöhne genutzt werden, um den Wohlstand der arbeitenden Bevölkerung zu erhöhen und besonders untere Einkommensschichten gegen die hohe Inflation abzusichern. Zudem sind höhere Investitionen gegen die Klimakrise dringend, Österreich ist beim notwendigen Rückgang des Ausstoßes an Treibhausgasen weitab vom Pfad.
Kurze Rezession im Winterhalbjahr 2022/23
Die aktuelle WIFO-Konjunkturprognose bietet wenig Überraschungen. Nach einem starken, von Export und Konsumnachfrage getragenen Wirtschaftswachstum 2022 (real +4,7%) wird für das Winterhalbjahr ein Rückgang der Wirtschaftsleistung erwartet, bevor im Frühjahr eine leichte Erholung einsetzen soll (Jahresdurchschnitt 2023 real +0,3%). Die Prognose muss als recht optimistisch gelten, eine stärkere Abschwächung infolge der hohen Instabilität der Finanz- und Immobilienmärkte oder von Verschuldungskrisen droht.
Die Konsumnachfrage der privaten Haushalte bleibt 2023 vor allem dank kräftiger Lohnerhöhungen und eines weiteren Rückgangs der Sparquote eine wichtige Konjunkturstütze (real +1,3%). Die Investitionen wachsen im Jahresdurchschnitt nicht, in der Industrie sagt das WIFO eine Rezession voraus, die Wertschöpfung soll real um 2,2% sinken.
Geringfügiger Anstieg der Arbeitslosigkeit, Chance Arbeitsmarktreform vertan
Der Arbeitsmarkt zeigt sich gegenüber dem Konjunkturabschwung weitgehend resistent. Das WIFO geht von einem Anstieg der Anzahl der Arbeitslosen um 8.000 Personen auf 271.700 im Jahresschnitt aus. Das ist deutlich weniger als in Rezessionen der Vergangenheit, auch weil das Angebot an Arbeitskräften demografiebedingt kaum noch wächst. Dennoch ist die Arbeitslosenquote mit 6,5% der unselbständigen Erwerbspersonen noch erheblich von Vollbeschäftigung entfernt. Arbeitslose sind nach wie vor eine der am stärksten armutsgefährdeten sozialen Gruppen in Österreich. Die Absage der lange angekündigten Arbeitsmarktreform der Bundesregierung ist somit auch eine vertane Chance, die Arbeitslosenversicherung armutssicher zu gestalten. Zudem sind mehr Qualifizierungsangebote notwendig, damit Arbeitnehmer:innen unter den günstigen Rahmenbedingungen einer Knappheit an Arbeitskräften in Unternehmen und Branchen wechseln können, die höhere Löhne und Gehälter zahlen sowie gute Arbeitsbedingungen bieten. Für Langzeitarbeitslose wird eine Jobgarantie wie in Gramatneusiedl benötigt, die nachweislich positive Effekte mit sich bringt.
Kaum Rückgang der Treibhausgasemissionen
Bei den Treibhausgasemissionen prognostiziert das WIFO einen merklichen Rückgang um 3% für 2022. Dieser ist allerdings nur halb so hoch wie es für die Erreichung der Klimaziele notwendig wäre. 2023 sinken die Treibhausgasemissionen lediglich um 1,2% und 2023 steigen sie sogar um +0,3%. Hier ist dringend wirtschaftspolitisches Handeln gefragt, wenn Österreich wie vereinbart klimaschädigende Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55% gegenüber 1990 senken will. Die aktuelle Geldpolitik der EZB ist dafür keine große Hilfe, im Gegenteil, die steigenden Zinssätze machen die notwendigen Investitionen teurer.
Inflation trifft nicht alle gleich
Der Anstieg der Verbraucherpreise beträgt 2022 8,5%, für 2023 wird mit einer Inflationsrate von 6,5% gerechnet, 2024 soll sie auf 3,2% sinken. Hauptgrund für die Abschwächung der Inflationsrate ist die Annahme, dass der Öl- und Gaspreis weiter sinken wird.
Die Sparquote der privaten Haushalte ist während der Covid-Krise massiv gestiegen. Heuer und nächste Jahr greifen die Haushalte auf Erspartes zurück, um die Teuerungskrise bewältigen zu können. So prognostiziert das WIFO einen Rückgang der Sparquote von 12% der verfügbaren Einkommen vor der Inflationskrise auf 7,3% heuer und nur 6,4% 2023.
Die Inflation trifft jedoch nicht alle Haushalte gleich, und auch die Möglichkeit auf Erspartes zurückzugreifen ist nicht bei allen gegeben. Viele Haushalte haben keine Reserven und rutschen derzeit weiter in die Armut ab. Schon vor der Teuerungskrise war beispielsweise bekannt, dass Haushalte, die im eigenen Eigentum wohnen eine weitaus höhere Sparquote haben (12,9%) als Haushalte, die in Miete wohnen (5,8%). Arbeitslose weisen die niedrigste Sparquote auf.
Die Grafik zeigt, dass die unteren Einkommensdezile stärker von der Inflation betroffen sind als die oberen Dezile (linke Achse). Gleichzeitig ist die Sparquote der untersten drei Einkommensdezilen negativ, d.h. ein Teil der Ausgaben muss durch Kredite oder andere Einkommensquellen, die von der Konsumerhebung untererfasst sind (z.B. private Geldtransfers zwischen Haushalten) gedeckt werden (rechte Achse).