Der verheerende russische Krieg gegen die Ukraine führt zu drastisch steigenden Energiepreisen, die die verfügbaren Einkommen und damit die Konsumnachfrage schwächen. Zudem führt die hohe Unsicherheit zur Verschiebung von geplanten Investitionen. In mehreren Branchen sind gefährliche Gewinn-Preis-Spiralen zu beobachten, die den Preisauftrieb zusätzlich verstärken. Sozialpolitische Maßnahmen zur Bekämpfung negativer Verteilungseffekte des Energiepreisschocks sind dringend erforderlich.
Steigende Energiepreise und Unsicherheit
Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat zu einem drastischen Auftrieb der Preise für Treibstoffe, Erdgas und Strom geführt. Sie bestimmen derzeit den Anstieg der Verbraucherpreise. Offen bleibt, in welchem Ausmaß sich der Preisauftrieb auf andere Branchen ausweitet. Im Jahresdurchschnitt 2022 wird die Inflationsrate laut WIFO-Prognose 5,8 Prozent betragen. 2023 wird sie sich auf 3,2 Prozent abschwächen.
Die einseitige Abhängigkeit der österreichischen Wirtschaft von Erdgas aus Russland erweist sich als gefährlich und führt nun zu erheblicher Unsicherheit über die Energieversorgung. Ein Gas-Lieferstopp brächte viele Unternehmen kurzfristig in erhebliche Schwierigkeiten und energieintensive Branchen wie die Chemie-, Papier- oder Düngerindustrie an den Rand von Produktionspausen. Die Ausgangslage in Bezug auf Produktionsniveau und Ertragslage ist für die Industrieunternehmen allerdings außerordentlich günstig. Zudem steht mit der Kurzarbeit ein bewährtes Instrument zur Bewältigung derartiger Probleme zur Verfügung.
Gewinn-Preis-Spiralen in mehreren Branchen
Der Anstieg der Preise für Strom, Gas und Treibstoffe schwächt die Kaufkraft der privaten Haushalte und trifft ärmere Haushalte besonders stark, die für den Weg zur Arbeit auf ihren Pkw angewiesen sind oder ihre Mietwohnung mit Gas oder Strom heizen. Sie werden nun zusätzlich von der Mietpreis-Spirale erfasst: Die höhere, energiepreisgetriebene Inflation führt ab April zu einer automatischen Erhöhung der Richtwert- und Kategoriemieten, die voraussichtlich fast 6 Prozent betragen wird. Das ist eine ungerechtfertigte Umverteilung zu Vermieter:innen und treibt die Inflation weiter an.
Energieversorgungsunternehmen, die kostengünstig mit dem Einsatz von Wasser, Sonne und Wind Strom erzeugen, profitieren vom enormen Anstieg der Verkaufspreise und machen nun unerwartet hohe Gewinne. Ähnliches gilt für die Mineralölkonzerne: In den letzten Wochen erhöhten sie ihre Gewinnspannen um das 1,5-Fache. Auch das erhöht Gewinne und Inflation.
In der Hotellerie und Gastronomie zeigt sich eine ähnliche Preisdynamik: Die Rückführung der Mehrwertsteuersenkung auf das normale Niveau wird in erheblichem Ausmaß an die Konsument:innen überwälzt: Im Februar 2022 betrug die Preissteigerung in diesem Bereich 6,7 Prozent. Die Weitergabe der Mehrwertsteueranpassung wirkt als Preistreiber zulasten der Gäste.
Die Anhebung der Nettomieten trägt heuer etwa ¼ Prozentpunkt zur Inflationsrate bei, die Überwälzung der Mehrwertsteuerrückführung in Gastronomie und Beherbergung etwa einen weiteren ¼ Prozentpunkt. Dazu kommen die Übergewinne in der Energiewirtschaft, die die Preise derzeit in hohem Ausmaß belasten. In vielen anderen Branchen wird der allgemeine Preisauftrieb zur Erhöhung der Gewinnaufschläge genutzt. Die Gewinn-Preis-Spirale trägt somit wesentlich zu den höheren Preisen auf Verbraucher:innenebene bei.
Konjunktur verliert dadurch an Dynamik
Der russische Krieg gegen die Ukraine führt in Österreich zu einer erheblichen Abschwächung der Konjunktur. Der reale Rückgang der verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte wird zwar durch ein paralleles Sinken der Sparquote abgefedert, bremst aber dennoch die private Konsumnachfrage erheblich. Die durch Sanktionen beeinträchtigten Exporte nach Russland wirken sich zwar unmittelbar kaum auf Österreich aus, doch die schwächere Konjunktur bei den Handelspartnern dämpft den Anstieg des Exports. Zudem veranlasst die erhebliche Unsicherheit die Unternehmen, geplante Investitionsprojekte aufzuschieben.
Dadurch verliert die wirtschaftliche Erholung in Österreich merklich an Schwung. Das WIFO bliebt aber relativ optimistisch und revidiert die Prognose für das reale Wirtschaftswachstum von ursprünglich +5,2 Prozent auf nunmehr +3,9 Prozent. Auch für 2023 wird die Prognose etwas nach unten korrigiert (+2,0 Prozent). Trotz des schwächeren Wachstums sinkt heuer die Zahl der Arbeitslosen um 55.000, 2023 hingegen kaum noch. Die Zahl der Arbeitslosen (ohne Schulungsteilnehmer:innen) ist dann mit 272.000 immer noch recht hoch.