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Befristungen schaffen nicht nur Unsicherheit und Aufwand für die Mieter:innen, sie höhlen auch bestehende Rechte aus. Befristete Mietverträge sind im Altbau, wo sie dem Mietrechtsgesetz unterliegen und eigentlich gedeckelt sein sollten, zudem regelmäßig weit überteuert. Wer sich dagegen wert, etwa bei der Schlichtungsstelle oder vor Gericht, bekommt meist die illegal bezahlte Miete zurück, aber ganz sicher keine Verlängerung des Mietvertrages. Die Botschaft ist eindeutig: Wer klagt, der fliegt. Viele klagen jetzt nicht mehr.
Es gibt also einiges zu tun. Aber das Motto der Regierung scheint zu sein: Es gibt viel zu tun – lassen wir es liegen! Dabei ist das aktuelle Regierungsprogramm voll mit wohnpolitischen Vorhaben. Insgesamt finden sich 40 wohnpolitische Maßnahmen im Regierungsprogramm, die eines gemeinsam haben, sie sind nicht umgesetzt, die meisten wurden noch gar nicht angegangen. Ein paar davon sollen nun hier aus der politischen Versenkung geholt werden:
Abgabe auf leer stehende Wohnungen
In Wien und ganz Österreich wird aktuell so viel gebaut wie noch nie. In den letzten Jahren übertrifft die jährliche Fertigstellung an Wohnungen den zusätzlichen Bedarf um ein Vielfaches. Trotzdem ist von sinkenden Mieten und Wohnungspreisen nichts zu bemerken. Im Gegenteil: Die Oesterreichische Nationalbank meldet ständig neue Höchstwerte an Überbewertungen. Gleichzeitig sind aber 2020 im ganzen Land die Wohnungspreise um über zehn Prozent gestiegen. Die Antwort kann nur sein, dass ein zu großer Teil der Neubauleistung für ein Veranlagungsbedürfnis und nicht für ein Wohnbedürfnis produziert wird.
Im Regierungsprogramm findet sich dazu folgende Ankündigung: „Die Bundesregierung möchte das Angebot an Wohnungen vergrößern und wird zu diesem Zweck gemeinsam mit den Ländern den Leerstand mobilisieren.“ Das geht aber nur, wenn der Bund, der im Moment die alleinige Kompetenz für eine wirksame Leerstandsabgabe hat, diese Kompetenz auch mit den Ländern teilt. Auch dieser Punkt findet sich im Regierungsprogramm. Dort wird eine „explizite, verfassungsrechtliche Regelung der Vertragsraumordnung zur Erhöhung der Rechtssicherheit“ genannt. Leider ist von Aktivität hier nichts zu bemerken. Die Länder, etwa Salzburg und Wien, wollen wohnpolitisch durchgreifen, doch der Bund spielt verstecken.
Öffentliche Liegenschaften für den geförderten Wohnbau
Entscheidend für das Entstehen von leistbarem Wohnraum ist, dass es Grundstücke für den geförderten Wohnbau gibt. Das hat offensichtlich auch die Regierung erkannt. Aus dem Regierungsprogramm: „Unternehmen, die dem Bund mehrheitlich gehören, wie ÖBB, BIG und dgl., werden angeleitet, bei Grundstücksverwertungen von Bauland geförderten Wohnbau besonders zu berücksichtigen. Grundsätzlich soll angestrebt werden, den Grundstücksbestand in der öffentlichen Hand zu behalten und an Dritte hauptsächlich per Baurecht zu vergeben.“ Leider hat diese Anleitung bis jetzt noch nicht stattgefunden oder war für die Entscheider:innen in den Bundesbetrieben nicht klar genug.
Verbesserungen im Wohnrecht – weg mit befristeten Mietverträgen
Im Regierungsprogramm finden sich umfangreiche Absichtsbekundungen zu einer Neuformulierung diverser wohnrechtlicher Gesetze und insbesondere des Mietrechtsgesetzes. Dabei ist „mehr sozialer Ausgleich, ökologische Effizienz sowie mehr Rechtssicherheit und Wirtschaftlichkeit“ vorgesehen. Aus Sicht der AK ist eine große Mietrechtsreform schon zu oft auf die lange Bank geschoben worden. Ein Thema, bei dem man jetzt aber nicht mehr wegsehen kann, sind die befristeten Mietverträge.
Im privaten Segment hat die Zahl der Mietverträge im zehnjährigen Vergleich um beinahe 149.000 zugenommen. Die Anzahl der unbefristeten Mietverträge hat hingegen um rund 8.000 abgenommen. Das heißt, die zusätzliche Versorgung im privaten Segment besteht ausschließlich aus prekären, weil zeitlich befristeten Wohnverhältnissen! Aus Sicht der AK müssen die Befristungen daher verboten werden. Nur für Kleinstvermietende soll es hier Ausnahmen geben.
Maklerprovisionspflicht für jene, die den Erstauftrag gegeben haben
In aller Regel werden Vermittlungsaufträge für Wohnungen von denen gegeben, die diese Wohnungen besitzen. Zudem orientieren sich Makler:innen bei ihrer Vermittlungstätigkeit regelmäßig überwiegend an den Interessen derer, welche die jeweilige Wohnung verwerten wollen. Nachdem Makler:innen an Folgeaufträgen von Immobilienfirmen oder Zinshausbesitzenden interessiert sind, ist dieses einseitige Handeln auch schwer aus der Welt zu schaffen. Daher ist es nur recht und billig, dass jene für die Vermittlungsdienstleistung bezahlen sollen, die diese zuerst bestellt haben.
Im Regierungsprogramm ist dazu festgehalten, dass „die Kosten der Maklerin bzw. des Maklers bei Vermittlung von Mietwohnungen von demjenigen übernommen werden [sollen], der den Auftrag gegeben hat“. Dieses Vorhaben sollte schnellstmöglich umgesetzt werden. In weiterer Folge sollte auch die Provisionspflicht beim Verkauf von Wohnungen auf diese Art geregelt werden. Außer Gerüchten über eine mögliche Regelung ist auch dieses Vorhaben völlig unerledigt.
Es gibt also reichlich zu tun. Und da, gemessen am Ergebnis, ja nicht alle Bundesbehörden mit dem Pandemiemanagement beschäftigt sein können, ist es höchste Zeit, wohnungspolitisch in die Gänge zu kommen. Inzwischen wären wir sogar mit eigenem ganz niedrigen Gang zufrieden.
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