Das WIFO erwartet für 2022 einen Anstieg des realen Bruttoinlandsprodukts um +5,2 Prozent, etwas mehr, als noch im Oktober erwartet. Die Produktion in der heimischen Industrie hat das Vorkrisenniveau längst übertroffen und überflügelt auch jenes der deutschen Industrie bei Weitem. Sorgenkinder bleiben Hotellerie und Gastronomie, doch ihr Anteil an der Wertschöpfung und der Beschäftigung ist vergleichsweise gering. Die Höhe der Inflationsrate mit über 4 Prozent in den Wintermonaten und im Jahresdurchschnitt 2022 von 3,3 Prozent dürfte sich als vorübergehendes Phänomen erweisen.
Kräftige Produktionszuwächse in der Industrie
Die Wertschöpfung der österreichischen Wirtschaft hat das Vorkrisenniveau bereits im dritten Quartal 2021 wieder übertroffen. Der vierte Lockdown im November und Dezember 2021 kosteten je Woche etwa eine Milliarde Euro. Das klingt nach viel, ist allerdings nur 0,25 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Jedoch sind die Branchen sehr unterschiedlich betroffen.
Den größten Beitrag zum kräftigen Aufschwung der österreichischen Wirtschaft leistete die Industrie. Die Industrieproduktion war durch die COVID-Krise nur wenige Monate im Frühjahr 2020 beeinträchtigt. Sie hat sich danach sehr rasch erholt und im Sommer 2021 sogar das Produktionsniveau der Hochkonjunktur 2018/19 übertroffen. Zuletzt lag der Produktionsindex um 19 Prozent über dem Niveau von 2015, also zu Beginn des letzten Konjunkturaufschwungs. Dies ist bemerkenswert, denn der Produktionsindex der gesamten Eurozone lag zuletzt nur um 2 Prozent über dem Wert von 2015, jener Deutschlands sogar um 7 Prozent darunter.
Die außerordentlich günstige Entwicklung der Industrieproduktion belegt die hohe Qualität des Produktionsstandorts. Dies wird auch durch die Erholung der Ausrüstungsinvestitionen bestätigt (2021: +6,3 Prozent, 2022: +6,5 Prozent). Die Unternehmen produzieren und investieren viel am Standort. Seine Wettbewerbsfähigkeit stellen die Unternehmensführungen nur in Sonntagsreden und vor Lohnverhandlungen infrage.
Steigende Rohstoffpreise und Probleme in der Verfügbarkeit von Vormaterialien beeinträchtigen die Industrieproduktion vorübergehend. Sie sind die Folge der viel kräftiger als erwartet zunehmenden Nachfrage, mit der die Angebotsentwicklung nicht mithielt, und demnach Folge der überraschenden Stärke des Aufschwungs. Österreichs Industrie ist stark auf den Maschinenbau ausgerichtet und profitiert vom Investitionsaufschwung in Europa. Hingegen kämpft die deutsche Kfz-Industrie mit Halbleitermangel, Schwierigkeiten in der Umstellung auf Elektromobilität und der mauen Konsumnachfrage.
Starker Einbruch der Wertschöpfung im Tourismus
Während die Industrie nur vorübergehende COVID-Effekte verzeichnet, waren Hotellerie und Gastronomie besonders stark und anhaltend von den Lockdowns betroffen. Die reale Wertschöpfung brach dort im Jahresdurchschnitt 2020 um etwa 40 Prozent ein und wird laut WIFO-Prognose auch 2023 noch nicht an das Niveau des Rekordjahres 2019 anknüpfen können.
Verfolgt man die öffentliche Berichterstattung, so könnte man den Eindruck gewinnen, die COVID-Krise in Hotellerie und Gastronomie würde die gesamte österreichische Wirtschaft prägen. Doch dazu ist die Branche zu wenig bedeutend. Der Anteil der Wertschöpfung von Hotellerie und Gastronomie lag 2021 nur bei knapp 2,5 Prozent. Das war nur ein Achtel des Anteils der Herstellung von Waren mit gut 20 Prozent. Selbst im längerfristigen Durchschnitt liegt der Wertschöpfungsanteil nur bei 5,2 Prozent – das ist zwar mehr als im EU-Durchschnitt von 3,6 Prozent, aber nur ein Bruchteil der Bedeutung der Industrie.