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Herausforderungen solidarisch meistern
Die Gesundheitsversorgung ist in Österreich eine gemeinschaftliche, sozialstaatliche Leistung. Ausgabensteigerungen in diesem Bereich können einen höheren Wohlstand bedeuten, wenn diese eine gute Versorgung der Menschen widerspiegeln. Investitionen in das Gesundheitssystem sind aber auch ein entscheidender Faktor für zukünftiges Wirtschaftswachstum. Um die großen Herausforderungen anzugehen und um Fortschritte im Gesundheitssystem zu erzielen, braucht es den politischen Willen, dies zu finanzieren und weitere Einnahmequellen zu erschließen.
Die Gesundheitsökonomin Hofmarcher-Holzhacker problematisiert einerseits die mehrgleisige Gesundheitsfinanzierungstruktur (Bund, Länder, Gemeinden, Sozialversicherung) als „Dschungel der Zuständigkeiten“, in dem verfügbare Gelder nicht effizient genug eingesetzt werden. Andererseits spricht sie auch nötige Mehreinnahmen an, um aktuelle und zukünftige Bedarfe zu decken. Diese könnten über höhere Krankenversicherungsbeiträge, die dadurch aber den Faktor Arbeit zusätzlich belasten, oder aber über vermögensbezogene Steuern finanziert werden.
Mit Blick auf die Sozialversicherungsbeiträge erscheint die Rücknahme der massiven Kürzungen der Unfallversicherungsbeiträge (UV-Beitrag) als besonders wichtig. Grund dafür ist, dass sich durch die Kürzung interne Zahlungsströme zwischen den Versicherungsträgern zulasten der Krankenversicherung veränderten. Der UV-Beitrag wurde seit 2014 mehrmals von 1,4 auf 1,1 Prozent gekürzt. Eine Rücknahme der Kürzungen würde pro Jahr über 400 Millionen Euro an Finanzierungsmitteln für die Unfall- und Millionenbeträge für die Krankenversicherung bedeuten.
Darüber hinaus sollten Maßnahmen getroffen werden, um die Sozialversicherungs-Beitragsrückstände der Betriebe zu reduzieren. Die KV-Beitragsrückstände der Unternehmen beliefen sich in den Vor-Corona-Jahren auf mehrere Hundertmillionen Euro pro Jahr (siehe 2019, 2018, 2017). Und allein 2022 waren es eine Dreiviertelmilliarde Euro. Beiträge, die dem Gesundheitssystem fehlen.
Ein etwas komplizierter, aber wichtiger Vorschlag betrifft die Krankenversicherung der Pensionist:innen. Pensionsbezieher:innen zahlen einen Krankenversicherungsbeitrag von 5,1 Prozent. Die realen Kosten können durch diesen Beitrag in der Krankenversicherung aber nicht gedeckt werden. Deshalb schießt der Staat Geld über sogenannte Hebesätze zu. Diese Hebesätze gestalten sich aber nach Pensions- und Krankenversicherungsträger sehr unterschiedlich. So werden die Beitragseinnahmen von den meisten Arbeitnehmer:innen um 178 Prozent erhöht, während jene der Selbstständigen um 196 Prozent und jene der Bäuerinnen und Bauern um 387 Prozent erhöht werden. Würden auch die Beiträge der Arbeitnehmer:innen um 387 Prozent erhöht werden, würde das Mehreinnahmen für die ÖGK von ungefähr 4 Milliarden Euro pro Jahr bedeuten. Eine Erhöhung um 200 Prozent würde immerhin zu Mehreinnahmen von ungefähr 430 Millionen Euro im Vergleich zum Status quo führen. Diese grob geschätzten Werte sollen verdeutlichen, dass eine Veränderung der Hebesätze immense Effekte zur Folge hätte. Eine stärkere Steuerfinanzierung der Krankenversicherung der Pensionist:innen könnte ein gangbarer Weg sein. Zumal der demografische und klimabedingte Wandel den Aufwand für Pensionist:innen in der Krankenversicherung steigen lässt. Gleichzeitig könnten bestehende Ungerechtigkeiten durch die unterschiedlich hohen Hebesätze reduziert werden.
Die hier andiskutierten Vorschläge könnten einen Beitrag dazu leisten, die zukünftigen Finanzierungsherausforderungen in Angriff zu nehmen. Sie orientieren sich an einem sozialstaatlichen Verständnis, wonach die Gesundheitsversorgung eine öffentliche Aufgabe ist. Private Zahlungen sind nicht zielführend, da dadurch Gesundheitsleistungen von der Zahlungsfähigkeit der Betroffenen und nicht vom medizinischen Bedarf abhängig werden. Stärkere private Zahlungen erhöhen daher die gesundheitliche Ungleichheit, was keine gesellschaftlich wünschenswerte Entwicklung wäre.
Eine Langversion dieses Beitrags erscheint demnächst in der Wirtschafts- und sozialpolitischen Zeitschrift WISO.
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