Bis zur Einführung des Pflegegeldes 1993 war die Krankenversicherung der Pensionsbezieher:innen überwiegend aus Steuermitteln finanziert. Zur Umsetzung des Pflegegeldes wurden die Krankenversicherungsbeiträge (KV-Beiträge) der Erwerbstätigen und der Pensionsbezieher kräftig erhöht, der Bund hat sich im selben Ausmaß aus der Finanzierung zurückgezogen. Seitdem wurden die KV-Beiträge der Pensionist:innen weiter erhöht und der Anteil der Steuermittel weiter reduziert. Mit den KV-Beiträgen der Aktiven kann weder die demografische Herausforderung einer alternden Gesellschaft noch der notwendige Strukturwandel in der Gesundheitspolitik bewältigt werden. Eine Rückkehr zur breiten solidarischen Finanzierung der Krankenversicherung (KV) der Pensionsbeziehenden aus Steuermitteln ist daher dringend geboten. Der Beitrag beleuchtet Hintergründe, das Ausmaß des Rückzugs des Bundes und die Dimension der erforderlichen Steuermittel.
Die Zeiten der breiten solidarischen Steuerfinanzierung
In den Jahren vor dem In-Kraft-Treten des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) mussten die Träger der Pensionsversicherung (PV) für sämtliche Pensionsbezieher:innen einen bestimmten Prozentsatz an die KV leisten, der jährlich an den tatsächlichen Aufwand angepasst wurde. Mit dem ASVG ist man 1956 von dieser personenbezogenen Aufwandsdeckung zu einer pauschalen Aufwandsdeckung übergegangen. Jeder PV-Träger hatte einen Prozentsatz vom Pensionsaufwand zunächst an den Hauptverband der Sozialversicherungsträger zu überweisen, dieser hatte die eingehenden Mittel nach einem vom Sozialministerium festgelegten Schlüssel auf die KV-Träger zu verteilen.
Für Pensionsbezieher:innen, die bei einer Gebietskrankenkasse versicherten waren, mussten 7 %, für Versicherte der Landwirtschaftskasse 6 % des Pensionsaufwandes überwiesen werden. Diese Beitragssätze konnten im Verordnungswege erhöht werden, wenn die Beiträge nicht ausreichten, um die Summe der Aufwendungen in der KV für Pensionist:innen zu decken.
Von den Pensionsbezieher:innen selbst wurde ein von der Pensionshöhe abhängiger Beitrag einbehalten. Bei niedrigen Pensionen 1 %, ansteigend auf 2,6 % für höhere Pensionen. Die Überweisung von 7 % des Pensionsaufwandes an die KV-Träger stellte für die PV-Träger eine Belastung dar, die überwiegend vom Bund gedeckt wurde.
Bereits 1970 wurde der bis dahin auf 8,7% erhöhte Beitragssatz der PV-Träger weiter auf 9,25 % des Pensionsaufwandes erhöht, weil im Rechenkreis der KV der Pensionist:innen ansonsten € 250 Mio Schilling gefehlt hätten. Da sich die Zahl der krankenversicherten Pensionist:innen bei den PV-Trägern unterschiedlich entwickelte, wurde auch die Aufteilung der Bundesmittel auf das Verhältnis Erwerbstätige und Pensionist:innen gesetzlich geregelt. Dadurch sollte vermieden werden, dass für die Gesundheitsversorgung der im Erwerbsleben stehenden Versicherten die Mittel fehlen.
1972 erfolgte die Erhöhung des Beitragssatzes auf 10,5 %, zudem wurde der Eigenbeitrag der Pensionsbeziehenden auf 3 % erhöht und die Ausgleichszulage einbezogen. Weiters wurde darauf wertgelegt, dass auch für die in die KV sonst einbezogenen Versichertengruppen (Präsenzdiener etc) ein kostendeckender Beitrag geleistet wird. Bis zum Jahr 1993 war die KV der Pensionist:innen somit weitgehend steuerfinanziert.
Umbau der Finanzierung der Krankenversicherung
Die Einführung des Pflegegeldes war im Budget 1993 nicht berücksichtigt. Um den Aufwand für das Pflegegeld zu decken, wurde die Steuerfinanzierung der KV der Pensionist:innen massiv reduziert. So wurden die KV-Beiträge der Erwerbstätigen um 0,8 % (um 0,4% für DN und DG) und der Beitrag der Pensionsbeziehenden um 0,5 % erhöht. Gleichzeitig wurde der Finanzierungsanteil des Bundes an der KV der Pensionsbezieher:innen im selben Ausmaß reduziert. Die Beitragserhöhung der aktiv Erwerbstätigen wurde also zur Finanzierung der KV der Pensionsbeziehenden herangezogen. Damit ist man von der Idee der überwiegenden Steuerfinanzierung der KV der Pensionsbezieher:innen abgegangen. Im Ergebnis wurde die Einführung des Pflegegeldes implizit über die Erhöhung der KV-Beiträge der Aktiven und Pensionsbezieher:innen bewerkstelligt.
Technisch wurde die Umstellung durch die Einführung sogenannter Hebesätze geregelt. Um die unterschiedlichen Pensionist:innenanteile der PV-Träger zu berücksichtigen, wurden Hebesätze in unterschiedlicher Höhe festgelegt.
Der erste Hebesatz wurde im Bereich der Pensionsversicherung der Angestellten und der Arbeiter mit 210 % normiert. Dh die Summe der KV-Beiträge der Pensionsbezieher im Ausmaß von 3,5 % der Pension wurden als 100 % definiert, dieser Betrag wurde aus Bundesmitteln um 110 % erhöht, woraus sich in Summe 210 % ergaben. Aktuell beträgt der Hebesatz 178 %.
Zwischenfazit: Bundesmittel auf dem Rücken von Pensionist:innen und Erwerbstätigen halbiert